[1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

[Dezember '23]
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Das Mädchen riss sich vom hypnotischen Bann des Firmaments los. Angelique schaute etwas verblüfft.
"Das habe ich lange nicht gemacht", gab sie zu. "Die Bergwälder werden immer weniger, seit ich sie das letzte Mal sah. Handwerk und Schiffbau und der Hunger nach Weideland beseitigt auch die letzten Gehölze."

Sie lächelte fröhlich. "Aber ich sollte es nutzen, solange es geht. Du hast recht! Wann?"
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina zuckte mit den Schultern.
„Morgen. Nächste Woche. In acht Mondläufen. Irgendwann. Immer. Bis das Laub zum zweiten Mal rot und gelb wird. Bis dahin wann du willst.“
Sie schien ihr keinen besonderen Zeitpunkt vorschreiben zu wollen, sofern er in dem Bereich lag, den sie überblicken konnte.
„Die Sommernächte sind kurz, in der dunklen Zeit kommt man weit. Es läuft sich anders, wenn die Blätter im Wald fallen, als wenn es in den Bergen schüttet. Doch jede Nacht für sich wird gut sein. Wähle du.“

Ihre Augen ruhten auf dem Kinderkörper der älteren, nachdenklich.
„Wenn du dem Wasser bei Maddalena entgegen der Strömung folgst, kommst du nach Luccoli. Kurz zuvor teilt sich der Strom oder vielmehr er fließt dort zusammen. In der Mitte ist der Weg, der durch Luccolli nach Macelli führt. Du kannst dem rechten Strom folgen oder dem Weg, beide treffen sich im Wald erneut. Das wäre ein guter Punkt sich zu begegnen. Es ist ruhig und schön dort und viele Wege sind offen. Wir können dem Morgen entgegen eher dem Weg gen Macelli und darüber hinaus folgen oder wir laufen der Nacht entgegen in das Gebiet des Polcevera.
Versorge die deinen und suche mich auf. Aber ohne sie. Nur du und ich. Ich kann dich auch draußen nahe der Mauer erwarten, wenn sie dich bis dorthin geleiten sollen. Aber laufen möchte ich mit dir allein.“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Das klingt toll! Beim ersten Vollmond im Weinmonat vielleicht?"

Die kleine Malkavianerin wirkte kindlich begeistert von der Idee.

"Ja, es ist zu lange her, dass ich auf Pilgerreise war.
Früher habe ich den sesshaften Vampiren immer vorgeworfen, sie seien Zecken und keine Jäger, wie sie immer selber großspurig behaupten. Und ich selbst bin nun jahrelang so faul und ortsgebunden geworden.
Es wird Zeit, wieder in Freiheit zu laufen! Vielleicht reise ich dann auch wieder weiter. Früher war es Iberien, aber es verlangt mir, nach Ostrom oder gar Jerusalem zu wandern.
Das Fernweh war nur im Winterschlaf, aber du hast es erneut geweckt."
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Vollmond. Ein heller Wald also. Nun, der Meermann hatte ihr erklärt, dass Augen und Ohren der anderen nicht wie die ihren wahren. Das alte Kind war sein Blut, also lag es wohl auch ihr nicht so recht zu sehen und zu hören. Da war ihr die Mondlampe sicher ein erwünschter Begleiter auf unwegsamen Pfaden.
Die Gangrel nickte zustimmend. „Vollmond, wenn die Trauben reif sind.“

Sie hielt inne und lauschte den begeisterten, sich entspinnenden Vorhaben.
„Du willst reisen? Aus der Domäne hinaus?“
Agnellina sah sie skeptisch an.
„Darfst du das denn?“
Der Sonderfall von Angeliques Stellung in der Gesellschaft barg einige Rätsel und Unklarheiten für die Gangrel.

Agnellina zupfte von einer der Blumen in ihrem Arm die letzten Blütenblätter ab und ließ sie mit dem Wind fliegen. Sie sah ihnen nach, wie der Wind sie in die Dunkelheit der Nacht trug und diese sie verschluckte. Dann nahm sie die entkronte Blume aus ihrem Arm, betrachtete sie noch einmal kurz während sich ihre Lippen stumm bewegten, und warf sie über den Klippenrand hinweg ins Meer.
Nach einem kurzen Moment sah sie wieder Angelique an.

„Früher warst du in Iberien? Wie war es dort? Wo ist das? Was hat dich dort besonders beeindruckt oder welchen Schatz hast du dir von dort mitgenommen? Und was hat dich fortgetrieben? Warum Ostrom oder Jerusalem? Was reizt dich daran?“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Ob das darf?", fragte sie irritiert. "Wer sollte mich aufhalten? Außerdem mache ich immer, was mein Herz von mir verlangt, nicht was Älteste befehlen. Nicht mal, was meine Ältesten befahlen."

