[1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

[Dezember '23]
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Tja, warum eigentlich?" Das Mädchen überlegte tatsächlich angestrengt eine Weile. "Ich denke, weil ich immer noch Freunde hier habe und erst gehen will, wenn die alle gestorben sind oder mich verraten haben. Ich werde mich dann wohl nicht umblicken und eine der großen Metropolen wählen, wo mein italisches Haus der Orakel keine Macht hat und ich mit meinen Sprachkenntnissen untertauchen kann.
Ich denke aber, der Engel Malkav hat noch eine Rolle für mich, die ich hier zu spielen habe."

Sie überlegte wieder. "Warum sollte das ein fürchterliches Gefühl sein? Man kennt seine Feinde und ist nicht überrascht, von dem, was sie tun.
Manchmal bin ich überrascht von dem, was Freunde tun. Das ist viel schlimmer.

Was die Wächter angeht, bin ich doch keine Verrückte. Die bewachen meinen Besitz, aber nicht mich persönlich.
Das ist alles nur eine Fassade, die Fassaden verbirgt. Es ist wie Schachspiel. Es ist oft langweilig, wie vorhersehbar manche agieren."
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina wandte ihren Blick kurz zur Stadt, obwohl sie in der Dunkelheit wohl wenig von dem sehen konnte, wonach sie Ausschau hielt. „Ein Haus der Orakel.“, wiederholte sie sich diese Bezeichnung einprägend.

„Züchtigung aus Liebe schmerzt mehr als solche aus Bosheit, hm.“ Es war weniger eine Frage und mehr eine Feststellung. Die Gangrel betrachtete das ausgestoßene, ewige Kind nachdenklich und schwieg dabei.

„Wie ein Schachspiel. Das habt Ihr mit dem wohlwerten Liviu gespielt.“, schlussfolgerte sie und bemerkte ihre Sprache nachdem sie den Gedanken formuliert hatte. „Das hast du mit dem wohlwerten Liviu gespielt. Er hat erzählt, dass er dieses Spiel lehrt.“
Agnellina hatte nicht auch nur den Hauch einer Ahnung davon, was das für ein Spiel sein sollte, doch sie erinnerte sich an die Bezeichnung des Spiels aus dem Mund des Toreadors.
„Hat der nette Mann mit den Stricknadeln dich verraten oder ist er gestorben?“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Weder noch", meinte sie lachend. "Er ist einfach nur weitergezogen. Darum beneide ich die Gangrel sehr. Wenn es ihnen nicht passt, gehen sie einfach und können in den Weiten der Wildnis leben. Einzig die Lupines sind ihre Feinde und mit denen müssen sie nicht mal reden, da sind die Fronten klar.

In der Stadt muss man dagegen mit seinen Feinden plaudern, als seien es Freunde.
Am Bedauernswertesten sind dann diejenigen Gangrel, die mit Leckerlis wie Ämter und Ansehen vom Wolf zum Hofhund gemacht wurden. An den Zwinger der Stadt gewöhnt und auf Kommando Stöckchen holen oder Sitz machen. Was für ein furchtbares Schicksal!

Mich dagegen fesselt Bequemlichkeit an die Stadt. Hier komme ich im Nu an Blut und Bücher und plaudern kann ich auch. Manchmal vermisse ich Leute wie Davide mit seinen Schafen, aber freue mich dann doch, dass die Hure Genua es nicht geschafft hat, sie zu korrumpieren.

Selbst Brimir von den Gangrel war am Ende frei von den Ketten aus Ambition und Ämtern und starb frei wie ein echter Berserker im Kampf. Ich hoffe, er ist jetzt bei seinem Götzen Odin und feiert und kämpft frei bis zum Weltenbrand."
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

„Freiheit ist wichtig.“, murmelte Agnellina zustimmend. Sie merkte sich, was Angelique von den Geschwistern berichtete, aber sagte nichts dazu. Sie war keinem von ihnen begegnet.

Dem Plaudern der Kleinen folgte sie nachdenklich. Ihr fiel der Kontrast auf, mit welchen sie von der Stadt sprach. Aus anderem Munde hatte sie Lobeshymnen gehört, die Stadt als Ort von Freuden und Glanz dargestellt.

