[1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

[Mai '23]
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Allegra Aldighieri
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra macht sich unterbewusst kleiner, als sie das Fauchen hört, und hat einen Moment lang das Bedürfnis, den Atem anzuhalten - ein mittlerweiler nutzloser Impuls. So harrt sie geduckt aus. Und harrt aus. Und harrt weiter.

Sie hatte nicht bedacht, dass sie die große Kerze gar nicht mehr sehen kann, nachdem sie die Casa verlassen hat, und harrt so weiter aus, lieber auf Nummer Sicher gehend. Sie würde früh genug von Giada erfahren, wen die Zeit abgelaufen ist.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Als Giada wieder zu sich kam, war es dunkel und ruhig. Die kühlen Blätter eines gepflegten Busches strichen ihr über die Haut. Sie starrte in die Dunkelheit und für einen schrecklichen, häretischen Augenblick wünschte sie, sie wüsste nicht, was aus ihr zurück blickte.

Doch sie wusste. Sie wusste, wie dünn und zerbrechlich die Fassade dieser Welt war. Sie wusste, dass sie die Kontrolle verloren hatte. Sie wusste, dass auch nur ein einziger Fehltritt von ihr sie alles kosten konnte. Und nicht nur sie. Wenn sie fiel, dann mussten andere neben ihr ihre Last mittragen. Und es waren zu viele gefallen. Die Last war immer schwerer geworden. Und was tat sie? Sie spielte Spielchen im Rosengarten von Genua.

Mit einem Ruck richtete sie sich auf und machte eine herrische Geste wie um ihre eigenen Gedanken an dieser Stelle abzuschneiden. Sie ließ die Finsternis in ihren Augen aufblühen*, um die grellen Lügen, die Gaukeleien und das närrische Spiel aus ihrer Sicht zu verbannen. Die Welt wurde klarer, die Zweifel begannen, zu verstummen.
Sie strich ihre Kleider zurecht und begann, die Scherben ihrer Würde wieder zu richten, indem sie ihre Haltung stolz und gerade werden ließ, das Kinn hob, jeden Ausdruck von Schwäche an sich verbannte. Es war nicht das erste Mal. Es würde nicht das letzte Mal sein.

Endlose Male war Giada vorgeworfen worden, sie sei stolz. Oberflächlich. Selbstverliebt. Verliebt in den Klang ihrer Ahnenreihe. Und so weiter und so fort.
Die Wahrheit war: All das war eine Lüge. Es war eine gute Lüge, weil jeder sie glauben wollte. Denn diese Ahnenreihe war lang und klangvoll, wenn man nicht zu genau nachdachte. Wenn man nicht zu genau nachfragte. Wenn man nicht genug wusste. Dann war dies so. Und lange hatte Giada selbst all dies auch nicht getan und solange sie nicht gefragt, nicht gewusst und nicht gesehen hatte, waren Stolz und Herrschsucht echt gewesen - oder jedenfalls so echt wie sie eben sein konnten, wenn man zugleich lernte, jeden Stolz auf Knien zu verdienen.

Doch einst, vor beinahe zwanzig Jahren, hatte Giada sich geschworen, dass sie nicht länger blind in der Finsternis sein konnte. Sie hatte Splitter aus Finsternis in ihre Augen gestochen und sie hatte geopfert. Ihre Opfer seither hatte nicht aufgehört. Unwissen war eine Form der Unschuld, so hatte sie gelernt. Und in diesen Jahren hatte sie mehr und mehr dieser Unschuld verloren.

Bald, so wusste sie, würde sich zeigen, ob sie genug verloren hatte. Genug geopfert. Genug verstanden. Doch nicht heute, nicht hier und nicht jetzt. Hier und jetzt spielte nur eine Rolle, dass sie noch ein wenig länger durchhielt. Noch ein wenig länger die alte Maskerade trug, die von Stolz und Ahnenlinie und hohem Clan. Die von Herrschaft und Macht und Ambition. Von Ehrgeiz und der in Blut angeborenen Stärke.

Giada schritt aus dem Labyrinth heraus, in das sie sich ohne Verstand und Sinn geflüchtet hatte. Und dann sah sie sich um. Wie viel Zeit vergangen war, konnte sie nicht sagen. Doch das musste niemand wissen. Es galt, Haltung zu zeigen, wenn sie sich schon nicht wahren ließ.


Dunkelsicht, Pierce the Veil
Wahrnehmung + Aufmerksamkeit: 2 10 3 5
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Allegra Aldighieri
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Noch eine ganze Weile harrte Allegra in ihrem Versteck aus. Allmählich kam es der Kappadozianerin seltsam ruhig vor. Hatte Giada die Suche vielleicht abgebrochen und war zurückgekehrt, um auf Allegra zu warten? Sicher war die Kerze bereits heruntergebrannt.
Vorsichtig und verstohlen schleicht Allegra zur Casa zurück. Keine Giada. Aber auch keine Kerze. Die Zuversicht in der Kappadozianerin steigt wieder - sich verstecken war etwas, worin sie gut war. Etwas worin sie besser war als die Magistra, und worin sie sie schlagen konnte, wenn es darauf ankommt.
Die Tyrannin würde vielleicht die Nase rümpfen über eine solche Fähigkeit, die nur dazu gut war auszuweichen, zu verheimlichen und sich schwach zu stellen - aber die Bakchantin hatte keine solchen Skrupel. Sie bevorzugte es sogar, wenn andere Kainskinder von ihr als schwach dachten - körperlich schwach, nicht besonders gescheit, weichherzig, empfindsam und unterwürfig. Niemand erwartete viel von jemandem wie Allegra, weder als Verbündete noch als Feindin. Man unterschätzte sie schlichtweg, und das kam der Kappadozianerin ganz zupass.

