[1085] Gott [Harl, Toma]

[September '23]
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Harl
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Harl »

Das brachte Toma einen längeren, vielleicht etwas mißtrauischen oder zumindest prüfenden Blick ein.
“Melden, mh? Auge und Ohr. Aber keine Geißel. Kein… ‘Liktor’. Melden an wen?”, fragte er nach.

Doch er trat auch etwas beiseite, so dass Toma nun einen freieren Blick auf dieses Ding hatten, das Harl aufgestellt hatte. Es sah aus wie ein Stück Treibholz, schon etwas bleich und grau gewaschen von der See. Es hatte eine Biegung in der Mitte, war vermutlich einmal ein Teil von einem dickeren Ast irgendeines Baumes gewesen, der hier eine Gabelung gehabt hatte. Die eine Gabel war noch da, bog sich nun also im oberen Teil etwas. Von der anderen Gabelung war nichts als ein Astloch über, das nun dunkel und leer in die Nacht starrte.

Harl gestikulierte zu dem Stein hin, mit dem er hatte Toma erschlagen wollen. Oder der ihn.
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"An den Prinzen natürlich und den Herold."
Antwortete Paolo und setzte dann noch nach:
"Es ist nicht meine Aufgabe die Stille zu schützen, wie es die Liktoren tun oder die Grenzen zu schützen wie eine Geißel, womit ja auch das Recht auf Vernichtung einhergehen würde. Nur beobachten und zuhören und aufschreiben. Und was wurde von euch verlangt?"

Sie gaben dann auch Harl den Stein zurück und würden neugierig zuschauen, was er damit in Bezug auf das Kunstwerk vorhatte. War es denn ein Kunstwerk?

"Habt ihr das aus künstlerischem Sinn gebaut oder hat es einen Nutzen? Oder emotionalen Wert?" Es war ja alles möglich.
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Harl
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Harl »

“Zum Gebet”, meinte Harl. Er nahm den Stein und versuchte, ihn in das leere Astloch einzusetzen, so dass er auch dort blieb. Ein wenig gedreht, ein wenig verkantet. Es hatte einen merkwürdigen Effekt: als würde das Treibholz ein Auge bekommen. Auf einmal sah es aus wie der Kopf einer Möwe, mit diesem merkwürdigen Starren, das Raubvögel haben können.

“Ich habe eine Geschichte gehört”, sagte er dann irgendwann, als der Stein ungefähr fest saß. “Hier, in Genua.”

“Davon, dass Möwen Seelen tragen. Von Ertrunkenen.” Er trat ein wenig von dem verkeilten Treibholz weg und betrachtete es mit ein wenig Abstand.
“Wohin? Keine Ahnung. Hat die Geschichte nicht gesagt. Zur See, wahrscheinlich? Zu Gott?” Er zuckte mit den Schultern. Es hatte ein wenig so geklungen, als wären See und Gott ein- und dasselbe.

“Woran glaubt Ihr, Paolo?”


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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Zunächst kam ihnen das absurd vor, dass Möwen die Seelen von Menschen tragen sollten, aber
wenn sie so darüber nachdachten, dass Tiere ja auch mit ihnen sprachen, dann kam ihnen aber auch der Gedanke, dass das vielleicht mal Menschen gewesen sein könnten. Was wenn Möwen nicht nur Seelen von Menschen trugen, sondern sie waren…wiedergeboren in eine neues Leben?
Oh welch frevlerischer Gedanke…
…oder?


Toma hatte einiges von diesem Abend erwartet, nachdem sie diesen seltsamen Mann gesehen hatten, aber dann doch nicht die Grundzüge des eigenen Glaubens zu hinterfragen.
Wenn sie so darüber nachdachten sind sie ja wiedergeboren worden, mehrfach, wenn man es so sehen wollte. Ist ihre Seele gewandert von einem Zustand zum anderen. Warum also nicht?

Vielleicht mochte Harl sehen, dass Paolo so einiges durch den Kopf ging, als dieser nicht sogleich antwortete.

„Äh…an Gott natürlich. Und dass wir nicht verdammt sind, sondern Er einen Plan auch für unsere Art hat.
Ich finde eure Geschichte aber sehr interessant und hatte davon vorher noch nicht gehört. Glaubt ihr, dass es möglich wäre dass die Möwen wiedergeborene Seelen sind?“
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Harl
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Harl »

Harl lugte zu dem Treibholz, dem “Möwenkopf” herüber. Er behielt den Kopf ein wenig abgewandt und lauschte Paolos Worten mit einer merkwürdigen, stillen Intensität. Wäre dies ein Blick gewesen, so hätte er wohl gestarrt. Doch vielleicht taugten seine Augen nicht zum Starren. Vielleicht musste er lauschen so wie er es tat, um zu verstehen.

“‘ch hatte es vorher auch nie gehört”, meinte Harl leise. “Aber viel drüber nachgedacht. Darum…” Er machte eine Geste zu dem Treibholz hin.
“Ich glaube, dass …die Welt verbunden ist. Miteinander. Ineinander. Alles verbunden. Alles verändert sich. Aber alles bleibt trotzdem da. Irgendwie. Man sieht’s nicht immer gleich. Versteht es manchmal nur, sobald man mehr weiß. Gottes Hand, vielleicht.”

