[1083] Vermählung zu Flussmund [Allegra, Angelique, Vergonzo]

[Juli '23]
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Allegra Aldighieri
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[1083] Vermählung zu Flussmund [Allegra, Angelique, Vergonzo]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Es ist der Vorabend zur Johannisnacht vom 23. zum 24. Juno, als in Flussmund Hochzeit gefeiert wird, zwischen dem einfachen Fischer Buffino und dem einfachen Dienstmädchen Prada. Gar nicht einfach ist hingegen, der Aufwand der getrieben wird - das wird das größte Ereignis in Flussmund seit Jahrzehnten, dank eines Wohltäters aus dem Umfeld des Brautpaars, der weder Kosten noch Kosten gescheut hat. Seit dem Morgengrauen werden Weinfässer herbeigerollt, Bänke aufgestellt, Wannen und Pfannen mit Fischen gefüllt und das wahrscheinlich größte Johannisfeuer aufgeschichtet, das das sonst so beschauliche Fischerdorf je sah. Schon seit Wochen ist die anstehende Vermählung nicht nur Dorftratsch, sie hat sich weit über Flussmund hinaus verbreitet, selbst zu den Marktplätzen Genuas wo die Waren der Fischer und Bauern feilgeboten werden.
Entsprechend sind die Familien der Brautleute fast schon verloren in dem Heer von Dörflern, Nachbardörflern, Aussiedlern, Tagelöhnern, Musikanten und vieler anderer aus dem näheren Umkreis, die sich ein freies Mahl und mehr als einen freien Becher Wein erhoffen oder vielleicht einfach dabei gewesen sein wollen.

Mittlerweile wundert es auch nur noch wenige offen, dass die Trauung selbst erst nach Sonnenuntergang angesetzt war. Eine Schrulle des Wohltäters, der die Festlichkeit mit dem Johannisfeuer verbinden wolle - damit tun es mittlerweile die meisten achselzuckend ab.

Die Dorfkirche ist dem Menschenauflauf ohnehin kaum gewachsen, entsprechend verteilen sich während des von Pater Uberto gespendeten Ehesakramentes all diejenigen, die drinnen keinen Platz mehr bekommen haben, außerhalb um die Pforte herum. Und auch den Bediensteten, die das Auftischen vorbereiten, ist der Kirchgang heute abend nicht vergönnt.
Zwei Stunden nach Sonnenuntergang ist es dann auch endlich so weit. Der Auszug des frischvermählten Brautpaares wird fast so laut bejubelt wie die Eröffnung des Festmahls mit den Fischen, die die Mägen endlich füllen, und den Weinhumpen, die die durstigen Kehlen endlich ölen. Auch die Honigküchlein finden viel Zuspruch, trotz des etwas nussigen Beigeschmacks.

Aber natürlich spricht sich so ein spätabendliches Volksfest nicht nur bei den Sterblichen rum, gerade bei vielen jungen Kainiten die nur außerhalb der Stadtmauern jagen dürfen weckt es Interesse...
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Angelique
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique war da, inkognito und in Verkleidung eines Müllersmädchen.

Da es sich herumgesprochen hatte, dass eine Trauung des Nächtens stattfand und noch dazu im Inneren einer Kirche, beides Dinge übelster Häresie, war sie alarmiert gewesen. Solche dreiste Verhöhnung der Sakramente roch nahezu nach der fauligen Verwesung der Untoten.

Oder zumindest nach häretischen Umtrieben wirrer Volksprediger, die in den letzten Jahrzehnten immer stärkeren Zulauf bei der Bevölkerung fanden. Vielleicht war es aber auch ein altes Brauchtum der Heiden, dass sich hier hielt.

Sowohl eine Gefährdung der Stille, als auch die Möglichkeit, alternative Glaubensausübungen zu erforschen, trieb die kleine Malkavianerin neugierig in das Dorf zur Zeit des Festes.

Sie hoffte, die Häscher des Bischofs würden nicht auch neugierig und mit ganz anderer Absicht diese häretischen Vorkommnisse überwachen.

Sie hielt Ausschau nach den Untoten und deren Schergen, aber auch nach Volkspredigern oder Anzeichen heidnischer Kulte.
Dass neulich das Wort "Baaliten" nach all den Jahren in einem Gespräch gefallen war, erfüllte sie mit Sorge und Paranoia.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Es ist für jemanden von Kindergröße gar nicht so einfach, im Gedränge den Überblick zu behalten. Den Großlingen geht es aber auch nicht besser. Ein paar Mädchen aus Flussmund und den umliegenden Dörfen wandern mit Körben umher, um den Fluss von Speis und Trank am Laufen zu halten.

Eines davon steuert die verkleidete Angelique an und geht vor ihr in die Hocke. Fröhlich strahlend hält sie ihren Korb mit Honigküchlein in bequeme Griffweite für die 'Müllerstochter'. Über den glänzenden Honig sind zerhackte Samen verstreut, von denen ein penetranter Geruch ausgeht, nicht unähnlich zu nassem Heu.

