[1085] Alte Bande - Neue Ideen [Angelique, Arash]

[Arash]

Es war Herbst geworden in Genua. Die Bäume verloren ihre Blätter. Der Wind war kalt und die Luft nass und schwer geworden. Die Nächte länger dunkler als noch im Sommer. So war es auch nicht verwunderlich, dass der Hafen in dieser Nacht ziemlich wenig frequentiert wurde. Zogen doch die meisten Menschen die Wärme eine Herdfeuers oder dem wohligen brennen eines Selbstgebrannten dem Nieselregen der über der Stadt schwebte, vor.

Ein Fischer jedoch schien das nicht zu stören und er saß unbeirrt am Steg, neben sich eine kleine Sturmlaterne. Den Rücken hatte er dem Kai zugewandt und blickte wohl immer wieder durch die Hafenausfahrt ins dunkle schwarz der Nacht. Neben ihm konnte man einen Berg an Netzen sehen, den er zu flicken schien. Einfache Arbeit, die aber sicher wesentlich leichter wurde, würde man sie tagsüber erledigen. War der Fischer vielleicht zu spät zurück gekehrt? Sein Kapuzenmantel schien ihn zumindest vor der Kälte und dem Nieselregen zu schützen. Hörte man genauer hin, konnte man ein leises Summen hören. Eine Melodie die in diesen Breiten vermutlich eher unbekannt erschien. Kam sie doch weit aus dem Osten und war die Melodie eines Schutzgebets für die Fischer, welche auf guten Fang hofften. Immer wieder mischten sich Worte und Sätze in einer Sprache ein, die auch hier die Wenigsten sprechen würden. War es doch die Sprache seiner Heimat.

[Angelique]

Ein kleines Mädchen, das den ledernen Pilgermantel eng um sich geschlungen hatte und dessen breitkrempiger Schlapphut von der Nässe klamm herab hing, trat zu dem Fischer.

"Na, beißen sie?", wollte das Kind wissen.

"Schiavo, Arash", fügte es hinzu. Natürlich wusste Angelique, wer der nächtliche Fischer war. "Schicke Laterne. Oströmisch? Sarazenisch? Das könnte ein Trend werden bei Fischern und Seefahrern. Echt nützlich!"

Sie betrachtete fasziniert die hauchdünnen Hornplatten, die anstelle von Glas in späteren Zeiten die Laterne durchscheinend machten.

[Arash]

Arash schien für einen kurzen Moment nicht zu reagieren, dann aber wandte er den Kopf beiseite und sah Angelique eindringlich an. Seine Hände waren währenddessen weiterhin dabei das Netz zu flicken und Schneckengehäuse, Korallen und anderes herauszuarbeiten, was sich verfangen hatte. "Guten Abend werte Angelique." antwortete er dann und ein leises Lächeln überzog seine Lippen. "In Netzen beißen sie meist recht wenig. Und die Netze müssen regelmäßig geflickt werden." lenkte er das Thema kurz auf seine Arbeit, die seine Hände unbeirrt weiter ausführten. Offenbar war es hm so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass er nicht mehr wirklich darauf achten musste.

Dann fiel sein Blick ebenfalls auf die Laterne, die neben ihm stand und ihm ein wenig Licht spendete. "Eine Idee eines meiner Waldläufer. Sie sehen im Wald nachts nicht so gut wie ich und auch auf See sind sie Abends auf Lucht angewiesen. Fackeln und Kerzen ohne Schutz gehen aus, oder brennen die Umgebung und Segel nieder. Mit dieser Laterne passiert das nicht."

Sein Blick wandte sich wieder der kleinen Malkavianerin zu. "Wie ist es euch ergangen in den letzten Jahren. Wir haben uns lange nicht gesehen. Erzählt mir. Wie war der Hof nach Benjamins Verrat?"

[Angelique]

"Och, das Übliche. Wie immer wechselten sich Langeweile, Skandale und Überraschungen ab."

Sie erzählte ihm dann wahrheitsgetreu, was sie ohne ihre Aufzeichnungen erzählen konnte. Von der Streitigkeiten beim Planen der Kathedrale und all den anderen Dingen, die danach kamen.

Dann schaute sie zu den in kahlen, im Nieselregen verschwommenen Felsen, die über Genua ragten.

"Bald werden auch die letzten Bergwälder gefällt sein, um den Hunger nach Holz für die Schiffe, Schmieden, Bergwerke und Glashütten Genuas zu stillen. Was werden deine Waldläufer dann machen? Werden sie Hirten werden? Oder schickst du sie zur See, damit sie Seewölfe werden?"

Es war wie das Echo eines Gesprächs, das sie einst mit Brimir geführt hatte. Nur damals war es nicht akut gewesen. Genua war nur ein kleines Nest gewesen und die Natur hatte sich nach dem Ende des römischen Reiches die Berge zurückgeholt.

