[1088] Quellwasser [Atessa, Harl]

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Harl
Malkavianer
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[1088] Quellwasser [Atessa, Harl]

Beitrag von Harl »

Ravecca. Oder vielleicht schon Mascharana? Es duftet nach Ravecca, süße Erinnerungen an Haine mit Obstbäumen von einst, an Wein und Lavendel. Staub im Wind, Gelächter aus Gärten, Hinterhöfen, geöffneten Fenstern. Und wenn der Wind sich dreht, erinnert er einen daran, dass Clavicula nie sehr weit weg ist. Der Geruch der Gosse bleibt kleben, wenn man ihn einmal kennen gelernt hat.

Harl sitzt auf einer Bank am Rande eines kleinen Brunnenplatzes. Er trägt eine Tunika, die ihm passt, und Beinlinge, die die richtige Länge haben. Er hat sogar Sandalen an seinen Füßen, doch den festen Vorsatz, diese schnellstmöglich wieder los zu werden, sobald die Gegend nicht mehr danach verlangt, sie zu tragen. Er hatte im Leben auch keine gehabt. Was er im Leben gehabt hatte und jetzt wieder, war ein lässig um den Kopf geschlungenes Tuch und einen geflochtenen Gürtel um seine Hüften. Er sah aus als würde er in eine Gegend wie diese gehören und beinahe fühlte er sich auch so. Seesalz trocknet weiß und grau auf seiner Haut, in den Haaren und im Bart, doch das ist er gewöhnt.

Er lauscht und er atmet die Gerüche ein. Ein Mann direkt neben ihm auf der Bank, der an einem kleinen Stück Bein herumschnitzt, Schweiß, Knochenstaub und etwas wie …Flachs. Ein Schneider, vielleicht? Vom Brunnen her riecht es feucht und dunkel, kühl und ein wenig bitter. So nah am Meer und so sehr in der Stadt hat auch Brunnenwasser seinen eigenen Geschmack. Jemand in der Nähe hat Fladen gebacken, Getreidemehl, nicht Kastanien wie bei armen Leuten. Da ist auch noch mehr hinein gebacken. Zwiebeln vielleicht? Rosmarin? Harl schnuppert die Luft und der Mann neben ihm erzählt eine Geschichte vom Tag. Erzählt sie einem anderen, der eine Bank weiter sitzt. Sie scheinen Harl nicht zu bemerken, doch Harl findet sich gerade auch kaum bemerkenswert. Es ist fast so als gehöre er hier hin.

Es riecht auch nach …etwas Süßem. Wein, Honig.. Nein, etwas anderes. Wieder riecht er den Wind und hofft, dass die Brise bleibt. Interessant.

Und dann setzt sie ein. Musik.
Es trifft ihn wie …nein, kein Schlag. Es ist nicht so eine Musik, die Schläge hat, mit Trommeln und Schellen. Es ist eine Musik, die perlt wie Tau und fließt wie Quellwasser. Er hat nicht gemerkt wie er aufgestanden ist, doch da steht er. Und dann folgt er ihr und dem süßen Duft, denn beides kommt aus derselben Richtung. Er folgt, denn selten sind Töne so klar dasselbe wie ein Gefühl auf der Haut, Sommerregen, weich und erlösend.

Auf einmal ist er in einem Schankraum. Da sind Frauen und Männer, einer hübscher als die nächste, und da ist ein alter Mann, der auf einem Instrument spielt, das Harl noch nie gesehen hat. Es sieht aus wie …wie ein Torbogen, doch kleiner, kunstvoll geschwungen. Und damit der Wind sich in diesem Tor fängt, sind darin Saiten gespannt, atemberaubend fein und dünn. Der alte Mann hat Hände, die tanzen können, die nicht einmal zögern oder stocken. Sie fließen über die Saiten und das sieht so aus wie es klingt und klingt so wie es sich anfühlt, wie dieser Sommerregen.

