[Fluff] Reitstunde [Atessa, Roya]

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Roya
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Registriert: Do 20. Apr 2023, 23:00

[Fluff] Reitstunde [Atessa, Roya]

Beitrag von Roya »

Die Luft in jener Nacht war lau und durchtränkt vom Geruch des Frühlings, der den Winter langsam zurückgeschlagen hatte. Der Mond stand in seiner vollen Scheibe hoch am Himmelzelt und erhellte den beiden Reitern ihren Weg in Richtung Genua. Ihrer beider Haut war dunkel. Dunkler, als die der meisten Einheimischen. Und doch war sie nichts Ungewöhnliches für eine Hafenstadt, an der viele Schiffe aus fern und nah anlegten, um ihre Waren dort zu verschiffen und zu löschen. Jene, jedoch kamen vom Osten her, ihre langen, dunklen Gewänder wallten im Wind ihres Rittes, welcher erst langsamer wurde, als die neue Stadtmauer in Sicht kam.

Mit einer geschmeidigen Bewegung stieg die Reiterin des helleren Pferdes ab, streichelte es beruhigend, bevor sie diesem einen Schutz über die Augen legte, wie Reiter es taten, um die empfindsamen Sehorgane ihrer Tiere vor Plagegeistern zu schützen. Ihre eigene Kleidung war durchtränkt von Schmutz und Dreck, als hätte das kräftig gebaute Pferd sie auf ihrem Weg zur Stadt abgeworfen und sie im Vorfeld keine Möglichkeit gefunden, ihre Kleidung zu wechseln oder sich zu waschen.

Der junge Mann, der sie begleitete und noch immer hoch erhaben auf seinem Reittier saß, machte dagegen einen gepflegten und gebildeten Eindruck. Ein Händler womöglich oder Jemand der den Händlern zur Seite stand bei ihren Geschäften. Womöglich ihr Sohn, so sie früh schwanger geworden war. Oder sie war seine Dienerin, die sich um die Erziehung und Pflege seines kostbaren Gutes kümmerte.

Im Gegensatz zu ihr, war er auf einem dunklen Pferd geritten, welches zwar etwas größer als das helle, aber weitaus schmaler und eleganter in seiner Statur wirkte. Auch befand sich auf diesem Pferd ein dunkler Sattel, welches dem Helleren fehlte, als wäre es noch nicht so weit, mit diesem geritten zu werden. Oder aber die Reiterin brauchte nicht mehr, als die dreckige Decke, die sie als Reitunterlage nutzte und das Seil, welches ihr als Halfter diente.

Während Roya sich um das hellere Pferd kümmerte, wanderten ihrer beider Augen über die Gegend, hin in Richtung der Stadtmauer in der Ferne, an welcher sie für die heutige Nacht, Gesellschaft erwarteten.

Die zwei Gestalten kamen geradewegs auf die Tore zu, die Köpfe unter Kapuzen verborgen. Doch wer genauer hinsah, hätte vermuten können, dass zumindest eine davon eine Frau war. Die Kleinere der beiden Personen schritt direkt auf einen der Torwächter zu, wechselte mit selbigen ein paar Worte und irgendwie, wie beiläufig, wechselte ein kleines Säckchen den Besitzer. Der Inhalt klang verdächtig nach dem Klimpern von Silber. Wenige Augenblicke später öffnete sich das Tor ein Stück und die verdeckten Gestalten huschten hindurch.

Die Kleinere blieb nach einigen Metern stehen, schien sich zu orientieren und begab sich dann mit ihrer Begleitung in Richtung der Pferde, die in einiger Entfernung zu warten schienen. Vermutlich war es dem Mond zu verdanken, dass sie die Tiere gesehen hatte. Während sie vorlief, schlug Atessa die Kapuze zurück, befreite ihre Haare und legte den Reisemantel ab. Ihr Kleid war durchaus schlicht gehalten, ein simpler Braunton und eine einfache Schärpe. Nur die wellenartige dunkelbraune Stickerei erinnerte an den persönlichen Stil der Rose. Ihre Begleitung, die den Reisemantel ihrer Herrin übernommen hatte, blieb stets einige Schritte hinter der Toreador und auch hier fiel bei näherem Hinsehen auf, dass sich unter dem Mantel eine Frau verbarg.

