[1086] Schöner Schein [Allegra, Paolo]

[Allegra Aldighieri]

Der Frühling war gekommen und hatte begonnen, Eis und Schnee davonzutreiben - langsam und träge, aber unaufhaltsam, wie ein Ochse in seiner Pflugschar. Besonders nachts war es noch frisch und die Gassen nur spärlich von Sterblichen besucht, aber für Unsterbliche war das keine besondere Unannehmlichkeit.

Eine junge Frau hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mit der Farbenpracht der aufblühenden Pflanzenwelt zu konkurrieren und einen Abglanz davon in den Giardino della Rosa zu tragen. Eine kleine weiße Haube auf der ausladenden Lockenpracht tat so, als würde sie etwas zur Anständigkeit ihrer Trägerin beitragen, die sich heute Nacht für einen nachtblauen taillenlangen Überwurf, eine hellblaue Weste und ein dunkelgrünes Kleid entschieden hatte - nebst einem lila Hüfttuch.

Sie wollte Nachrichten empfangen und Anschläge lesen, aber erst einmal verweilte sie am Fontana Rossa und bewunderte ausgiebig dessen Farbenillusion.

[Toma Ianos Navodeanu]

Paolo betrat frohen Mutes ob des anbrechenden Frühlings das Elysium. In der Nacht war von der Farbenpracht nicht mehr so viel übrig, aber das tat dem Geruch keinen Abbruch.

Leise schnüffelnd ging er durch den Garten. Eigentlich sollte er nur die Aushänge überprüfen, aber wenn er schon einmal den Weg angetreten war, dann konnte er sich auch etwas daran erfreuen hier zu sein. So schlenderte er durch den Garten, für was dieser auch angelegt worden war und bemerkte eine weitere Farbenpracht.

"Werte Allegra." grüßte der Kainit die ihm bekannte Kainitin. Das letzte mal hatten sie sich am Hof der Wunder gesehen. "Schön euch wieder zu sehen."

[Allegra Aldighieri]

"Werter Paolo!" strahlt die farbenfrohe Kappadozianerin zurück, lächelnd und leicht nickend.

"Ich hoffe, es ist Euch gut ergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?
Meine Geschäfte sind immer noch ein zartes Pflänzchen das viel Hege und Pflege braucht, aber es blüht."

[Toma Ianos Navodeanu]

Der vermeintliche Ravnos gesellte sich näher zur der bunten Kappodzianerin und lächelte sie freundlich an.

"Das freut mich zu hören. Auch meinige laufen recht gut. Wachsen tun sie nur nicht. Es ist aber auch immer etwas schwierig neue Kunden aufzutun, vor allem wenn die Strecke weit ist. Ihr verkauft doch rare Gegenstände, nicht? Wer kauft die denn eigentlich? Und wie sind eure Lehrstunden bei der wohlwerten Angelique verlaufen?"

[Allegra Aldighieri]

"Zunächst vor allem Leute, die etwas Bildung genossen haben und Geld besitzen. Eine sehr kleine Gruppe in Genua, gute Kunden, fein aber sehr klein.

Dann gibt es die, die mehr Geld als Bildung haben, und es dadurch ausgleichen wollen dass sie die Schätze der Alten zur Schau stellen. Die schauen mehr darauf ob es toll aussieht, und ob es ein Stück aus der glorreichen römischen Vergangenheit Genuas ist.

Gibt noch nen paar Kirchenleute, vor allem Chronisten und so was. Muss man aber aufpassen was man denen zeigt, nix was zu heidnisch ist."

Ihre Augenbrauen ziehen sich ein wenig zusammen, als sie auf Angelique angesprochen wird.

"Die wohlwerte Angelique hab ich schon ne ganze Weile nicht mehr aufgesucht.
Vor etwas weniger drei Jahren habe ich ein großes Fest ausgerichtet, für den schönsten Anlass den es geben kann - eine Liebesheirat. Nicht aus Geldgier, nicht aus politischem Kalkül, nicht aus elterlichem Zwang - wahre Liebe hat die beiden jungen Leute getrieben, das edelste Streben das es geben kann."

Sie lächelt breit und blickt ein wenig versonnen und verträumt, als sie daran zurückdenkt.

"Beinahe hätten Geldprobleme das junge Glück vereitelt - aber ich habe einspringen können, mit einem Betrag der für mich nur ein Kinkerlitzchen war, aber für die beiden jungen Leute die Welt bedeutete.

Es war ein schönes Fest, ein rauschendes Fest - bis Angelique auf den Plan trat und Drohungen gegen mich ausstieß. Dass Ihr alles erdulden werdet, was die Traditionen und die Stille nicht gefährdet und Euch dann wünschen werdet, sterben zu dürfen. So hat sie mir gedroht, mit genau diesen Worten. Und das alles nur, weil ich dieses Fest zu etwas besonderem machen wollte, auch für mich und für andere Kainskinder, die es besuchen und das Blut dort kosten."

[Toma Ianos Navodeanu]

"Ah ja wir hörten über eine große Hochzeit bei Flussmund. Wie großzügig von euch." Ihm war klar, dass Allegra mehr da im Sinn gehabt haben muss als diesen Menschen nur eine Nettigkeit zu schenken. Viel mehr wurden da gezielt zwei verbandelt? Aber er wollte nicht zu tief bohren an dieser Stelle und dann war es auch nicht so sehr wichtig für ihn.

