[1086] C'era una volta il Platealonga [Angelique, Allegra]

[Allegra Aldighieri]

Allegra packt den Holzvogel wieder weg. "Es ist vielleicht besser, nicht zu tief in den Abgrund zu schauen. Ich werde den Vogel weiterhin verwahren - auch weil ich es Esther versprechen musste. Wenn es notwendig sein sollte, können wir immer noch darauf zurückgreifen.

Ich hoffe, es wird nicht notwendig sein. Und ich hoffe, die Männer die sich an Esther vergangen haben werden zur Rechenschaft gezogen, und dass dafür gesorgt wird dass sie das was sie getan haben nie mehr machen können. Wenn ich nur ein paar Jahrzehnte jünger gewesen wäre, und genauso schwach und unerfahren wie sie..."

Sie lässt die Schlußfolgerungen unausgesprochen. Genauso schaut sie Agelique erst einmal eine Weile stumm an, als sie den Olivenzweig ausstreckt.

"Eure Drohungen vor drei Jahren waren nicht sehr differenziert. Sollte nur ein einziges Kind in Genua oder Umgebung von nun an sterben und auch nur der Hauch des Zweifels an seinem natürlichen Tod die Runde machen, prophezeie ich Euch, dass Ihr alles erdulden werdet, was die Traditionen und die Stille nicht gefährdet und Euch dann wünschen werdet, sterben zu dürfen. Egal, ob ich auch nur in der Nähe gewesen, oder ob es das stattdessen das Werk eines entmenschlichten Ahns, eines traditionenverachtenden Caitiff oder einfach nur eines zufälligen tollen Hundes gewesen wäre, Ihr hättet es mir in die Schuhe geschoben und mich dafür leiden lassen - bis zu dem Punkt wo Ihr Euch dann wünschen werdet, sterben zu dürfen."

Die Kappadokierin macht einen abrupten Themenwechsel.

"Kanntet Ihr überhaupt die Brautleute? Und wisst Ihr, warum ich so viel Geld in diese Eheschließung gesteckt habe? Und dann trotzdem herumgegangen bin und meine Küchlein in meiner Verkleidung als Dienerin verteilt habe, auch wenn ich sicher den höchsten Ehrenplatz neben den Brautleuten und deren Eltern hätte einfordern können?"

[Angelique]

"Ja, das war undifferenziert", gab Angelique zu. Etwas, was wenige Ältere, erst recht nicht jemand wie Ferrucio getan hätte.
"Es war im Zorn gesprochen. Ich höre mir gerne Eure Erklärung an, warum Ihr Drogen an Kinder verteilt und dies wie Giftmischer in harmlose Nahrung verborgen hat.

Ich selbst liebe es, Blut zu trinken, das mit Substanzen angereichert ist, aber würde das nie Sterblichen aufzwingen. Das irritierte mich sehr. Auch waren Eure Worte harsch, was das Leben und Sterben von Kindern angeht. Das jemanden zu sagen, der selbst als Kind ermordet wurde und von dessen Geschwistern viele nicht einmal dieses Alter vergönnt war, ist ... undiplomatisch.

Und glaubt Ihr, Ihr seid allein mit Ether auf dieser Straße, jung, schwach und unerfahren geschändet zu werden?"

Angelique schaute weise, aber eben auf ewig auch das blutjunge Mädchen.

"Und was glaubt Ihr, treibt mich dazu, Schreibergehilfe, Straßenkind und Dirne zu mimen? Was, außer einem Bruch der Stille würde mir das Einfordern meines Status bringen?"

[Allegra Aldighieri]

"Kinder waren gar nicht mein eigentliches Ziel in jener Nacht. Hauptsächlich wollte ich das Mittel unter die Erwachsenen bringen, damit ich - und andere - sich später gütlich an ihnen tun können. Aber wenn ich an Kindern vorbeilief, mit einem Korb voller Süßspeisen, konnte ich sie schlecht vorenthalten.

Tod und Verderben wollte ich aber auf keinen Fall sähen, erst recht nicht in jener Nacht. Dieses Fest war etwas besonderes, und es durfte auf keinen Fall von solcher Tragik überschattet werden."

Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, und ihre Augen nehmen ein begeistertes Leichenstarren an als sie daran zurückdenkt.

"Die meisten Eheschließungen sind eine lieblose Sache, zwischen zwei Menschen die nicht recht zusammen sein wollen, aber sich dem Druck ihrer Eltern beugen und dann lustlos unter ein Dach ziehen.

Hier war es ganz anders - Prada und Buffino lieben sich aufrichtig und innig. Ich hatte mich selbst davon überzeugt - hatte die beiden an einen Ort gebracht, wo niemand sie kannte, und konnte zusehen, wie sie gegenseitig in ihren Augen versunken sind, übereinander hergefallen sind, die Hände nicht von sich lassen konnten..."

Der Blick der Kappadokierin wird zunehmend verträumt, ihre Stimme säuselnd, und unterbewusst fahren ihre Hände über ihren eigenen Körper, als sie die Liebkosungen beschreibt.

