[1080] Blutige See [Giada, Gabriel]

[Gabriel Ducas]

Nachrichten über das Elysium waren ein sicherer und auch schneller Weg sich zu einem Treffen zu verabreden. So kam es, dass im Jahr 1080, nach ein paar Schriftwechseln der Gelehrte und die Magistra ein Treffen im Elysium vereinbart hatten.

Gewandet in einfache Kleidung, ohne großen Zierrat. Einfache Stoffe und Materialien. Robust und zweckmäßig. Der Brujah hätte auch ein später Wanderer aus einer der Tavernen sein können, der durch die Straßen Genuas ging und sich mit ruhigen Schritten dem Giardino della Rosa silenziosa näherte. Die Sonne war noch nicht lange untergegangen. Er war entweder früh auf den Beinen oder aber hatte eine Behausung in der Nähe des Elysiums. Entgegen seinen üblichen Gewohnheiten, war er diesmal direkt durch das Tor zum Garten getreten, hatte diesen mit raschen Schritten in Richtung Casa durchquert und sich mit der Dame des Hauses am Brett mit den Aushängen getroffen. Aus seiner Tasche holte er eine Flasche Wein als Geschenk für Mariam und nach einem kurzen Gespräch mit dieser suchte er sich einen Platz und wartete auf die eingeladene Magistra.

[Giada Salvaza Rossi]

Die Magistra kommt später. Sie kommt auch mit dem üblichen Prunk und in der üblichen Form am Elysium an: Wächter, die die Matrone auf dem Weg durch die nächtliche Stadt beschützen, eine Magd, die ihr den Mantel hält und die schmutzigen Überschuhe abnimmt, bevor Giada überhaupt den Garten betritt. Natürlich bekommt man dort drinnen von alledem nichts mit, denn die gesamte Begleitung zieht auch weiter, nun eben um die besagte Magd herum, welche sich kurzerhand Giadas Mantel umgelegt hat und nun wohl auch als eine Art Ersatzmatrone fungieren kann. Es ist eine Fassade, eine Maskerade, eine Art, neugierige Blicke vom Elysium abzuhalten soweit es möglich ist.

Giada jedenfalls tritt ein, begleitet vom Klirren ihres Rosenkranzes, dem schweren Rascheln der teuren Stoffe, die sie kleiden. Sie trägt heute Nacht eine Haube, wie es sich für eine gesittete und ehrbare Genuesin gehört, die, nun, eben unter der Haube ist.

Der Wortwechsel mit Mariam ist knapp, vielleicht werden Botschaften übergeben. Die Magistra neigt nicht eben zu überbordender Höflichkeit für die Dienerschaft, ganz gleich ob die eigene oder fremde.

Nachdem ihrer Ankunft jedenfalls sieht sie sich nach Gabriel um. Wenn sie ihn nicht sogleich im Garten finden kann, macht sie sich auf in die Richtung der Casa, wo sie einander das letzte Mal gesprochen hatten.

[Gabriel Ducas]

Der Brujah saß nicht im Garten, sondern im inneren der Casa. Den Blick auf das Gemälde an der Decke gerichtet, wirkte er nachdenklich. Eine Weile hatte er einen passenden Platz gesucht, um dieses Machwerk zu betrachten und hing seinen Gedanken nach. So man ihn beobachtete hätte man nicht erwartet, dass er wohl auf jemand warten würde. Er konnte sehr gut allein sein. Das Giada später eintraf schien ihn nicht zu kümmern, und es kam bereits Bewegung in Gabriel als er das Klirren im Garten der Casa vernahm. Hörte sich so jemand an, der in Ketten gelegt wurde? Zumindest waren diese Geräusche charakteristisch für die gestrenge Mailänderin. Selbst das Schrittmaß schien ihm vertrauter als bei anderen, da es sich selten unterschied. Gleichmäßig. Nicht schleichend und auch nicht gehetzt. Doch immer mit einer gewissen gebotenen Eile. Ein Gefangener würde so nicht laufen, zumindest nicht, wenn die Ketten nicht lang genug wären. Die Ketten reichen von Mailand bis nach Genua. Er schmunzelte über den Gedanken als das Klirren verkündete das sie nun die Casa betrat.

Er war mit dem Auftritt vertraut genug. Mit ruhigen Bewegungen erhob er sich und grüßte Giada mit dem angemessenen Respekt. Geduldig wartete er bis sie ihr Gespräch mit Mariam beendet hatte und zu ihm trat. Es oblag ihr, das Wort zu ergreifen.

[Giada Salvaza Rossi]

Die Magistra wandte sich Gabriel zu. Sie neigte den Kopf, sie machte ihren Gruß. “Einen guten Abend, werter Meister Ducas”, sagte sie. Es klang ein wenig düster und melancholisch, aber dann wieder war sie eben, wer und was sie war. ‘Düster’ und ‘melancholisch’ gehörten wohl zu ihr wie Salz in die ligurische See.

“Ihr wirkt …besser gefestigt.” Ihr Blick suchte seinen. “Arashs Unvorsicht, sein Vorstoß und sein Fall - es muss Euch wohl getan haben.”

[Gabriel Ducas]

Etwas skeptisch hob der Brujah bei ihren letzten Worten seine linke Augenbraue. „Seinen Fall?“ fragte er mit beiläufiger Stimme, schüttelte verneinend den Kopf, lächelte eisig und fügte mit ironischer Stimme hinzu. „Sooo tragisch.“ Alsdann zuckte er mit den Schultern. „Jedes Wort über die Geissel ist jedoch eines zuviel. Daher sollten wir uns dem eigentlichen Grund unseres Treffens zuwenden.“ er zeigte mit einer Hand auf einen der Stühle. „Vielleicht sollten wir uns setzen?“ er überging ihre offenkundige düstere und melancholische Art und setzte sich. So sie sich schließlich entscheiden würde, ob sie ebenfalls sitzen oder lieber stehen wollte, fing er an zu sprechen.