„Du möchtest sagen, dass hier kein guter Ort für mich und die meinen ist? Gehen oder sterben. Das ist es, was Genua für mein Blut bedeutet?“

Sie zog die Augen zusammen, taxierte das fröhliche Ding misstrauisch. In ihrem Kopf ging zu viel durcheinander, überlegte sie. Die äußere Erscheinung des Kindes irritierte sie mehr als alle Zeichen des inneren Tieres, welche sie auf den Körpern ihrer Clansgeschwister bisher entdecken konnte. Selbst Harls Erscheinung im Adamskostüm hatte sie nicht gestört. Aber bei Angelique kam sie mit Wissen und Spüren durcheinaner. Ihr Kopf sagte ihr, dass sie kein Kind vor sich hatte und dass das Raubtier darin mit Sicherheit älter war als sie selbst. Ihre Augen und ihr Gefühl sagten ihr etwas anderes. Sie brachte es zur Sprache und versuchte für sich Orientierung zu finden:

„Deine Erscheinung täuscht Auge und Herz. Müsste ich den Kopf vor dir neigen oder gar den Rücken beugen? Also wenn nicht der Stab über dich gebrochen worden wäre.“

Sie blinzelte.

„Blut und Bücher, Plaudern und Stricken. Was strickst du?“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Der Ort ist für niemanden gut. Die Jungen sind für die Alten so viel wert wie trockenes Reisig im Winter und werden entsprechend verheizt."
Sie zuckte mit den Schultern. "Ich habe noch nie Wert auf Unterwürfigkeit gelegt. Vielleicht ist auch deshalb der Stab über mir gebrochen worden.

Manchmal ist es aber so einfach, wie es scheint. Ich werde immer im Herzen ein Kind bleiben, selbst wenn ich noch so viel lerne und nochmal fast zwei Jahrhunderte leben sollte. Denn so bin ich in die Nacht geholt worden. Ein verrücktes Experiment meiner Sire."

Das Mädchen lächelte freudig. "Ich stricke viel, wenn ich nicht weiß, wohin mit meinen Händen und ich nichts schreiben möchte. Halswärmer, Fäustlinge, Beinlinge. Sehr wärmend und bequem. Soll ich dir das beibringen?"
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina wirkte nicht überrascht über die harsche Einschätzung des Wertes der Jungen.

„Ich weiß nicht, warum oder wieso andere etwas tun. Mir hilft es tatsächlich, wenn ich es weiß. Also diese Regeln und Erwartungen. Die Stadt und diese Gesellschaft ist sehr kompliziert. Auf so vieles muss ich achten und vieles ist schwer zu verstehen. Doch das, was du Unterwürfigkeit nennst, diese Gebräuche… sie geben mir Orientierung. Mir macht es das ein wenig leichter, weil ich dadurch weiß, was ich zu tun habe, um es gut zu machen, um das richtige Maß zu finden. In dieser Stadt, mit all den vielen anderen und ihren ganz eigenen Sitten… ist das ein kleiner sicherer Hafen für mich.“

Einige Schritte ging sie weiter über die Steine, mehr hin in Richtung Wasser. Sie kehrte Angelique nicht den Rücken zu, behielt sie im Blick und wartete, ob sie ihr folgen würde. Wieder zupfte sie einige kleine Blütenblättchen und ließ sie von der flachen Hand vom Wind forttragen.

„Nur noch zwei Mal werden die Brombeeren schwarz, bis die Entscheidung fällt, ob ich weiterhin meinen Fuß auf den Boden Genuas setzen darf. Dein Angebot ist freundlich, doch gegenwärtig muss ich meine Hände anders beschäftigen. Ich habe nicht nur deinen Namen bereits vernommen, ich weiß auch um den Zwiespalt. Dieser Edelmut, den du mir gerade zeigst, wurde dir auch nachgesagt und ich möchte weder undankbar noch hochmütig erscheinen. Gleichzeitig wurde ich gewarnt. Vor dir gewarnt oder vielmehr vor deiner Gesellschaft.“

Agnellinas Stimme hatte einen einfühlsamen Ton, wenngleich ihre Worte ungeschliffen von weichen, verhüllenden Freundlichkeiten sagten, was sie meinte.