"Was genau habt ihr denn getan, dass Angelique so wütend auf euch wurde? Sie kam mir bisher nicht so vor als könnte sie einen wirklichen Groll gegen jemanden hegen. Selbst jene, die ihr wirklich übel mitgespielt haben lässt sie sein." Interessant dass es da Zwist gab.

[Allegra Aldighieri]

"Nun, weil es auch für mich und andere kainitische Besucher was besonderes sein sollte, habe ich Honigküchlein verteilen lassen, versetzt mit einem leichten Rauschmittel. Eines davon fiel in die Hände der als sterbliches Kind zurechtgemachten wohlwerten Angelique, die mir darauf hin vorwarf, ich würde herumgehen und gezielt Kinder vergiften und umbringen wollen."

Bei dieser verzerrten Darstellung ihres Treibens schüttelt die Kappadozianerin leicht den Kopf, ein wenig traurig blickend.

"Dabei läge mir nichts ferner, als etwas für mich so geheiligtes und schönes wie eine Liebesheirat mit etwas so tragischem wie einem Todesfall, geschweige denn einem Kindstod, zu überschatten. Das hätte ich ihr so auch erklärt, aber sie war direkt davongestürmt nachdem sie ihre Drohungen gegen mich ausgestoßen hatte."

Sie schüttelt wieder den Kopf, aber setzt dann ein Lächeln auf und blickt Paolo direkt an.

"Aber reden wir lieber über angenehmeres. Habt Ihr mittlerweile ein Badehaus gefunden, das Ihr empfehlen würdet, werter Paolo? Ich sollte unbedingt mal einen Abend ausspannen."

[Toma Ianos Navodeanu]

"Hm...ihr gefällt das also nicht wenn Kinder zu schaden kommen?" Eine interessante Information.

"Ah ja das Badehaus." Er dachte an seine Nacht mit Atessa zurück und lächelte vergnügt. Auch da waren Rauschmittel im Spiel gewesen. Nun Allegra war keine Schönheit wie Atessa, aber weitere "Freunde" zu sammeln, wäre ganz nützlich.

"Ich habe ein recht angenehmes in Ravecca gefunden. Vermutlich nicht so prächtig wie andere, aber man kann sich, wenn nicht viel los ist gut dort auch privat unterhalten und bei Gelegenheit sich auch etwas zu zu trinken mit nach Hause nehmen." Er zwinkerte ihr zu.

[Allegra Aldighieri]

Allegra lächelt breiter bei dem für sie interessanteren Themenwechsel.

"Klingt nach einem reizenden Ort, dieses Badehaus in Ravecca.

Was Erfrischungen angeht, wissen leider die wenigsten Sterblichen meine Schönheit aus der Nähe recht wertzuschätzen. Spätestens bei meinen eiskalten Liebkosungen werden sie ein wenig nervös."

Die Kappadozianerin spielt an einer Locke, während sie nachdenkt.

"Vielleicht wäre der Winter eine gute Zeit, da habe ich eine Entschuldigung um mich im warmen Wasser zu verstecken und nur gelegentlich mit meinen Reizen zu locken.

Habe auch eine junge Blutsdienerin, für die das eine gute Gelegenheit wäre dazu zu lernen. Junges Ding, wunderschönes junges Ding, fast schon wie gemalt. Aber Immer noch furchtbar scheu und schüchtern, wenn es darum geht ihren Leib vorzuzeigen und stolz darauf zu sein.
Ja, ich glaube das wäre lehrreich für sie. Wenn sie ihre Reize einsetzen würde, um mir zusätzliches Blut zu verschaffen, und ich sie zeitnah mit dem zusätzlichen veredelten Blut belohne - dann verknüpft sie liederliches Anbandeln und aufreizendes Auftreten mit dem Hochgefühl von Vitae."

Allegra lächelt ein wenig verzückt, bei dem Gedanken zwei Grundbedürfnisse von ihr zu erfüllen - Blut zu genießen, und die tugendhafte Scheu einer Jungfer zu brechen und zu beschmutzen, um sie ein weiteres Stück empfänglicher für ihren Pfad zu machen.

[Toma Ianos Navodeanu]

Paolo runzelte erst die Stirn, dann sah er Allegra mit einem anrüchigen Schmunzeln an, als sie so von ihrer jungen Dienerin erzählte und dass man Stolz auf den eigenen Leib sein sollte. Die Kappadozianerin war ja wirklich kein besonders sittsames Kind.

"Könnt ihr denn nicht die Wärme der Sterblichen nachahmen?" fragte er zunächst verwundert.
"Dann wäre ein eigener Besuch in einem Badehaus tatsächlich nicht so ratsam. Das warme Wasser und der Dampf müsste ja euren Leib erhitzen, wenn ihr ein Mensch wäret. Wenn sie hübsch ist, eure Dienerin, dann kann sie vielleicht einigen Erfolg haben. Ist ja doch abhängig davon wer sich gerade dort herumtreibt."