[1083] Kaltakquise in Kalabrien [Allegra, Drita]

[Allegra Aldighieri]

Nach Allegras Rückmeldung an Drita zur Erfüllung ihrer Gefallensschuld machen die beiden ein Treffen im Elysium aus.

Allegra erscheint schon etwas früher als angesagt, und sucht den Versammlungsraum auf, wo sie Papiere ausbreitet - zwei auf Alt-Griechisch in unterschiedlichen Handschriften beschriebene, und mehrere leere Bögen. Dann erst streift sie sich den Überwurf ab und offenbart ihre Farbenpracht.

[Drita]

Die Antwort von Nijaz kam direkt bei der Überstellung. Drita hätte zum nächsten Halbmond Zeit und würde zu Mitternacht ins Elysium kommen.

Die Lasombra war in jener Nacht relativ pünktlich. Sie hatte keine sonderliche Eile und lächelte der Kappadozianerin freundlich, aber etwas distanziert zu. Drita wartete die Begrüßung ab, ehe sie Allegra zunickte und ihr nonverbal die Erlaubnis gab zu sprechen.

Langsam wanderte zum Tisch und betrachtete das darauf liegende Papier eine Weile.

[Allegra Aldighieri]

Allegra erhebt sich, als sie Drita gewahr wird, und verneigt sich. Erst nachdem - und falls - die Ancilla es ihr vortut, setzt sie sich wieder.

"Die Nacht zum Gruße, verehrte Drita.

Lasst mich bitte zuerst persönlich dafür danken, dass Ihr für mich erfolgreich Kontakt nach Venedig hergestellt habt. Das bedeutet mir sehr viel, und war sicher nicht einfach zu bewerkstelligen."

Sie verneigt sich nochmals zur Bekräftigung ihres Danks.

"Ich bedauere sehr, dass ich noch mehr von Eurer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen muss, aber mein Kontakt verhält sich mißtrauisch.

Ich hatte tatsächlich zuerst erwogen, einfach die Antwort alleine zu verfassen und das Mißtrauen selbst zu zerstreuen, um Euch die Mehrarbeit zu ersparen. Aber eine schludrige oder offensichtlich wahrheitswidrige Antwort - selbst wenn es nur durch mein persönliches Versehen wäre und Ihr selbst keinerlei Schuld daran tragt - könnte Euch den Weg in die Region Kalabrien auf Jahrzehnte verbauen.
Ein Abend der Vorkehrung, für eine Botschaft die ohnehin wochenlang unterwegs ist, und dann hoffentlich lange Zeit Früchte trägt, erschien mir da nach reiflicher Überlegung dann doch als der weisere Schritt."

Die beiden Papiere sind mit griechischen Lettern gefüllt. Die Schrift im einen Brief ist sauberer und strenger. Der andere Brief ist etwas weniger sauber, aber mit einer femininen Geschwungenheit und an einigen Stellen mit Herzchen verziert.
Einzelne Wörter kann Drita beim Überfliegen über Kopf erfassen, aber besonders Verben, Adjektive und Adverben unterliegen einem komplexeren Regelwerk. Das ist das alte Hellenisch von Homers Poesie und Gorgias' sprachlicher Sophisterei, nicht das verschliffene Mittel-Griechisch, wie es im heutigen östlichen Rom geschrieben und gesprochen wird.

[Drita]

Drita lauschte, während sie ihren Blick auf dem Papier liegen ließ. Als Allegra fertig war, richtete sie ihre Augen auf den bunten Vogel. Ihr Gesicht wirkte unzufrieden, als hätte sie gehofft, dass Nijaz sich verhört hatte.

"Sprecht ihr die moderne Variante?", fragte Drita auf Griechisch, wobei sie vollkommen akzentfrei war. wenngleich die Worte und die Gramatik nicht aus diesem Jahrhundert stammte. Sollte Allegra dies nicht tun, würde sie in Latein weiter sprechen.