„Nun wir hatten einen Handel und es freut mich, euch mitteilen zu können, dass ich meinen Teil erfüllen konnte.“ der Brujah endete und ließ ihr nun Raum für ihre Worte.

[Giada Salvaza Rossi]

“Ihr sprecht davon, dass Ihr mehr über den Verbleib der venezianischen Söldner erfahren habt?”, fragte Giada nach. Das übrige schien ihr neben diesem Handel keine wirkliche Bedeutung zu haben.

Sie setzte sich zu ihm und er hatte offensichtlich ihre gesamte Aufmerksamkeit.

[Gabriel Ducas]

Er beobachtete ihre Bewegungen und nickte auf ihre Frage hin. Seine Züge wurden ernster und er wartete, bis sich die Magistra gesetzt hatte. Währenddessen legte er seine Hände flach auf seine Oberschenkel. Ein wenig steif mochte das schon wirken. Aber auch sehr ernst.

„Ihr hattet nach einer Bestätigung gefragt und diese konnten meine Quellen bieten. Die Schiffe mit den Söldnern aus Venedig werden durch eine Überfallflotte der Tedesci aufgebracht und versenkt. Diese Flotte taucht schnell auf und verschwindet im Anschluss wieder. Das Vorgehen wurde von meinen Quellen als sehr effektiv beschrieben.“ die Augen des Brujah lagen auf ihr, jedoch unterhalb der ihren und er verblieb neutral mit seiner Stimme. „Eure Annahme das dies auf Höhe Messina oder in der Nähe von Sizilien geschieht können meine Kontakte jedoch nicht bestätigen. Man sollte weiter nördlich suchen. Auf Höhe Sardinien und Korsika.“ er endete und wartete, was die Magistra dazu sagen würde. Sie hatte nun die Bestätigung ihrer Annahmen. Sie wollte es wissen, das waren ihre Worte damals. Nun hatte sie die Gewissheit. Was wohl ihr Lehnsherr dazu sagen würde?

[Giada Salvaza Rossi]

Die Reaktion der Magistra konnte merkwürdig wirken, wenn man sie schon ein wenig länger kannte. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, der altbekannte, schwelende Zorn schien nicht weit und dann… nichts. Sie entspannte sich sogar ein wenig, ihr Blick schien beinahe leer wie der von einer Handpuppe.
Ähnlich hölzern wie eine solche Puppe wirkte auch ihre erste Geste, als sie ihre Hände um die Kette ihres Rosenkranzes legte. Vielleicht zog sie Kraft daraus?

“Ich verstehe. Könnt Ihr mir irgend etwas sonst dazu erzählen? Einzelheiten, eine Beschreibung eines der Überfälle, Zusammenhänge? Vergesst nicht, dass ich nicht Euer Verständnis der Verhältnisse dort im Süden habe. In Sardinien und Korsika - wer herrscht dort, abseits vom Norden Sardiniens und Eurem Lehnsherren, natürlich?”

[Gabriel Ducas]

Nun wurde er doch skeptisch und musterte Giada noch einmal eindringlich. Eine Frage über die politische Situation in anderen Domänen? Eine Frage zur Seefahrt? Normalerweise hätte er die Faust erwartet. Ein Zeichen des Trotzes, nun da sie Gewissheit hatte. Ein Zeichen der Stärke, um ihre Unnachgiebigkeit zu zeigen. Heute Nacht jedoch nichts davon? Sollte er fragen? Du hast dir schon eine Schelte eingefangen als du ihr den Stuhl einst zurechtgerückt hast. Aber sie war nun einmal gute Kundschaft.

„Nun ich kann verstehen das die Gewissheit schmerzhaft sein kann. Noch ist jedoch nichts verloren.“ versuchte er sich an einer Aufmunterung des älteren Raubtiers vor sich. „Meine Informationen zu Korsika sind spärlich und aufgrund der unruhigen Lage vielleicht auch nicht mehr die Besten. Meinen letzten Informationen nach ist die Insel eine Domäne der Tedesci. Sardiniens Süden hingegen steht unter pisanischer Herrschaft. Der Konsul ist ein verehrter Ancilla der Schatten Namens Mohammad al`Sheik. Aufgrund der erwähnten Effektivität kann ich nicht mit einer Beschreibung des Überfalls dienen. Jedoch…“ ein geschäftiges Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. „…gäbe es da etwas das euch vielleicht weiterhilft. Fabian von Wittlingen. Ich habe eine Spur zu dessen gegenwärtigem Aufenthaltsort. Eine Information, für die der verehrte Hüter dieser Hallen einen Gefallen in Aussicht gestellt hat, wie ihr euch erinnert. Wollen wir sehen, ob er anwesend ist?“

[Giada Salvaza Rossi]

Die Magistra nickte schlicht. Ihr Blick war dunkel. Wäre sie eine Sterbliche gewesen, man hätte es für Müdigkeit halten können.
“Es wäre grober Zufall oder glückliche Fügung, wäre dem so. Doch wenn Ihr etwas wisst, dann solltet Ihr sprechen. Zu mir und zu ihm - ich werde Euch den Gefallen gewiss nicht streitig machen. Er hat dank seiner venezianischen Herkunft und seinem Stand als consuasor wohl Gründe, die mit meinen überein kommen, wie Ihr Euch gut denken könnt.”

Giada erläuterte dies unterstrichen von einer einfachen, schlichten Geste, die wohl jenen Stand des Hüters und den eigenen anzeigen sollte.