Harl sitzt auf einmal auf einer Bastmatte nahe bei dem alten Mann. Die Musik hat sich verändert, hat die weichen Tropfen verloren. Doch dafür blühen neue Klänge, die…
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

Harl (Beschreibung)
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Atessa Federizzi
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Re: [1088] Quellwasser [Atessa, Harl]

Beitrag von Atessa Federizzi »

...vom Leben erzählen. Von Leidenschaft, Lust, Freude und Freiheit.
Die geschmeidigen, schlanken Finger, die so gar nicht zu dem alten Körper des Musikers passen, tanzen, ja tollten regelrecht wie junge Rehe über die Saiten und schienen den Raum regelrecht aufblühen zu lassen.
Immer mehr Füße wippten, immer mehr Köpfe nickten und da, ein erstes Klatschen im Takt.
Der Alte lächelte vergnügt, schien er doch die Wirkung, die seine Kunst auf die Menschen hatte, mehr zu lieben als alles andere.

Wild und frei blieb der Rhythmus, ein Hoch auf das Leben und all der Freude, die es bringt. Und selbst die, die auf der Schwelle zum Reich der Träume oder der körperlichen Liebe standen, schien der Takt in die Glieder zu fahren.

Süßer, würziger und nach einem Hauch von etwas anderem duftender Wein schwappte auf den Boden, während Mägde sich durch die Reihen schlängelten und dort nachschenkten, wo der Wunsch bestand. Dieser Abend würde sich lohnen, wie immer, wenn der alte Harfner aufspielte. Der Wirt schien mehr als zufrieden, so zufrieden gar, dass er dem einen oder anderen etwas mehr vom Traumsaft in den Wein mischte. Was gute Laune so alles möglich machte...

Die Leute deren Beine noch nicht den Geist aufgegeben hatten, begannen ausgelassen zu tanzen und so mengte sich noch mehr Geruch von Schweiß in die Luft, als es in diesem Etablissement eh schon der Fall war. Die hübschen Mädchen und Jungen wussten, in welchen Nächten sie ausgezeichnete Geschäfte mit ihrer Dienstleistung machen konnten und dies war eine dieser Nächte. Sie krallten sich die Willigen, und verschwanden mit ihnen hinter die dicken Vorhänge, die die Sicht auf die Alkoven des Hauptraumes verbargen.

Dies war eine dieser Nächte, über die man sich noch lange im Fiore di Papavero schwelgen würde.

Da fiel die zierliche Gestalt an der Theke des Raumes kaum auf, die mit einem zufriedenen Grinsen das Treiben überblickte und dennoch niemandem in die Augen zu schauen schien, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie Interesse hatte. Dafür war wohl später noch Zeit.
Atessa wollte den Eindruck des Abends trinken, bevor sie sich einer warmen Kehle widmen würde...
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Harl
Malkavianer
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Registriert: Mo 4. Sep 2023, 15:53

Re: [1088] Quellwasser [Atessa, Harl]

Beitrag von Harl »

Und Harl tanzt. Er tanzt wie einer, der besessen ist. Wie einer, dessen Körper aus Musik gemacht ist, denn so fühlt es sich an. Er kennt die Tanzschritte und so beginnt es, mit allen anderen, in Reigen und Rund, Tanz und Abklatsch, die bekannten Schritte, luft-leicht ohne das Gewicht von allen Wasser über ihm, erdschwer ohne die Leichtigkeit des Körpers im Wasser. Er bäumt sich auf gegen diese Schwere, springt und dreht sich, dreht sich um andere, lässt andere sich um ihn drehen. Und in alledem hört er sie, diese Musik, die pulsiert wie reines Leben, Vitae in Klängen, Takt wie Pulsschlag, die Hände des Harfners wie das verflochtene, pulsierende Herz des Moments.

Harl tanzt biegsam und flink, unermüdlich und leicht. Die Sandalen hat er gleich zu Beginn verloren, vielleicht irgendwem überlassen, der seine schon durchgelaufen hat. Er will sie eh nie wieder tragen. Er wiegt sich in der Musik, biegt sich wie Seegras in der Strömung, springt und perlt wie Quellwasser über Felsen.

Und für diesen Moment von in Klängen gegossenem Leben vergisst er alles andere und trinkt die Musik.


Mit Spezi: Geschick + körperlicher Vortrag: 10 9 7 7 10 4 <- 7 Erfolge
“We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far.” - Lovecraft (The Call of Cthulhu)

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