"Ihr habt mich also eingeladen, damit ich euch dabei helfe euren Teil unserer Abmachung zu erfüllen?", fragte sie ruhig, während Drita sich auf dem Stuhl niederließ und dabei ihr Kleid richtete. Ebenso ruhig fuhrt sie fort. "Immerhin habe ich gemäß des geschlossenen Handels meine Empfehlung für euch ausgesprochen und etwaige Zweifel beiseite gewischt. Ich hoffe Venedig hat sich inzwischen bei euch gemeldet?"

[Allegra Aldighieri]

"Ich Kappadokiertochter spreche nur die alte Zunge der Kinder Hellas'" erwidert Allegra in der etwas weitschweifigen Ausdrucksweise Homers, mit einem kalabrischen Einschlag in ihrer Aussprache.

Sie kann den Wechsel ins Lateinische mitmachen, aber ihre Grammatik ist verbesserungswürdig, und gelegentlich vergreift sie sich bei ähnlich klingenden Wörtern. Von daher keine große Verbesserung.

Beschwichtigend hebt die Kappadozianerin die Hände.

"Nicht so sehr Hilfe, als dass ich nicht leichtfertig erzählen will dass noch auf Jahrzehnt zustoßen kann.
So will mein Kontakt unter oben liegendem einen Gefallen von mir, um überhaupt zu dem Mann zu vermitteln der nutzelich - aber das ist mein Problem, das ich selbst anpacken muss. Kontakt gegen Kontakt war Handel unser, und dabei wird es geblieben sein. Wenn sich da jetzt tatsächlich sogar weitere Kosten auftun werden, das werden mein Problem sein und nichts womit ich Euch behelligt - ein von mir geschlossener Handel gilt wie per Faustschlag besiegeln, ohne hinterher einen Scherz zu machen."

Sie macht eine kurze Pause, so als müsse sie durchatmen.

"Kontakt wünschen Wissen, was Drita diese sein Herkunft und Vater? Was sein Ziele ihre? Haben schon Kontakt Häfen viele? Wo und welche, nutzelich für Rhegium?

Haben nicht gesprochen in funf Jahre Drita und Allegra, nicht wissen Kontakte in welche Hafen jetze. Nie gesprochen Herkunft und Vater, Allegra können sagen nichts wissen, Allegra können mutmaßen, Allegra können erfinden. Alles drei schlecht, aber unterschiedlich schlecht wenn Kontakt von Kontakt wissen von Drita was Allegra und Drita nicht wissen dass wissen."

[Drita]

Drita nickte ob der Information bezüglich der Sprache. Sie würden also erst einmal im Griechischen verweilen, Sicherheit über Verständigung.

Als Allegra dann beteuerte ihren Handel einzuhalten nickte die Lasombra - teils sprach ihr Gesicht davon, dass die Kappadozianerin gerade etwas aussprach, was für Drita als selbstverständlich galt, aber doch war da ein Hauch von Anerkennung in den alten Augen.

"Meine Herkunft: Venedig... einst die Provinzen, dann die Hauptdomäne. Von dort kam ich hier her. Meine Ziele kennen eure Kontakte bereits: Ein umfassendes Netzwerk für Genua aufbauen. Die Domäne ist relativ neu in der See und ein zentral geführtes Netzwerk ist besser als eins, was sich auf mehrere Einzelpersonen beschränkt."

Das war der einfache Teil. Ab jetzt würden die Informationen nicht mehr so frei verfügbar sein - zumindest nicht bei Drita direkt.

"Meine Erzeuger... ist irrelevant. Wer mehr wissen will, muss dies bezahlen. Bei mir... oder in Vendig. Alternativ kann mein Leumund sicher auch durch den Prinzen von Genua erfragt werden, sollte jemand bereit sein Aurores Preis dafür zu zahlen. Oder ihr hört euch unter den Neugeborenen der Domäne um. Ich folge dem Weg der Könige... und jeder meiner Handelspartner kann euch bestätigen, dass ich mein Wort halte."