"Iberien ist schön. Die Sarazenen dort lassen Kunst und Wissenschaft dort erblühen und es färbt auch auf die Christen dort ab. Leider ist dort immer Krieg, noch mehr als hier. Aber der Pilgerort Santiago ist unvergleichlich.
Wissen ist der größte Schatz, den ich von dort mitnahm, und Wissen ist es auch, was ich in den gewaltigen, alten Metropolen des Ostens suche.
Genua hat das nicht zu bieten.
Zudem sind Ostrom und Jerusalem die Zentren des Glaubens. Ostrom hat zweihundert Kirchen und den größten Reliquienhort der Welt und in Jerusalem wandelte der HErr und alle, Juden, Christen und Muselmänner sehen sie als die heiligste Stadt der Welt.
Das zu sehen, das zu fühlen, wäre eine Pflicht für eine Christin wie mich. Selbst wenn es meine Existenz kosten würde, wäre ich dadurch nur dem HErrn näher und meine Mörder IHm ferner."

Die Kleine strahlte dabei eine in sich selbst ruhende Würde aus, als machte es ihr tatsächlich nichts aus, ausgestoßen zu sein.
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina zuckte mit den Schultern auf Angeliques irritierte Gegenfrage. „Ich gebe zu, ich durchschaue das nicht alles. Du bist was Besonderes. Ein Sonderfall. Eine Ausnahme von allen Regeln. Ich weiß, dass der Status etwas mit dem Alter zu tun hat und sich dann ein ganzer Rattenschwanz an Dingen hinterher zieht, was und wie und anderes, was damit zusammen hängt.“
Die Finger der Gangrel zuckten, malten kleine Kreise in die Luft.
„Auch unter ausstoßen kann ich mir etwas vorstellen. So irgendwie. Aber alles andere… da komme ich zu einer Menge Fragen, die sicher furchtbar töricht klingen und es sind. Wie eben, ob du das darfst.“

Die nächste Blume wurde von den farbigen Blütenblättern befreit und diese dem Wind übergeben, bevor sie, nach einem längeren Blick und stummen Worten, ins Meer segelte.

„Die heiligste Stadt der Welt.“, wiederholte sie die Bezeichnung nachdenklich.
„Was uns als Menschen am Tage gewärmt hat, das ist nun eine Gefahr für uns, der wir umsichtig begegnen müssen.“
Von der Melodie der Worte her waren es fremde, die Agnellina gegeben wurden.
„Das liebe Gesicht der Sonne wie auch die umarmende Wärme des Feuers, aber auch die tröstende Gesellschaft der Kirche sind solche Gefahren. Eine Stadt mit zweihundert Kirchen und eine Stadt mit derartig vielen Glaubensbrüdern - das klingt nach sehr viel erforderlicher Umsicht. Wenns schon in Genua so schwer ist, dass selbst ein wohlwerter Vasall…“
Sie sah auf die verbliebenen Blumen in ihrem Arm hinab.

„Die Sarazenen.“ Agnellina knüpfte an eine Erinnerung an. „Der wohlwerte Asim hat mir von den Sarazenen erzählt. Ihrer auffälligen Kleidung. Wie ein Verband um den Kopf, aber ohne Verwundung. Sie sind Krieger und Landbesetzer. Aber von Kunst oder Wissen hat er nichts erwähnt. Nur von Krieg und Schlachten.“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

"Das ist schade, dass er nur auf Krieg und Eroberung sich konzentriert hat. Die wenigsten von ihnen sind Krieger in den großen Städten. Bei den nomadischen Stämmen, von denen Roya Teil ist, ist das anders. Überhaupt gibt es mehr unterschiedliche Völker und Sprachen unter ihnen, als das Abendland bei sich kennt. Und noch mehr Unterschiede in der Kleidung. So unterschiedlich wie ein Normanne von einem Ungarn wäre.

Manche Reiche von ihnen mögen den Krieg so sehr nicht, dass sie ihn komplett in die Hände von Sklavenkriegern barbarischer Völker oder von Söldnern legen. Dadurch können selbst Sklaven zu höchsten Ämten und Ehren kommen.

Manche von ihnen sind friedfertige Schöngeister wie Gabriel, manche sabbernde Fanatiker wie Ferrucio. Und sie haben unterschiedliche Ansichten über den wahren Glauben.

