[1082] Bekannte [Gabriel, Paolo]

[Paolo]

Ein Jahr nachdem sich der Ravnos und der Brujah im Elysium getroffen hatten, erreichte letzteren erneut eine Nachricht des Wanderers. Wieder wurde die Nachricht auch im Elysium für Gabriel hinterlegt. Es war ein relativ kleines Stück Pergament in dem ein paar Zeilen standen. Es war mit Wachs verschlossen, aber nicht gesiegelt.

"Werter Gabriel,
Neugeborener der Gelehrten,
Kind Canissas von Catania,

Verzeiht, wenn das in euren Augen nicht die richtige Anrede für euch sein sollte. Wenn ihr mir erneut die Möglichkeit eines Treffens einräumen würdet, werden ich euch erklären können, warum sie es jedoch für mich ist. Abgesehen von den Feinheiten der Etikette, habe ich euch aber etwas anderes zu sagen, das für euch von Interesse sein dürfte und ich entschuldige mich dafür das letzte Mal eure Zeit verschwendet zu haben.

Wenn ihr es einrichten könnt und wollt, erwarte ich euch in einer Woche im Elysium.

gez. Paolo"

[Gabriel Ducas]

Der Hof lag dunkel und die Anwohner hatten sich in ihren Wohnbereichen zusammengefunden. Fenster verschlossen, Türen verrammelt und alles noch einmal zusätzlich verstärkt. Zusammengekauert in der Nähe des Herdfeuers hatte man gewartet und gelauscht. Sicher war der Herr des Hauses aufbrausend und gelegentlich blind vor Wut. Etwas wie in dieser Nacht, hatten sie jedoch lange nicht erlebt. Die Kammer bebte förmlich. Einige der Glasfenster im Innenhof hatte er nach seiner Ankunft aus dem Elysium zerschlagen und sich alsdann zurückgezogen. Er hatte nicht einmal die Tür geöffnet, sondern sie schlicht eingeschlagen. Doch die Wut war nicht verraucht. Manchmal konnte man ein leises Rieseln hören als die Fäuste wieder und wieder die Wände bearbeiteten.

Innerhalb der Kammer tobte Gabriel. Der rote Schleier der Wut vor Augen. Es war zu klein. Zu eng! Aber wohin mit all der Wut? Die Hände schmerzten von den Schlägen gegen das Mauerwerk. Die Knöchel waren aufgeplatzt und blutig. Trotz der Tatsache, dass in der Kammer alles zu Kleinholz verarbeitet war, war die Wut noch immer da. Nicht mehr so roh und ungezügelt. Eher kalt und berechnend. Aus den Überresten dessen, was wohl einmal eine Art Ablage oder Schrank gewesen sein musste, kramte er seine dreckigen Klamotten, zog sich um und ging noch einmal in die Stadt. Er musste nicht mehr jagen in dieser Nacht. Er wollte jagen. Und nicht irgendjemand. Er suchte nach einem üblen Schläger. Jemand der sich wehrte, wenn man ihm das Gesicht zertrümmern wollte. So kehrte Ruhe ein auf dem Hof.

Erst kurz vor Sonnenaufgang kehrte er zurück. Ruhig und wieder mit diesem traurigen Blick in den Augen. Die Hände sprachen jedoch nicht von Trauer. Da war Blut. Jemand musste unter diesen Fäusten heute Nacht gelitten haben. In geduldiger Arbeit konnten die Hände dieses Brujah feinste Handwerkstücke herstellen und doch konnten sie, wie bei so vielen seines Blutes, die eigene mühsame Arbeit von Jahren, Jahrzehnten ja vielleicht gar Jahrtausenden, in einem Wimpernschlag zerstören. Die plötzliche Ruhe und Trauer standen in starkem Kontrast zu den blutigen Händen und der vorherigen Wut. Es ließ den Diener immer wieder erschauern, wenn jemand seinen Herren so in Wut versetzte. Er kannte den Zorn. Gabriel hatte diese Wut nie an seinen Dienern ausgelassen, auch wenn diese doch einige Male für einen kleineren Ausbruch verantwortlich waren. Er wusste das Gabriel seiner Wut nicht gern folgte. Gemeinsam verfassten sie ein Antwortschreiben für den Ravnos.

An Paolo,
nachdem es euch nun scheinbar nicht mehr reicht, nur mich zu beleidigen, beleidigt ihr nun auch meine verehrte Erzeugerin und meinen sehr verehrten Urerzeuger. Ich erweise euch die Gefälligkeit darüber nachzudenken, inwiefern ihr gedenkt eure mehrfachen Beleidigungen wiedergutzumachen. Sofern mir eure vorgeschlagene Wiedergutmachung zusagt, werde ich euch einen Vorschlag für ein Treffen unterbreiten.