Nun kamen sie zu dem Teil, bei dem Drita unzufrieden erschien.

"Wie dieses Netzwerk aufgebaut ist, ist alleine meine Sache. Ich werde meine Quellen nicht ohne Weiters offen legen. Wir sprechen hier von mehr als 2 Hand voll Domänen innerhalb des Mittelmeeres, zu denen ich ich den letzten 5 Jahren Kontakte gesammelt habe. Teilweise sind bereits Gespräche erfolgt. Aber so oder so: Ich werde nützlich für Rhegium sein. Entweder über euren Kontakt, oder über einen anderen, der mir zugespielt wurde. Die Entscheidung liegt alleine bei ihm. Wenn ich die Domänen offen legen soll wird das kosten... ... und zwar ihm... nicht euch. Das sind Informationen, die er... wenn überhaupt... nur direkt erhält."

[Allegra Aldighieri]

Allegra greift sich einen leeren Bogen und notiert eifrig in Stichpunkten mit. Ihre tatsächlich geschriebenen Worte sind sehr kurz, verglichen mit den - griechischen - gesprochenen blumigen Formulierungen die sie benutzt, wohl weil sie eher mit antiker Lyrik vertraut ist als mit gegenwärtigen Gebrauchsschriften.

"Erzeuger: Unbekannt. Zumindest mir Kappadokiertochter. Näheres bekannt der nächtlichen Gesellschaft der höchst durchlauchtigsten Volksherrschaft von Veneto, und der höchst verehrten Weißen Prinzessin Aurore.

Oudos Koriphaios ist mir Kappadokiertochter bekannt. Ich Kappadokiertochter kann besingen, dass verehrte Drita wackere Befolgerin ihres Oudos und höchst verlässlich ist, wenn mein Kontakt wert gibt auf Wort einer flüggen jungen Vögelin wie mir.
Kann sicher bestätigt werden von der wohlwerten Giada, oder vielen anderen Anodikern auf dem gleichen Pfad in dieser höchst superben Polis. Soll ich Giada erwähnen - oder lieber einen anderen Bürgen neben mir?

Netzwerk umfasst zur Zeit rund ein Dutzend Polii... Darf ich das so schreiben? Oder ist diese Weisheit nur bestimmt für uns beide?"

Sie blickt an diesem Punkt von ihrer Schweinschrift auf.

"Ich will wie schon besungen keine Umstände machen. Aber ich will auch nicht versehentlich meinen Teil des Gelübdes verpfuschen - oder versehentlich Informationen verramschen, die nur für mich Kappadokiertochter im Vertrauen gedacht waren.

Und es sind wie schon besungen fünf Jahre vergangen, seit wir diesen Eid begangen haben. Fünf Jahre in denen sich manches geändert haben mag, oder in denen neue Entwicklungen hin zu kamen die besingenswert sind gegenüber einem fremden mißtrauischen Kontakt."

Allegra lächelt Drita so warm an, wie vom Clan des Todes im Rahemn ihrer Möglichkeiten an.

"Nachdem wir dem Hermes' Münzen und Marktständen gehuldigt haben, sollten wir uns vielleicht ohnehin davon vorsingen. Die Kappadokiertochter hat sich gemacht, seit sie in der Superben gelandet und ihr erstes eigenes Nest aufgebaut hat."

[Drita]

Schweigsam lauschte Drita und eine Braue zuckte sachte, je weiter Allegra sprach. Natürlich wollte die Lasombra, dass der Kontakt hergestellt wurde, aber dies war die Aufgabe der Jüngeren. Also schwieg sie, bis Allegra ihr eine weitere Frage stellte.

"Es liegt in eurer Verantwortung zu entscheiden wen ihr nennt, wen nicht und welche Informationen ihr selber beschafft - welche ihr von eurem Kontakt beschaffen lasst. Ich werde euch nicht dazu raten, Aurore zu nennen... oder Giada... oder sonst wen. Dies gehört zu eurem Teil unseres Handels-. Ich nannte meine Fürsprache eurem neuen Kontakt und stellte sicher, dass alle genannten einverstanden waren - dies war mein Teil des Handels."