Kurz, sie sind Menschen, wie wir es einst waren. Aus ihrer Sicht, sind wir die kriegslüsternen Barbaren, denn so wie wir nur ihre Piraten und Krieger kennen und nicht ihre Gelehrten und Künstler, so kennen auch sie nur unsere schlimmsten Vertreter unseres Glaubens, Schlächter und Fanatiker."

Sie lächelte. "Ja, wir sind von der Gemeinschaft der Menschen und GOtt entfernt durch Kains und unsere eigene Hybris. Aber auch wir sind SEIne Kinder und haben unseren Platz in der Welt. ER hätte Kain vernichten können, aber tat es nicht. Es besteht also Hoffnung."
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

„Oder es war nur das, was bei mir übrig blieb. Er sprach auch von Sklaverei, doch wir lernten uns erst kennen und vielleicht erzählt er mir auch anderes, wenn ich bessere Fragen zu stellen weiß. Deine Schwester hat mir von den Bergen und der Weite erzählt. Von dem dürren Land, aus dem sie kommt. Aber ich wusste nicht, dass sie auch zu seinem Volk gehört. Asim sprach von Sizilien, aber Roya vom Land hinter dem Meer und nannte es Djelfi oder so ähnlich. Sie spricht ganz anders.“

Den Zungenschlag der Neugeborenen hatte sie mitbekommen, doch keine Verbindung zu Asim gezogen. Wie auch, dieser sprach tatsächlich ganz anders und war ihr vor allem durch seine Kleidung als fremdländisch aufgefallen.
Ihr Blick ging nachdenklich zur Spitze von Turm.

„Kannst du von dort oben bis dorthin sehen? Zur Heimat deiner Geschwister? Nach Korsika oder zu Royas Bergen?“

Agnellina wiegte nachdenklich den Kopf.

„Das hätte er, er hätte ihn vernichten können. Aber warum hätte er es tun sollen? Kain hat ihm das Wertvollste und Liebste geopfert, was er hatte. Und Gott ist bei Abel nicht eingeschritten, wie er es bei Isaak tat. Also besteht gar kein Zweifel an Hoffnung.“
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Angelique
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Angelique »

Die keine Vampirin lachte. "Nein, selbst von da oben kann ich nicht so weit schauen."
Ihr Lachen wirkte aber etwas gequält. "Noch nicht...", flüsterte sie.

Laut aber deutete sie zum Horizont. "Die Welt ist eine Kugel und Afrika und Korsika liegen hinter der Wölbung, selbst von meinem Turm aus gesehen. Außerdem ist es, je weiter man schauen kann, selbst bei klarstem Wetter, diesig wie bei Nebel, so als würde die Luft sich eintrüben.
Ein Wunder, das auch ich nicht verstehe."

Zu den Unterschieden zwischen Roya und Asim nickte sie. "Roya kommt aus dem Reich der Almoraviden des nordwestlichen Afrikas und Asim aus dem Reich der Fatimiden. Das sind so unterschiedliche Stämme, wie es, sagen wir, slawische Barbaren und unsere sächsischen Herrscher sind. Und deren Geschichte und Herrschaftswechsel sind so kompliziert wie die unseren. Einzig der Glaube eint sie und das nicht gut. Sie sind so zerstritten über die Auslegung ihrer heiligen Schrift wie Ferrucio und ich über die Bibel."

Aber zu der gewagten Auslegung von Kain und Gott hob sie eine Braue. "Menschen würden das für höchste Häresie halten, was du da sagst. Wer verbreitet so einen GOtteslästerlichen Unsinn? Ferrucio?"
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Agnellina
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Re: [1088] Jägerinnen [Agnellina, Angelique]

Beitrag von Agnellina »

Während Angelique erzählte, schickte die Gangrel die nächste kahl gezupfte Blume auf die Reise hinab ins Meer. Fünf weitere lagen noch in ihrem Arm. Sie sah, bis auf die kurzen Momente, in denen sie die Blütenblätter fliegen und den Stiel fallen ließ, Angelique an und schien ihren Erklärungen sehr aufmerksam zu folgen, wenngleich sie wenig beizutragen wusste.

Das Heben der Braue bemerkte sie und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
„Es lag nicht in meiner Absicht zu lästern oder so. Und… ich weiß, wie die Geschichte eigentlich war. Wie die Priester sie erzählen. Ich mag die Version der Geschichte, die ich in der Nacht gehört habe. Die ist irgendwie… Ist egal. Du hast sicher recht. Ich will besser bedenken, was ich sage.
Den verehrten Ferrucio kenne ich nicht.“
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