Nun aber war fast nichts mehr übrig von der wilden Schönheit und so sehr Angelique ein Kind ihrer Zeit war und die Ordnung von Feld und Flur dem Chaos der Wildnis vorzog, hatten die Gangrel ihr doch deren Schönheit zeigen können und sie vermisste die Streifzüge durch das schattige Grün.
Irgendwie hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil ihre Machenschaften daran Mitschuld trugen. Und es war wie ein Verlust für sie.

[Arash]

Arash lauschte Angeliques Worten und fletschte bei ein oder zwei Punkten auch die Zähne, seufzte dann aber nur. "Alle versuchen ihr Gift zu verspritzen und merken nicht, wie sie die Domäne langsam zugrunde richten."

Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ob sie diese Zeit erleben werden. Sie sterben wie Menschen es nunmal tun." Sein Blick folgte Angelique. "Ich wage aber zu bezweifeln, dass sie alle Bergwälder fällen können. Einige sind doch sehr unzugänglich und Stämme daraus abzutranspotieren dürfte schwieriger sein, als Holz von woanders zu importieren." Erneut zuckte er mit den Schultern. "Vielleicht werden die nächsten eher Raubtiere zur See, denn für den Wald. Sie müssen überleben lernen. Wie wir alle." stellte er dann noch fest.

Dann wandte sich sein Gesicht wieder der Wanderin zu. "Sagt habt ihr Lust auf eine Hatz der besonderen Art mit...schwieriger Beute?"

[Angelique]

"Unterschätze die Menschen nicht. Die haben schon in anderen Gegenden alles abgeholzt."

Sie wurde neugierig.

"Jaaa", meinte sie gedehnt, "was für eine Jagd schwebt dir vor? Ich bin wählerisch und manche Dinge missfallen mir bei der Jagd anderer.
Allegra zum Beispiel gibt offen zu, Kinder gejagt und getötet zu haben.
Solche Dinge sind dem HErrn und mir ein Gräuel."

[Arash]

Er zuckte mit den Schultern. "Wenn sie die Wälder abgeholzt haben bleiben sie wenigstens von meinem Revier fern." knurrte Arash dann. "Aber ich bezweifle das sie alles abholzen werden. Weil sie dann des Nachts vielleicht auch einfach verschwinden." ein leises Lächeln war dabei auf seinen Lippen zu sehen. Vermutlich würde er damit etwas zu tun haben. Aber genauer ging er nicht darauf ein. Dafür wurden seine Augen schmal, als Angelique Allegra und ihre Taten erwähnte. Ein grollen erklang aus seiner Kehle, während er antwortete.

"Ich bin nicht auf solcherlei Beute aus. Meine Beute ist eine Nosferatu, die immer wieder in Votori ihr Unwesen treibt. Sie ist ganz gewiss vieles, aber kein Kind. Du wärst nicht die Einzige, die mit mir an der Jagd teilnimmt. Aber ich würde gerne die Fähigkeiten in Bezug auf deine Sinne und dem Verschwinden nutzen. Darin ist sie nämlich ziemlich gut." Wieder knurrte der Gangrel. Nicht in Richtung Angeliques. Eher ungehalten über die Situation. Offenbar passte ihm das so gar nicht.

Wenn Angelique darauf achtete würde sie auch bemerken das seine Hände aufgehört hatten Netze zu flicken. Nun lagen sie zu Klauen verzerrt in seinem Schoss. Offenbar bereit zuzuschlagen.

[Angelique]

Angelique war neugierig geworden.

"Das ehrt mich, dass du an mich denkst und mein Angebot nicht vergessen hast, zu helfen, wenn es nötig ist, wie ich einst für Brimir tat.

Was hat sie aber getan, deine Aufmerksamkeit zu verdienen? Und wer ist noch dabei?
Ist das eine Blutjagd? Hat die Nesiferitu die Traditionen gebrochen? Irgendeinen Amtsträger verärgert? Oder ist sie eine fremde Spionin?

Sind Nesiferitu in der Jagdmeute? Ich würde mir nämlich ungern deren Unmut zuziehen, wenn eine der Ihren gejagt wird, ohne dass sie das absegnen."

[Arash]

"Was sie getan hat? Sie ist die Geißel Savonnas und übertritt die Grenze regelmäßig. Da Savonna ja immer noch Votori für sich beansprucht, was die höchst verehrte Aurore natürlich überhaupt nicht gerne sieht. Außerdem bin ich schon mit ihr aneinander geraten. Es ist also zum Teil etwas persönliches." Er machte eine wegwischende Handbewegung, als wäre der zweite Punkt deutlich unwichtiger, als die Meinung des Prinzen.

"Bisher wären du und dein Clansbruder Harl mit dabei. Ich werde sehen, ob ich noch Agnellina dazu bekommen kann. Dann wären wir zu viert in der Jagd. Wobei ich sie am liebsten gepflockt abliefern würde. Ungern als Häufchen Asche."

[Angelique]

"Oh? Harl ist dabei? Dann hat es wohl etwas zu bedeuten, was ich noch nicht durchschaue.
Dann bin ich dabei. Allein schon, um ihn in Aktion zu sehen."

Sie wirkte jetzt nachdenklich UND neugierig.