„Einen Handel mit dir einzugehen und deine Gesellschaft zu pflegen würde mir zum Nachteil gerechnet werden. Ich möchte keineswegs unhöflich oder feindselig zu dir sein, das hast du nicht verdient. Doch noch habe ich nicht erfüllt, was mir aufgetragen wurde und bin nicht sicher.“

Sie sah den Blütenblättern nach, die der Wind mit sich riss.

„Ich würde es mir gern ansehen, was du machst.“
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Die Kleine folgte tatsächlich. Obwohl sie scheinbar sorgenfrei herumhüpfte, hielt sie brav den doppelten Sicherheitsabstand, den Sterbliche zum Wohlfühlen brauchten. Vampire als Raubtieren brauchten einfach mehr Platz, um sich nicht instinktiv bedroht zu fühlen.

"Du musst es ja keinem sagen, dass du dich mit mir abgibst. Mein Turm ist abgeschieden und meine geliebten Vasallenpflegen keinen Umgang nicht mit den missbrauchten Blutsklaven der anderen.

Du kannst also den Turm besuchen, wenn ich da bin. Die meisten Sterblichen dort wissen weder, wem er gehört, noch was wir sind. Also würde ich um Diskretion bitten.
Allerdings tendieren Gangrel es langweilig zu finden, was ich tue. Es hat viel mit Büchern und Schreibhandwerk zu tun."
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

„Nein, das tun sie nicht. Sie kennen sich gar nicht.“, murmelte Agnellina nachdenklich und sah von der Stelle, an der sie eingangs die Blume abgelegt hatte, zum Turm und wieder zurück. So nahe.
Gedanken betrübten ihre klaren Augen, als sie grübelte und diesen Gedanken nachhing. Fahrig zupfte sie weitere Blütenblätter, ließ sie fortwehen. Es dauerte etwas, bis sie sich aus der Innenwelt losriss und Angelique wieder ihre Aufmerksamkeit widmete.

„Zwei Mal reifen die Brombeeren. Dann habe ich Gewissheit und dann kann ich mir deine Strickkünste gern ansehen. Ich bin vorsichtig, ich kenne das Gebot der Stille.“, versicherte sie, als wäre das in irgendeiner Form von der Malkavianerin in Frage gestellt worden. Sie wirkte jedoch nicht beleidigt.
„Wie geht das mit dem Turm? Sie kennen dich nicht, wissen nicht um dich. Wie kann ich dann wissen, ob du zugegen bist und wie nach deiner Person fragen?“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Ach, einfach nur nach dem Schreiberjungen fragen oder dem kleinen Gör. Wenn ich da bin, werden selbst die Uneingeweihten das wissen, die neu sind. Und ich sorge dafür, dass sie immer neu sind. Meine Sergeanten wirst du bald unterscheiden können. Ich sie dir auch jetzt zeigen, wenn du willst.

Den Schreiberjungen oder Pagen braucht eine Söldnertruppe immer. Das ist unverdächtig. Das kleine Mädchen wird manchmal für ein Bastard der Sergeanten gehalten, manchmal für deren Gespielin. Auch sehr normal und unauffällig.

Man trifft mich wenn, dann eher um Mitternacht. Ich mache mich auch rarer, seit die Papisten nach uns suchen. Deshalb kann man auch eine Nachricht für mich dalassen. Am besten was Unverfängliches. Zum Beispiel eine Wölfin, die ihr Welpe abkassieren will. Oder eine Illiterate, die ein Schriftstück lesen oder schreiben lassen will."
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina zögerte eine Weile.

„Ich habe mich oft gefragt, was der Sinn dahinter ist, sich die Sterblichen Untertan zu machen. Bei dir ahne ich zum ersten Mal, dass es manchmal notwendig sein könnte.“

Sie stellte sich den zierlichen Körper der Malkavianerin vor, wie er sich bei der Jagd auf einen ordentlichen Keiler machen würde. Würde der kleiner Körper so eine Portion überhaupt schaffen? Wie käme sie allein unter Sterblichen zurecht? Aber vielleicht sogar besser als sie selbst.
Der Blick der Gangrel bemaß die hohen Mauern, die den Turm bildeten. Stein und schwere Türen.

„Heute Nacht bleibe ich in der Gesellschaft vom Wind.“, entschied Agnellina. „Wenn du mir wen zeigen möchtest, dann unter freiem Himmel.“
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