Gabriel Ducas, Neugeborener der Gelehrten,
Kind der verehrten Canissa von Catania, Ancilla der Gelehrten
Kind des sehr verehrten Xanthus dem Wissenden, Ahn der Gelehrten,
aus der Linie von Spyhax von Karthago

[Paolo]

Einige Nächte später wartete eine Antwort auf den Brujah.

„Wohlwerter Gabriel Ducas, Neugeborener der Gelehrten,
Kinde der verehrten Canissa von Catania, Ancilla der Gelehrten,
Kinde des sehr verehrten Xanthus dem Wissenden, Ahn der Gelehrten,
aus der Linie von Spyhax von Karthago,

Verzeiht meine unbedachten Äußerungen, selbstverständlich steht euch, eurer Erzeugerin und eurem Großerzeuger, sowie allen weiteren Ahnen eurer Linie, Respekt zu, den ich habe missen lassen.

Als Wiedergutmachung biete ich euch an etwas aus anderen Ländern oder Städten zu erstehen, dass ihr begehrt. Was auch immer das sein mag. Oder ein freier Gefallen nach eurem Begehr.

Zudem werde ich mich natürlich persönlich bei euch entschuldigen.

Gez.
Paolo “

[Gabriel Ducas]

Es dauerte wohl gut eine Woche bis der Ravnos auf sein zweites Schreiben eine Antwort erhielt in dem Gabriel in kurzen aber höflich distanzierten Worten ein Treffen im Elysium zur Mitternacht des nächsten Neumondes vorschlug.

In besagter Nacht war Gabriel bereits vor der Zeit im Elysium. Er hatte sich in den Garten begeben. Saß, in der leicht fleckigen Kleidung eines Malers, am Brunnen und musterte die Sterne am Himmel. Es gab sicher bessere Orte die Sterne zu beobachten, da der Garten sanft erleuchtet war, aber seine Augen lagen auf diesen winzigen fernen Punkten am Himmel. Gelegentlich fiel sein Blick auf das Wasser des Brunnens, ganz so als wollte er die Spiegelungen der Sterne auch dort noch einmal verfolgen.

[Paolo]

Paolo trug ebenso einfache, geradezu bäuerliche Kleidung, die schon bessere Tage gesehen hatte, als er eintrat. Wie zum Hoftage umschlang sein Hals ein rotes Tuch statt ein blaues. Darunter konnte man wenn man ihm nah kam einen Leinenverband feststellen.
Wenn man seinen Geruch wahrnehmen würde, so roch er nach Pferd.
Doch zum Glück mussten Kainiten das ja nicht.

Als Paolo den Maler fand, neigte er grüßend den Kopf vor diesem.

"Guten Abend, Wohlwerter Gabriel.
Kinde der verehrten Canissa von Catania, Ancilla der Gelehrten,
Kinde des sehr verehrten Xanthus dem Wissenden, Ahn der Gelehrten,
aus der Linie von Spyhax von Karthago,

wie geschrieben entschuldige ich mich hiermit persönlich für meine Beleidigungen euch gegenüber und hoffe mein Vorschlag zur Wiedergutmachung stößt auf euer Wohlwollen?"

Augenscheinlich konnte Paolo auch besser reden, als er es für gewöhnlicht tat. Seine Worte klangen auch mitnichten überzogen, was sie vielleicht hätten sein können, wenn er sich zur Etikette gezwungen fühlen würde.
Während er sprach hielt er den Kopf weiter gesenkt.

Dann zog er aus einem kleinen Beutel an seinem Gürtel, ein kleines buntes Tongefäß.
Die Art wie es bemalt war, stammte nicht von hier. Nein, Gabriel erinnerte es an seine Heimat.
Paolo streckte es ihm entgegen.

"Für euch. Seht es als Geste der Hoffnung auf eine fruchtbare Zusammenarbeit an."

[Gabriel Ducas]

Gabriel erhob sich als er bemerkte wie sich der Ravnos näherte und neigte zur Begrüßung leicht den Kopf. Allen bisherigen Umständen zum Trotz war er doch immer noch stets um Höflichkeit bemüht. Etwas überrascht folgte er der Begrüßung Paolos und nahm das kleine bunte Tongefäß in Augenschein. War es versiegelt? Ließ die Farbe oder die Musterung auf den Inhalt schließen? Er schien etwas skeptisch. Vor kurzem hatte der Wanderer erklärt er könne Gabriel erörtern, warum „werter“ dessen Meinung nach für Gabriel angemessen schien. Keine drei Wochen später korrigierte er seine Etikette und hatte gar ein Geschenk aus Sizilien dabei?