Auf die Anzahl der Kontakte hin nickte Drita, bereits zur Frage, ob die Kappadozianerin dies so schreiben dürfe. Ein weiteres Nicken folgte bei der Frage nach einem privaten Gespräch im Nachgang.

Doch zunächst:

"Wollt ihr einen Rat von mir im Umgang mit Ancillae und Ahnen?" Drita klang noch immer freundlich und offen, aber die Art, wie sie die Frage stellte machte alleine deutlich, dass die Antwort einen kleinen Gefallen kosten würde.

[Allegra Aldighieri]

Allegra schreibt sich erst fleißig mit, mit welchen Punkten die Ancilla einverstanden ist und welche sie in den Ermessensspielraum der Kappadozianerin legt, bevor sie wieder aufblickt.

Ein wenig fragend schaut sie Drita bei dem Angebot an. Allegra wollte nicht die Katze im Sack kaufen, aber sie beschlich auch das Gefühl, dass es schlechte Folgen für sie haben würde, wenn sie es geradeheraus ausschlug. So geht sie etwas behutsamer vor.

"Verehrte Drita, ich hatte bisher nur sehr wenig mit Ancillae und Ahnen zu tun - genau genommen nur mit Euch und mit meinem eigenen Clansältesten. Das Hofzeremoniell nicht hinzuzählend, das ist doch zu verschieden von einer Zwiesprache von Angesicht zu Angesicht. Es gibt da sicher noch einige Fallstricke, derer ich mir noch nicht bewusst bin und die ich noch zu meistern habe."

In einem vorauseilend apologetischen Ton schiebt Allegra nach:

"Falls der Rat eine versehentliche Beleidigung oder Geringschätzung von mir gegen Euch betrifft, dann war das natürlich nicht meine Absicht, und ich würde gerne dazulernen um den heutigen Fehler zu korrigieren und zukünftig zu vermeiden."

[Drita]

Drita verfolgte, wie sich Allegra in der verbalen Schlingen wand, in die sie sich nahezu selber begeben hatte. Denoch schaute sie die Kappaozianerin an, wie eine Mutter ihr Kind: Behütend, warmherzig. Wäre da nicht das Tier, dass hinter den alten Augen lauerte.

"Ihr habt mich nicht beleidigt. Das hättet ihr gespürt. Aber: Wenn ihr einen Handel mit einem Ancillae eingeht, seid euch zu 300% sicher, dass ihr jede mögliche Varianz bedacht habt und den Handel abschließen könnt. Offenbar eure Unzulänglichkeiten nicht dermaßen offen, sondern liefert Ergebnisse, nicht indem ihr die Zeit des Ancillae raubt. Informationen, wie diese könnt ihr erkaufen, der Clan Nosferatu freut sich immer über Kunden. Die geschuldeten Gefallen sind weit weniger schlimm, als euer Ansehen bei dem Ancilla zu beschmutzen. Unnötiger Weise. Und wahrscheinlich hättet ihr die fehlenden Informationen noch dazu bekommen."

Drita hob die offene Hand, deutete auf die Unterlagen auf dem Tisch.

"Ihr solltet eurem Kontakt Informationen liefern, statt nur Anlaufpunkte. Aber das ist eure Entscheidung."

Ihr Lächeln blieb bestehen, als Drita die Hand wieder runter nahm.

"Ich hoffe ihr vergesst in Zukunft nicht, dass ich diese Situation hier nicht ausgenutzt habe, um euch aus zu nehmen, wie der Metzger das Vieh. Andere Ancillae hätten dies getan... jede Frage ins Detail beantwortet... und die Rechnung hoch getrieben. Ihr hättet am Ende weit mehr geblutet, als den Gefallen, den ihr mir jetzt wegen des Rates schuldet."