"Die Elternhäuser der beiden aber waren gegen die Verbindung. Sie nur ein Dienstmädchen und dazu noch eine Halbwaise, er nur ein einfacher Fischer... Hat mich einige in Bewegung gesetzte Hebel und etliche Silberpfennige gekostet, aber es hat sich am Ende ausgezahlt. Ein Triumph der Liebe, von wahrer, aufrechter Liebe, eines der kostbarsten, seltensten und edelsten Dinge auf dieser Welt. Und doch stets verfolgt und bedroht - außer, Leute wie ich mischen sich ein, die ihren Wert erkennen und schätzen, die wahre Liebe heiligen und ehren, in dieser dunklen, kalten und lustfeindlichen Welt."

Ihr Tonfall wird immer quasseliger und ihr Leichenstarren immer intensiver, als sie sich immer mehr in diesem Nebenaspekt verliert - so sehr, dass sie gar nicht mehr auf den Hauptpunkt zurückkehrt, die Drogen die sie bei der Feier verteilt hatte. Ihre romantische Seite muss völlig besessen gewesen sein von dieser Liebschaft gegen Widerstände.

[Angelique]

Angelique ließ sie reden. Das war interessant.

"Eine ungewöhnliche Sicht auf die Welt", sagte sie schließlich. "Eine, die ich durchaus schätze. Auch ich habe versucht, die Liebe zwischen den Menschen zu fördern.
Aber in erster Linie versuche ich, das Los von Kindern und von Frauen zu verbessern. Mich erzürnt es, dass unser Geschlecht wie halbbeseeltes Vieh angesehen wird, nur dazu da zu gebären, um mehr Männer in die Welt zu bringen.
All meine Bemühungen waren aber eher von flüchtigem Erfolg.
Vielleicht habt Ihr mehr Glück. Allerdings nicht, wenn Ihr offen gegen die Macht des Patriarchats rebelliert. Glaubt mir, ich war da schon.

Aber es gibt noch etwas, was mir Sorge bereitet. Ihr seid eine Grabräuberin. Das ist per se nichts Schlechtes. Aber nur, wenn Ihr heidnische Gräber ihrer Beigaben beraubt.
Ich weiß so einiges über die dunklen Blutkräfte Eurer Linie. Die Idee, dass Ihr Tote ruhelos macht, dreht mir den Magen um. Es genügt Eurer Linie oft nicht, die Sterblichen zu Lebzeiten zu versklaven und zu manipulieren, Ihr macht sie auch nach ihrem oft verfrühten Ende zu Sklaven.

Wenn Ihr mir versprechen würdet, so etwas zu lassen, würde ich Euch sogar für schöne Stücke oder gar Schriften aus heidnischen Grabstätten von Etruskern oder Italern vorchristlicher Zeiten reich entlohnen.
Was Ihr auf keinen Fall tun solltet, da der fanatische Ferrucio und ich uns da ausnahmsweise einig wären, ist das Schänden christlicher Gräber, denn dort gibt es nur Knochen zu holen, da die Beigabensitte verboten ist, und ich weiß, wofür Ihr die braucht. Nigromantia ist die einzige der Wahrsagungen, die ich ablehne."

Angelique wirkte nicht drohend oder verlangend, eher bittend und an die Vernunft appellierend.

[Allegra Aldighieri]

Allegra Lächeln verschwindet und ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen, als die Unterstellungen gegen ihr Blut fallen.

"Ich weiß nicht, was für Kappadokiern Ihr so in all den Jahrzehnten über den Weg gelaufen seid, ehe ich die Domäne betrat. Ich für meinen Teil mache Menschen nicht zu willenlosen Sklaven, die ich wie einen Ackerochsen herumschubse, anpeitsche und, wenn ich ihnen überdrüssig werde, schlachte um einen neuen Ochsen zu kaufen.

Natürlich greife ich auf das Blutsband zurück, schon alleine zu meiner eigenen Sicherheit, wie auch zur körperlichen Sicherheit meiner Gefährten. Aber ich beobachte lange und gründlich, wem ich diese Bürde auferlege, und suche mir nur Menschen aus mit denen auch ohne das Blutsband eine gegenseitige Sympathie besteht. So habe ich bisher erst zwei Blutsdiener erworben, auch wenn ich mehr haben dürfte und sicherlich eigentlich auch bräuchte.
Aber die Blutsdiener, die ich habe, behandle ich ausgesprochen gut, und um sie und ihre Nöte und Sorgen kümmere ich mich auch gut. Sie sind keine bloßen Werkzeuge für mich - sie sind Gefährten, mit denen ich viel Zeit verbringe und die ich darum auch danach ausgewählt habe, dass ich gerne Zeit mit ihnen verbringe.

Wenn Ihr mir nicht glaubt, dürft Ihr Matteo und Esther gerne dazu befragen - und wenn Ihr irgendeinen Mangel bemerkt, den sie mir gegenüber nicht zu offenbaren getrauen, dann bin ich die erste die davon wissen und sich darum kümmern will. Es ist mir sehr, sehr wichtig, dass meine Gefährten gerne bei mir sind und sich in meiner Gegenwart und in meinen Diensten auch wohlfühlen."