„Ich teile die Hoffnung und ich nehme eure Entschuldigung an.“ entgegnete er höflich distanziert und deutete mit einem Finger auf das Tongefäß, welches Paolo ihm reichte. „Es gibt viele Dinge, die in meiner Heimat in solchen Gefäßen aufbewahrt werden. Was ist es, wenn ich fragen darf?“ er war eindeutig neugierig. Immerhin verschenkte er ähnliche Dinge. Mit einer Hand wies er seitlich an sich vorbei auf den Brunnen. „Setzen wir uns doch. Dann können wir vielleicht einige Dinge klären.“ Der Brujah ging hinüber zum Brunnen, setzte sich und nachdem Paolo signalisiert hatte, ob er sitzen oder lieber stehen würde, erhob Gabriel ruhig aber mit einem kleinen Unterton seine Stimme. „Zunächst sei euch gesagt, es mag den Anschein erwecken das ich mich darüber definiere über anderen oder euch zu stehen, doch habe ich es öffentlich ebenso korrigiert und würde es auch korrigieren, wenn es anders herum ist. Es mag Neugeborene in der Domäne geben, die mich bezüglich dieser Korrektur für arrogant halten, doch bin ich es inzwischen ehrlich gesagt leid eine Ordnung zu erklären, die ich nicht gemacht habe.“ er sah kurz zu dem Wanderer „Dennoch würden mich eure Ausführungen warum werter in euren Augen angemessen war, durchaus interessieren. Auch wäre es interessant, was sich seit dem ersten Schreiben geändert hat? Danach können wir immer noch über die Dinge sprechen, die für mich von Interesse sein dürften.“ Er war nicht zwingend herzlich aber immer noch höflich und machte sich nicht die Mühe sein leichtes Misstrauen zu verbergen. Die Meinung des Ravnos schien ihn jedoch tatsächlich zu interessieren, wenn er auch sonst eher den Eindruck machte, dass er des Themas überdrüssig war.

[Paolo]

Paolo gab noch keine Antwort auf die Frage nach dem Inhalt des Gefäßes, als Gabriel zum Brunnen ging. Er folgte dem Maler, aber ließ sich nicht auf dem Rand nieder.
"Wäret ihr bereit ein wenig mit mir zu gehen?" Er wies auf den Weg, den er gerade genutzt hatte und der auch wieder zum Eingang des Gartens führen würde.
"Dann beantworte ich gern eure Fragen. Was den Inhalt des Gefäßes betrifft, könnt ihr es ruhig öffnen und herausfinden." Paolo lächelte einladend eben dies zu tun.

[Gabriel Ducas]

Als Paolo seine Frage stellte, sah Gabriel diesen skeptisch und offen misstrauisch an. Dann nahm er schweigend das Gefäß, stellte es vor sich auf den Rand des Brunnens, widmete seine Aufmerksamkeit dem Mitbringsel und drehte es langsam und beinahe andächtig. Noch schien er kein größeres Interesse zu haben der Frage nachzukommen. Man hätte beinahe schon denken können er wollte überhaupt nichts mehr sagen da fragte er, ohne aufzusehen mit unheilvoller Stimme. „Gehen? Wohin? Noch immer lag der Blick auf dem Gefäß ehe er mit einer düsteren Stimme hinzufügte. „Euch ist bewusst dass das Elysium unser beider Schutz dient?“ Seine Gedanken schweiften einen Moment ab und er schien diese mit einem leichten Kopfschütteln zu verscheuchen. Noch immer sah er nicht auf und wartete auf eine Antwort, während er das Gefäß öffnete.

[Paolo]

"Natürlich dient es dem...."

In dem Gefäß befand sich ein weisses Granulat....Salz.

Plötzlich hatte sich Paolo nach vorn gebeugt und war Gabriel ganz nah gekommen, so nah, dass er ihm ins Ohr flüstern konnte: "...solange bis ihr versteht, ab wann es das nicht mehr tut."

[Gabriel Ducas]

Gabriel hatte wohl gerade das Salz erblickt als der Ravnos in sein Ohr flüsterte. Er hob seine Augenbrauen und öffnete seine Augen weiter. Panik? Angst? Erkenntnis? Wissen? Verärgerung? Vermutlich eine Mischung aus allem. Beinahe mechanisch nahm er den Verschluss und versiegelte das Gefäß erneut. So dann stand er auf und musterte den Ravnos von oben nach unten. Mit der linken Hand verstaute er das Gefäß in seiner Umhängetasche. Seine Züge normalisierten sich und mit beinahe eisiger Stimme sprach er zu Paolo.

„Auf eure Verantwortung“*

Damit folgte er dem Ravnos. Jedoch wachsamer und auch angespannter so sie das Elysium hinter sich lassen würden.

*

Spoiler!

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