Aber da war auch kein Wachsfleck, kein zischender Rauch von einem Docht, der sich auf das letzte Fingernagelbreit herabgefressen hatte, wo die Kerze hätte stehen sollen.

Als Allegra im Raum herumgeht, findet sie die Kerze am Boden liegen, nur wenig kleiner als vorher. Hatte Giada sie vorzeitig gelöscht?
Allegra nimmt die Kerze in die Hand, und beschließt, nun ihrerseits Giada zu suchen. Kurz darauf erspäht sie sie auch aus dem Labyrinth treten und tritt auf sie zu, die Kerze schwenkend. Ihr Haltung ist sehr viel aufrechter als vorhin, ihr Ton kraftvoller und auch ein Stück weit vorwurfsvoll.

"Ihr könnt doch nicht die Kerze einfach ausmachen!" Allegra senkt ihre Stimme wieder, als sie näher an Giada heran ist, und nimmt wieder eine demütigere Haltung ein. "Wie soll man da die Zeit festhalten?" Sie ist aber bei weitem nicht mehr sich selbst unter die Magistra ordnend, wie sie es vor mehreren Minuten noch war. Das Spiel lief wieder, wie es Allegra gefiel - schwach nach außen auftretend, aber sich im inneren nicht schwach fühlend.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

Hastig zwang Giada die Schwärze aus ihrem Blick. Hatte Allegra etwas davon bemerkt? Sie wusste es nicht. Sie wirkte tatsächlich ein wenig ertappt, als die Kappadozianerin sie auf diese Weise anging.

“Da habt Ihr recht”, sagte sie auch gerade heraus. “Ich konnte es nicht.” Und dann zog sie den einen Mundwinkel hoch. “Geschickt von Euch. Eine Herausforderung in der Herausforderung. Wir alle tragen das Kreuz des uralten Fluches und keiner von uns ist davor gefeit.”
Sie bekreuzigte sich einmal und legte die Hände dann ineinander.

“Diese Runde geht also an Euch und damit habt Ihr eine Frage errungen. Ob Ihr sie jetzt stellen wollt oder später, das überlasse ich Euch. Ich jedoch würde gern weiter spielen. Nicht mehr heute Nacht, doch wohl in einer anderen. Was sagt Ihr dazu?”
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Allegra Aldighieri
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra schlägt bei dem Kompliment die Augen nieder und faltet die Hände demütig im Schoß. "Ach, ich schmeichelt mir zu sehr, wohlwerte Giada. Da war mehr Glück als planvolle Berechnung dabei."

Als der Kappadozianerin angeboten wird, die Frage zu stellen, ist sie erst einmal kurz perplex. So weit hatte sie gar nicht gedacht in ihrer ängstlichen Getriebenheit - nur daran, zu vermeiden selbst ausgefragt zu werden.

"Ich würde diese Frage lieber für nächstes Mal aufheben - und würde gerne sehen, ob ich durch meine eigene Hand gewinnen kann, nicht durch die Hand der Fortuna."

Eigentlich hatte sie immer noch wenig Lust, etwas über ihre sterbliche Vergangenheit zu offenbaren, aber der Erfolg hatte ihrem Selbstbewußtsein einen Schub gegeben, und einen Ansporn zu beweisen dass sie Giada zumindest auf ihrem Gebiet gewachsen wäre.
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Giada Salvaza Rossi
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Giada Salvaza Rossi »

"In Ordnung", stimmte Giada zu. "Auf ein nächstes Mal also."
Sie zögerte einen Moment, gab dann aber noch eine Sache hinzu: "Ich werde in den nächsten Jahren einen längeren Aufenthalt in meiner Heimat machen. Mailand ist gestrenger in seinen Anforderungen als Genua es ist und es mag sein, dass ich dort für das Jahr dann gebunden bin. Ebenso mag sein, dass ich nicht mehr zurückkehre. In dem Falle bliebe Eure Frage offen, doch die meinen werden selbst einer solchen, kleinen Spielschuld nicht ausweichen, wenn Ihr sie je eintreiben wolltet."
Mehr erklärte sie dazu nicht, als wären die Dinge einfach und wohl auch hart genug.

"Für heute Nacht lasst uns dies jedoch beenden. Ich hatte befürchtet, die Lehrstunde wäre verschwendet - doch im Gegenteil."
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Allegra Aldighieri
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Re: [1081] Griechischer Wein ist so wie das Blut der Herde, komm schenk dir ein [Allegra, Giada]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

"Dann wünsche ich Euch eine gute und sichere Reise, und dass ihr wohlbehalten zurückkommt. Ich hoffe, die Unterbrechung wirft Euch nicht zu weit zurück, und dass wir im Anschluss die Lehrstunden fortsetzen können."



Giada lernt Alt-Griechisch bei Allegra, oder versucht es zumindest. An einem Lehrabend taucht Allegra unter Drogeneinfluss auf, was Giada ausnutzt um ihr mit Beherrschung einen getriggerten Befehl einzupflanzen und ihre Erinnerung zu vernebeln.

Allegra reagiert ausweichend auf Fragen zu ihrer sterblichen Vergangenheit, worauf Giada einen Wettbewerb vorschlägt, bei dem der Verlierer eine Frage wahrheitsgemäß beantworten muss. Bei diesem Wettbewerb versetzt eine Kerze Giada in Rötschreck, die sich in das Labyrinth zurückzieht und dort ein Abyss-Ritual durchführt. Der Wettstreit wird für Allegra gewertet. Allegra hebt ihre Frage auf bis zur Rückkehr von Giada aus Mailand.
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