Als Atessa das Mondkind bei dem helleren Tier erkannte, hob sie die Hand zum Gruß, bevor ihr Blick kurz zu Royas Begleitung wanderte. Sie musterte den jungen Reiter. Ein Gefolgsmann? Ihre Aufmerksamkeit fiel auf die Malkavianerin zurück. „Die Nacht und dieser wunderbare Mond zum Gruße, werte… Lehrerin.“ Sie lächelte charmant, während ihr Blick über die verdreckte Kleidung Royas huschte. Wie bedauerlich es doch war…

Die Malkavianerin war bereits einige Schritte der Toreador entgegen gegangen, als sie diese erblickt hatte, die Pferde etwas abseits zurücklassend, ebenso wie den Reiter, der sie begleitet hatte und der sich in diesem Moment, um diese bemühte. Roya derweil kam dem Nicken ihrer Reitschülerin zuvor. Etwas tiefer ausgeführt, denn sie, bevor Roya auf Atessas Worte hin lächelte. „Willkommen, wohlwerte… Reiterin. Möge uns der Mond den Weg in dieser Nacht erhellen.“ Ihre Stimme war noch immer trocken und kratzig wie zuvor, doch waren ihre Worte zunehmend fließender geworden, als sie mehr und mehr die Sprache beherrschte. „Ich hoffe du bist bereit für einen kleinen Ritt?“ Dann wanderten Royas graue Augen kurz auf die Frau bei der Rose, bevor sie zurück zu Atessa fanden, deren Kleidungswahl begutachtend.

Roya konnte ein oder zwei Strähnen langen rötlichen Haares erkennen und generell wirkte die Figur der Verhüllten… hm… muskulöser? Sie hielt den Blick gesengt doch ihr Kopf drehte sich ab und an zu den Seiten, als wolle sie sicher gehen, dass da niemand kam.

Die junge Rose streckte sich demonstrativ bei Royas Frage. „Aber gewiss doch! Ich freue mich schon auf diese Erfahrung. Wer bewundert sie nicht, die strammen Reiter auf ihren muskulösen Tieren. Ich bin gespannt, wie es sich wohl anfühlen mag!“ Wenngleich die Rose nicht davon ausging, dass sie eine gleichermaßen gute Figur machen würde, wie all die Reiter, die sie schon von nah und fern begutachten durfte. „Ich nehme an eure Begleitung bleibt, wie meine auch, zurück?”

Dann ging ihr Blick zu den Tieren. Wunderschön… „Gehören sie euch?“ Vermutlich schloss sie in die Frage den fremden Reiter gleich mit ein. Die Rose wirkte gelöster als in der Stadt oder gar im Elysium, fast schon aufgeregt!

Royas graue Augen funkelten, als sie dem Blick der Rose gefolgt war und mit einem stolzen Lächeln nickte sie bestätigend, bevor sie zu Atessa zurückblickte. „Ja.“ Der Reiter ließ beinahe verlegen seine Augen sinken, bevor er dem Wink der Malkavianerin folgte, absaß und sich vorsichtig der kleinen Gruppe näherte, das Hellere der beiden Pferde angebunden zurücklassend, das Dunklere führend, bevor er es an Roya übergab, die das Pferd liebevoll am Hals kraulte, als dieses Atessa beäugte.

„Zdan wird dir aufhelfen.“ Dieser nickte und verbeugte sich vor der Toreador, um ihr seine gefalteten Hände als Steighilfe zu offerieren. Derweil wanderte die andere Hand der Malkavianerin unter ihre Stofflagen, als sie einen Apfel herauszog und ihn mit langgestrecktem Arm der Rose darbot. „Aber zuvor gib ihr den.“ Roya wartete ab, bis die Toreador diesen entgegengenommen hatte, bevor sie ihre Hand drehte, um zu zeigen, wie sie diesen halten sollte. Das Pferd derweil blickte neugierig zwischen ihrem Halter und der Fremden hin und her, seinen Kopf in Richtung der Rose schwenkend.