"Haste schon eins von den Honichküchlein probiert? Sind echt voll gut, is'n Rezept von meiner Muhme. Kannst auch gerne noch welche für Mama und Papa mitnehmen, schmeckt denen bestimmt auch."

Die dienstbare Maid trägt zwar ein unscheinbares ungefärbtes Kleid, mit einer Schürze voller Fischflecken, Teigklumpen und Honigkleckse, und sie hat die langen Haare zu zwei mädchenhaften dicken Zöpfen geflochten. Aber auf den zweiten oder dritten Blick erkennt man doch: Es ist Allegra, die hier herumgeht und die Süßspeise nahezu aufdrängt. Und sie wirkt ausgesprochen gutgelaunt und aufgekratzt, während sie diese niedere Arbeit verrichtet.
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Angelique
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Angelique »

"Danke!", krähte sie und nahm scheinbar gierig wie ein Kind die dargebotene Gabe. "Die bringe ich gleich zu meinen Freundinnen und wir mampfen die gemeinsam! So lecker! Honig!"

Allegra also ...

Angelique ging die Friedhöfe, Kapellen und alten Ruinen hier in der Gegend in Gedanken durch, die das Interesse der Grabräuberin geweckt haben mochten.
Möglicherweise baute sie sich aber auch nur eine Basis in diesem Dorf auf.

"Bist du verwandt mit der Braut?", fragte sie unschuldig und legte den Kopf neugierig schief. "Du bist nicht unter der Haube, wann heiratest du?"
Mari spielte nicht, sie war das unschuldige Kind. Das war das einfache und gruselige Geheimnis von Angeliques Wandlungskunst.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra schaut mit fast schon begierigem Leichenstarren auf die Müllerstochter, als sie nicht nur nach dem Küchlein greift, sondern auch noch andeutet sie für die Kappadozianerin an weitere Menschen verteilen zu wollen. Ein menschliches Kind wäre wohl mindestens beunruhigt, aber Angelique kennt das Leichstarren als Zeichen, das irgendwas Allegra begeistert und erfreut.

Danach erhebt die Kappadozianerin sich auch schon und macht einen kurz angebundenen Eindruck - so als wolle sie das merkwürdig riechende Gebäck möglichst schnell unter möglichst viele Menschen bringen.

"Ich bin nich mit denen verwandt, das sind Leute aus der Stadt. Sie bezahl'n meine Muhme dafür, dass sie bacht, und ich helfe dabei das Bachzeuch zu verteil'n.
Jetzt muss ich aber auch schon weiter, sonst schimpft meine Muhme mit mir dass ich faul w#re, und ein Faulinchen will keiner heiraten.
Oh, und warte nich zu lang mit dem essen, sonst... zerläuft der Honig."
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Angelique
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Angelique »

"Jaha", sagte Angelique fröhlich und hüpfte von dannen.
Sie hatte ein ganz mieses Gefühl bei dem Grinsen der Kappadokierin bekommen.

Ursprünglich hatte sie tatsächlich vorgehabt, die Küchlein unter Kindern zu verteilen, aber das Rigor Mortis-Grinsen ließ einen Verdacht in der paranoiden Malkavianerin aufsteigen, den sie lange nicht mehr nötig gehabt hatte.

War das Gebäck etwa mit Vita durchzogen? Machte die Kappadokierin das mit Sterblichen, was einst Ferrucio so gefährlich machte und Melissa zu einer echten Bedrohung der Stille und der Macht Aurores?

Es gab einen einfachen Weg, das in Erfahrung zu bringen, ohne ihre Blutskräfte oder Orakelmacht zu bemühen. Sie würde an abgeschiedenem Ort einfach davon kosten.
Waren es normale Kuchen, würde es sein, als würde sie Ache schmecken, die über einem trocken Dunghaufen gestreut war. War es dagegen ein Vitapastete, würde der Honigkuchen in der Tat wunderbar süß sein.

Sie hoffte, es wäre nicht so, denn das hieße, Allegra würde nicht nur den Befehl Aurores missachten, den sie wohl nicht kannte, sondern auch Kindern Vita geben ...
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Allegra Aldighieri
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Für Angelique ist keine verdächtige rote oder rotbraune Verfäbrung zu sehen, die so ein Honigküchlein nicht haben sollte. Der Geruch ist auch eher abstoßend als verlockend für kainitische Sinne, und der aschene Geschmack ist es erst recht.

Die Kerne erweisen sich bei genauerer Betrachtung als Hanfsamen, die nicht einfach nur zerhackt, sondern zerstoßen wurden, wie mit einem Mörser. Dadurch vermengt sich das enthaltene Öl mit dem Honigüberzug und ist bereits dabei, sich zu verflüchtigen, was den penetranten Geruch erklärt.