Sie macht eine kurze Pause, bei der ein menschlicherer Kainit hörbar durchgeatment hätte.

"Was wandelnde Tote angeht, so erschaffe ich keine und habe auch kein praktisches Interesse an ihnen. Sie sind geistlose Automaten und wandelnde Stillebrüche, ohne ständige Überwachung nutzlos und selbst dann nur zu einfachsten Arbeiten zu gebrauchen. Für meine Arbeit tun es auch gedungene Tagelöhner mit Schaufeln - sie machen das gleiche genauso gut, ohne Probleme für die Stille, für nur ein paar Silberpfennige. Oder, falls Diskretion gefragt sein sollte, meine eigenen unermüdlichen Arme, ihre Muskeln und Sehnen im Bedarfsfall verstärkt mit Blut.

Das, wonach Ihr fragt, ist daher kein großes Opfer für mich. Nehmt Ihr es dennoch an - und mich von Generalverdächtigungen aus, wenn Kinder in und um Genua zu Schaden kommen?"

[Angelique]

"Natürlich", bestätigte Angelique schlicht. "Ich habe, wie gesagt, im Zorn gesprochen. Ich würde Euch nicht ohne Beweise einer solchen Tat beschuldigen.

Ich würde es natürlich begrüßen, wenn Ihr, da Ihr offenbar meine Liebe zu den Sterblichen teilt, über die Konsequenzen vorher nachzusinnen würdet, wenn Ihr wieder Drogen verteilt.

Euer zynischer Kommentar bezüglich des Lebens und des Wohls der Sterblichen ist diametral entgegengesetzt zu der warmherzigen Person, die Ihr nun mir offenbart.
Selbstverständlich gehe ich von in dubio pro reo aus."

[Allegra Aldighieri]

"Bei dem Mittelchen, das ich verteilt habe, könnt Ihr unbesorgt sein. Das verabreiche ich sogar meinen eigenen Blutsdienern, und es hat ihnen noch nie geschadet."

Die Kappadozianerin lächelt.

"Vielleicht sollten wir es beide zusammen einnehmen, um unseren neuen Frieden zu feiern?
Ihr habt mir ja berichtet, dass Ihr Menschen zur Hand habt, die sich freiwillig als Träger darbieten. Darüber würde ich gerne mehr lernen, und das wäre sicher auch in Eurem Interesse wenn ich meine Gewürze nicht ständig arglosen Menschen unterjubeln muss."

[Angelique]

"Äh, nein, so zur Hand habe ich solche Sterblichen nicht. Meine härtesten Drogen setitischer Herkunft hatte ich unabsichtlich genommen und ansonsten ist es eher der Alkohol berauschterJagdbeute.

Meine Art zu jagen ist auch gleichzeitig spiegelnde Strafe für solche Sünder. Ermattete und blutarme Männer, die mich als Beute haben, sind, nachdem ich getrunken habe, lange nicht fähig, andere Kinder zu jagen."

Offenbar sah sie sich angesichts solcher Äußerungen selber wohl noch als Kind.

"Ich denke nicht, dass es gut wäre, wenn wir gemeinsam so einen intimen Trunk teilen, da Ihr ja so protektiv reagiert. Ihr hättet an einer Blutorgie wohl kein Gefallen, wenn ich daran teilhabe. Selbst wenn es bei mir lange her ist, dass ich gemeinsam mit anderen ausgelassen speiste."

[Allegra Aldighieri]

Allegra erstarrt und schaut Angelique mit großen Augen an, als sie von ihrer Jagdmethode berichtet. Sie schweigt einen Moment lang, ehe sie mit warmer, einfühlsamer Stimme spricht*.

"Ich habe nicht gewusst, dass Ihr eure Nacht mit der gezielten Jagd auf diejenigen füllt, die Kinder zu ihrer hilflosen Beute für ihre perversen Gelüste machen. Ich muss da als ein ziemliches Scheusal auf Euch gewirkt haben, als ich meine Küchlein auch an Kinder verteilt habe.

Aber wie ihr hoffentlich an meinem Einsatz für Esther gesehen habt, habe ich selbst eine starke Abneigung gegen Männer, die sich an jungen hilflosen Frauen vergehen, wie ich selbst es noch vor kurzem war. Obschon es nicht meine übliche Jagdmethode ist, Wüstlinge mit meinem Liebreiz zu ködern, sind wir uns in dieser Hinsicht wahrscheinlich recht ähnlich."

*Charisma+Empathie: 1 Erfolg Link

[Angelique]

Angelique lächelte schief. "Hofft lieber nicht, mir ähnlich zu sein.

Nun, immerhin haben wir unsere Missverständnisse geklärt und ich werde mich um die Sache mit den Söldnern kümmern."

Sie schickte sich dann an zu gehen. "Aber genug die Schwelle des Elysiums verdunkelt. Ich werde Euch in Kenntnis setzen, wenn ich Ergebnisse erzielt haben sollte."