Schweigend nahm sie den Apfel, musterte ihn kurz und polierte ihn dann fast beiläufig an ihrem schlichten, braunen Kleid. Wie das Mondkind es vorgemacht hatte, platzierte sie das Obst auf ihrer Hand und hielt diese vorsichtig dem riesigen Schädel der Stute entgegen. Warme Luft kam ihr aus den Nüstern entgegen, als das Tier den Kopf nach dem Kleinod ausstreckte und die frische Leckerei aus der leblosen Hand der Toreador nahm. Sie war ohne Scheu, was die Rose durchaus überraschte.

Das Maul der Braunen war weich und ebenfalls warm und Atessa kam nicht umhin, die Hand nach dem schlanken Hals auszustrecken und über das dichte Fell zu streichen. Für einen winzigen Augenblick hatte diese Szene beinahe etwas Menschliches. Das genüssliche Schmatzen des Tieres und das Mahlen des großen Kiefers holte die Rose jedoch zurück in die Wirklichkeit und sie straffte sich. Scheinbar hatte das Fluchttier das Raubtier akzeptiert - wie widersinnig. Aber vielleicht waren Pferde ebenso gelehrig wie manch andere Tiere? Schließlich war ihre Herrin ebenfalls wie sie, ein Monster.

Sie drehte sich zum Diener Royas und stellte den Fuß auf seine helfenden Hände. Sie hatte mehr als nur einmal gesehen, wie man auf ein Pferd kam, aber zwischen Theorie und Praxis lagen nun mal Welten. Und so kam es, dass ihr Versuch deutlich länger brauchte und deutlich uneleganter aussah, als sie sich das Aufsitzen selbst ausgemalt hatte. Immerhin war sie klug genug gewesen, um Beinlinge unter ihrem Rock zu tragen. Atessa mühte sich auf den Rücken des Tieres und schaffte es irgendwie ein Bein über die andere Seite zu bekommen und dann, ja dann saß sie tatsächlich und blickte sich etwas ratlos um, bevor ihr Blick auf Roya landete. „Das wäre dann wohl geschafft.” Und sie saß nicht mal rücklings auf dem Pferd.

Roya sah dem ganzen Schauspiel interessiert zu, während sie ihr Pferd ruhig hielt und schmunzelte nur, als die Rose letztlich ihr Bein über das Pferd schlug. „Mir gefällt deine Selbstsicherheit.“ Zdan, der sittsam seine Augen von der fremden Frau gesenkt gehalten und diese nicht angesehen hatte, erhob sich und sah zu Roya, die ihm zunickte und leise zuraunte. „Pass gut auf die Begleitung meiner Schülerin auf solange wir weg sind. So sie möchte, geht etwas mit dem Pferd in der Nähe spazieren. Wir sind in ein paar Stunden zurück.“ Zdan erwiderte das Nicken mit einer Berührung auf seinem Herzen und seiner Stirn, bevor er einladend in Richtung der Begleitung schritt.

Roya dagegen sah erneut zu der Toreador auf und lächelte sie an. „So ich denke, wir gehen ein paar Schritte langsam, ja, so du kannst dich an das Gefühl gewöhnen?! Versuche aufrecht zu sitzen. Deine Schultern locker und entspannt. Die Arme nahe deinem Körper fallen lassen, ja?! Nicht davor und nicht zu weit davon weg. Deine Hüfte folgt der Bewegung des Pferdes. Und nicht mit den Knien versuchen festzuhalten, ja?!“

Fragend sah die Malkavianerin zu der Rose auf, ob diese verstanden hatte, was sie gesagt hatte und ob diese bereit war. Dann setzte sie sich in Bewegung und wendete das Pferd in einem großen Bogen über die Wiesen schreitend, so sich die Rose zu Beginn noch zu unsicher fühlte, aber auch, um das andere Pferd zu meiden, bevor sie entlang des Weges von der Stadt mit ihr weggehen würde. Entspannt das Pferd neben ihr führend, immer wieder einen Blick zu Atessa nach oben werfend, um sich zu versichern, dass es ihr gut ging, sie mit leisen Anweisungen beruhigend führend und korrigierend.