Im Hintergrund wirbelt Allegra weiter durch die Menge und drängt ihre verfeinerten Küchlein auf. Immer wieder vollführt sie dabei Hopser und Sprünge, als hätte sie eine gute Zeit. Es ist wohl nicht die Arbeit selbst, die sie so gut gelaunt macht.
Als sich ihr Körbchen weitgehend leert, bahnt sie sich ihren Weg an den Rand der Menge. Sie verteilt immer noch hier und da Küchlein, aber vor allem schaut sie Leuten an denen sie vorbeikommt auffallend in die Augen, als halte sie Ausschau nach etwas ganz bestimmtem.
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Angelique
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique hatte sich eine stille Ecke gesucht und zuerst einmal den Geschmackstest gemacht. Der ergab Asche.
Gut, keine Vita!

Was war es aber dann? Allegra war eine gewiefte Schurkin ohne Gewissen, das hatte sie inzwischen verstanden. Was also war an diesen Küchlein besonders?

Also ging sie daran, systematisch mit ihren überlegenen Sinnen und ihrem breit gestreuten Halbwissen als echte Müllerstochter über Getreide und Backwaren und als Dilettantin in Kräuterkunde, sowie mit ihren Erfahrungen im Konsum von berauschenden Substanzen die Küchlein zu untersuchen. Irgendetwas war da drin und sie würde es herausfinden!

Kleine Samen, zerstoßen in professioneller Weise. Ölige Pflanze. Es gab immer Kleiereste bei so was. Und die konnte sie sich anschauen und in ihrem Chaos aus Erinnerungen nach Vergleichen aus Büchern und Sammlungen suchen. Sie fand sie zu ihrer Überraschung eher in praktischer Erfahrung, die über 170 Jahre zurücklag.

Hanfsamen! Hanföl! Glasklar. Sie erinnerte sich sehr dunkel, wie ihr Vater schimpfte, wenn die Bauern unachtsam das Getreide nicht durch Worfeln davon befreit hatten.

Die einfachste Droge, die an jeden Feldweg wuchs.

Die Frage blieb: Warum machte Allegra das?
Das Hanföl war konzentriert und dadurch potenter als normaler Gebrauch durch das einfache Volk. Das wollte die Kappadokierin grinsend Kindern geben?!

Die kleine Malkavianerin nahm sich einige Minuten Zeit, Gelassenheit die Oberhand über ihren wie bei allen Vampiren schwelenden Zorn gewinnen zu lassen, bevor sie Allegra abfangen würde.

Sie ging wieder zu der fröhlich Drogen verteilenden Allegra und raunte ihr für Menschen nicht hörbar zu:

"Auf ein Wort unter vier Augen, Kappadokierin!"


Wahrnehmung + Aufmerksamkeit
heute um 15:13 Uhr
Olol Request: [6d10] Roll: [10, 6, 5, 3, 3, 2] Result: 29
Int + Kräuterkunde
heute um 15:18 Uhr
Olol Request: [5d10] Roll: [9, 9, 8, 4, 1] Result: 31
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Allegra wendet sich um als sie das nur Eingeweihten bekannte Wort vernimmt, das Lächeln auf ihren Lippen gefroren - und schaut hinab zu der sterblichen Müllerstochter, mit der sie vorhin kurz gesprochen hatte. Sie lacht gekünstelt auf und verfällt wieder in ihren verschliffenen bäuerliche Akzent.

"Woll'n deine Freundinn'n noch mehr? Hab leider nich mehr viel im Korb, aber sie müss'n nich spar'n. Komm, ich zeig dir wo ich ihn auffüll."

Das "Fischermädchen" bewegt sich nordwärts in Richtung des Randes der Siedlung, wo Bodenwellen und Wald menschliches Vorandringen erschweren und Lärm und Lichter der Feier immer ferner werden. Dabei blickt sie sich immer wieder um, so als ob sie eine Falle erwarte - und wirft dann, als sie sich außer Sichtweite der Menschen wähnt, auch mehr als einen Blick auf die "Müllerstochter", bei dem sie sich nicht die geringste Mühe gibt ihr Mißtrauen zu verstecken.
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Angelique
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Re: [1083] Vermählung zu Flussmund [offen]

Beitrag von Angelique »

Angelique folgte Allegra hinter die Wölb-Äcker. Harter, steiniger Boden, der in die bewaldeten Felsen der ligurischen Alpen hochzog. Auch hier kamen ihr Erinnerungen an ein kurzes Leben hoch, das voller Mühsal und Hunger gewesen war.

Sie sah das Misstrauen Allegras. Nur verständlich. Vampire, die keine Paranoia schoben, nannte man bald schon Asche im Wind.
Sie dagegen hatte keine Angst, dass Allegra sie in eine Falle führte. Das hätte sie gemerkt.

Mit Blick ohne Blinzeln ihrer großen Augen fixierte sie die "Fischerin". Waren die vorhin auch braun gewesen?

"Werte Allegra vom Hohen Haus der Kappadokier", sagte sie mit der melodischen Stimme Angeliques. "Würdet Ihr mir bitte erklären, warum Ihr Rauschmittel wie eine Giftmischerin in Honigküchlein verbergt und sogar Kindern zum Verzehr unterjubelt?"
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