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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"Aber ist der Weg in den Himmel nicht eigentlich losgelöst von der Welt? Wenn die Seelen hier bleiben...dann gibt es keine Erlösung...kein Aufsteigen..." gerade letzteres schien sie am meisten zu bekümmern, so wie es in ihrer Stimme klang. Erlösung war auch nicht das für sie, was es für gemeine Christen war, denn sie waren ja nicht verdammt in ihrer Weltsicht.

Ihnen gefiel aber Harls Sichtweise auf die Welt.

"Alles verändert sich immerzu, ja. Stillstand bedeutet Tod. Was wir sind. Eingefroren in der Zeit, doch wir können dem nur entkommen in dem wir nicht still stehen, indem wir lernen und wachsen und wandern und wandeln." Ehrfurcht sprach aus Paolos Stimme, die nicht die ihre war, die eine Veränderung war, wie so viele vor ihr. Ein neuer Teil von ihnen.

"Seid ihr auf einem Auge blind, Harl?"
fragten sie dann geradeheraus, als sie sein Gebaren betrachteten.
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Harl
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Harl »

Es war ein wenig als würde diese Ehrfurcht auch Harl selbst anrühren. Er schien Toma noch immer intensiv zu lauschen, auf den Klang dieser Stimme, wo die Stille zwischen den Worten einsetzte, wie tief die Bedeutungen hinter den nackten Klängen reichten.

“Ja..”, murmelte er. “Stillstand ist Tod. Tod.. ist Stillstand. Für eine Weile. Dann, Auflösung.” Er flüsterte das nur als wären seine eigenen Worte viel zu laut. Er wollte Toma nicht übertönen und war nur selbst dabei, etwas zu begreifen.

Die Frage nach seinem Auge schien er erst gar nicht zu registrieren. Mit etwas Verspätung erst reagierte er, hob eine Hand an dieses Auge und berührte den Wangenknochen direkt darunter.
“Hn”, machte er und zuckte mit den Schultern. “Ja. Gangrel-Freispruch, hu? ‘s gibt ein paar Dinge, wo wir doch nicht eingefroren sind. Heh. Wenn’s uns genug verändert hat.”
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Toma Ianos Navodeanu
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

"Hu? Und es ist nicht verheilt?"
Höchst interessant.
Toma sah sich schon wieder die eigenen Hand heben, nur um Harl anzufassen, dieses Auge zu berühren.
Nahm sie daraufhin direkt wieder herunter. Es gefiel ihnen nicht sich selbst aufhalten zu müssen, was sich auch in einem missmutigen Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte.
Überall Beschränkungen…keine Freiheit gibt es hier…das muss sich ändern…

„Was ist euer Ziel in eurem Unleben? Euch scheinen die Seelen der Menschen zu kümmern? Oder gottgefällig zu sein?“
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Harl
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Harl »

Irgend etwas in Tomas Geste oder Worten oder seiner Art ließ Harl die Zähne blecken. War das ein Lächeln? Wenn es eins war, war es dreckig wie Claviculas Rinnstein.

“Neugier…”, rollte er von der Zunge als wäre es eine Köstlichkeit, die man schmecken kann. Er hatte den Blick wieder ein wenig von Toma abgewendet, schien mehr zu lauschen als zu sehen.

“Nicht alles verheilt”, meinte er dann und kauerte sich hin. “Hast du keine …hn. Narben, die du weiter mit dir trägst, Wanderer?” Es müsste eigentlich unterwürfiger wirken, dieses Hinkauern. Doch in der Haltung steckte zu viel Spannung, als könnte er gleich vorschnellen, springen, sich zu einer Seite fallen lassen, irgend etwas. Er schien auf etwas zu warten.

“Erfahrungen, die tief genug sind.” Sachte fuhr er mit einer Hand durch den körnigen Sand am Strand, so dass dort eine Furche zurückblieb. “Mit ihnen bist du anders als ohne sie. Solche?”

Er hatte nicht - oder noch nicht? - auf die andere Frage Tomas geantwortet. Dies, jetzt, schien ihm wichtiger zu sein. Vielleicht war auch Zeit genug für alles.
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Re: [1085] Gott [Harl, Toma]

Beitrag von Toma Ianos Navodeanu »

Bei Harls erster Erwiderung auf ihre Frage, erinnerten sie sich natürlich wieder daran, dass sie Paolo waren und dass Paolo eine Wunde hatte, die nicht verheilte...so war die Frage unnötig gewesen...oder einfach ein Interesse eines ebenso Leid tragenden?

Als Harl weitersprach überraschte sie aber die Richtung in die dieser dachte. Wunden mit denen man anders war, die einen veränderten, das waren ganz andere als die oberflächlichen, die sich in Fleisch gruben. Und auch diese hatten sie erlitten.

"Wer hat das nicht? Wer kann Jahrzehnte oder Jahrhunderte gelebt haben und nicht eine solche Wunde davon getragen haben?
Ja, und leider doch besitze ich auch eine solche physische Wunde, welche ich aber nicht in meinem Unleben erlitt, sondern ein Überbleibsel meines Todes war."


Sie bedauerten das sichtlich und hörbar. Das war ein riesiger Makel, den sie sich selbst Übel nahmen. Das war ihr Makel nicht seiner.
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