Atessa lächelte der Malkavianerin zu. „Wir werden sehen, wie selbstsicher ich in ein paar Stunden bin.“ Sie kicherte vergnügt, während ihr Po auf dem Rücken der Stute hin und her rutschte, um sich an die seltsame, warme Struktur zwischen ihren Beinen zu gewöhnen. Dennoch schien die Rose vergnügt. Aufmerksam lauschte sie den Worten Royas und ahmte das nach, was sie ihr erklärte. Gerader Sitz, lockere Schultern und Arme.

Nachdem das Pferd sich unter der Führung des Mondkindes langsam in Bewegung gesetzt hatte, versuchte Atessa den Rhythmus mit ihrer Hüfte zu finden, zu halten, mitzugehen. Eine Bewegung, die ihr nicht ganz unbekannt war - zumindest in einem anderen Kontext. Nur die Perspektive auf die Welt war eine gänzlich andere. Es hatte eine gewisse Erhabenheit und sie genoss es in vollen Zügen.

„Gestattet mir die Fragen einer Unwissenden: wie hält man sich denn nun hier fest und wie lenkt man dieses Ding überhaupt?“ Sie sah runter zu Roya, während sie sich noch immer an den Bewegungsablauf anzupassen schien, und wartete auf die Antwort. Dann schob sie direkt noch eine Frage hinterher. „Und wie häufig lehrt ihr den Unsrigen das Reiten?”

Roya lächelte zu Atessa auf und schmeichelte ihr. „Nie einem so von Natur aus Begabtem wie dir.“ Die Malkavianerin musterte zufrieden die Rose von unten herauf und schenkte ihr ein anerkennendes Nicken. Dann hob sie ihre dunkle Hand und berührte ganz ohne Scheu den Stoff des Kleides der Toreador, der über ihrem Oberschenkel lag.

„Du lenkst hiermit.“ Sie drückte leicht gegen ihr Bein, worauf hin das Pferd zur Seite auswich und mit ihm, die Rose auf dessen Rücken. Roya schmunzelte nach oben und klopfte dem Tier sacht gegen den Hals. „Du siehst, ja?!“ Fragend sah sie zu Atessa. „Drück nicht zu fest. Nur ganz sacht. Das Tier spürt dich. Es braucht keine Gewalt, so du im Einklang mit ihm bist.“

„Und das Festhalten.“ Ihr Blick wanderte über den Körper der Toreador. „Wieso willst du dich festhalten?! Du hältst dich doch auch nicht auf einem Schemel fest, oder?!“ Die Malkavianerin schmunzelte bei der Feststellung, bevor sie auf die Beine der Rose nickte. „Du kannst deine Hände entspannt auf deine Oberschenkel ablegen so du magst. Solang dein Körper frei zwischen deinen Armen schwingen kann, ist es gut.“

Roya musterte weiterhin zufrieden die Bewegungen Atessas auf dem Pferd, lobte sie und korrigierte nur leicht hier und da ihre Haltung, bevor sie nach einiger Zeit erklärte. „Sehr gut. Nun wir werden etwas schneller, ja?!“ Die Malkavianerin gab der Rose Zeit die Information zu verarbeiten. Dann ließ sie das Führungsseil zunehmend länger werden, wodurch sich der Abstand zwischen ihnen vergrößerte und Roya zunehmend in der Dunkelheit verschwand, während das Pferd begann sich in einem weiten Kreis um sie im Zentrum zu bewegen, immer schneller werdend, als fremdartige Worte aus der Dunkelheit der Nacht erklangen.
Am Ende einer Nacht sollten deine Füße dreckig sein, dein Haar zerzaust und deine Augen leuchten.
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