[1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Agnellina
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Re: [1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Beitrag von Agnellina »

Sie grübelte über seine Worte nach. Schließlich seufzte sie. Ob sie dabei eine Erkenntnis hatte oder nur mehr Fragen, wurde nicht deutlich. Vielmehr wurde sie wieder etwas aktiver. Agnellina streckte - sehr langsam und auf Anzeichen von Ablehnung dazu achtend, die sie wohl bremsen würde - ihre Hand aus und griff langsam in den Sand am ihr zugewandten Rand seines Tisches. Die Mosaiksteinchen fasste sie nicht an. Ihre Finger zogen ein kleines Sandhügelchen zusammen, als würde sie von einem festen Teig eine einzelne Portion abdrehen wollen.
„Herr, ich bewundere ehrlich, was Eure Hände schaffen. Doch ich bin nicht sicher, ob ich Euch richtig verstehe. Ihr arbeitet mit Steinen, mit Sand. Ja, Ihr beginnt von vorn, wenn etwas misslingt.“
Sie drückte das Hügelchen platt, hielt kurz inne und zog den Sand erneut zusammen. Erneut drückte es platt. Sanfte Bewegungen, kontinuierlich.
„Wieder und wieder, bis es Euren Ansprüchen genügt. Es erfordert Ausdauer, wenn man etwas herstellen möchte. Ich halte mich für ausdauernd.“
Nachdenklich wiederholte sie diese Bewegung aus Sandhügelchen hochziehen, innehalten und plätten einige Male.
Dann holte sie die Federn hervor, die er ihr vorhin gegeben hatte. Sie wählte die kleinste aus, steckte die anderen zurück. Agnellina zog mit den Fingern erneut kleinen Sandhügel zusammen und steckte die kleine Feder schräg hinein.
„Steine und Sand. Wunderschöne Steine. Was ist mit Leben?“
Behutsam drückte sie wieder auf den Sand, ebnete die Feder in den Haufen mit sanftem Druck ein. Als sie die Hand wegnahm, lag das Federchen halb begraben. Sie zog es mit spitzen Fingern am Kiel heraus und einzelne Sandkörner fielen von den Fahnen.
„Seid Ihr ein Zauberer, Herr? Könnt Ihr dabei auch von vorn beginnen? Atmen und Seele zurück geben?“
Die Gangrel steckte die Feder wieder ein. Sein Lächeln fand eine kleine, schüchterne Erwiderung.
„Woran erkennt man unnötige Muster?“
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Gabriel Ducas
Brujah
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Re: [1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

Gabriel beobachtete ruhig, wie Agnellina ihre Gedanken formulierte und sich langsam, aber beharrlich, durch ihre Fragen arbeitete. Ihre Handlung mit dem Sand und der Feder zeigte ihm ihren inneren Prozess und ihr Verständnis von Ausdauer und Wandel. Als sie ihn schließlich nach seinem Verständnis von unnötigen Mustern fragte, antwortete er bedächtig „Unnötige Muster sind jene, die uns einschränken, die uns hindern, zu wachsen und zu verändern. Sie sind wie Ketten, die uns an vergangene Wege binden und uns daran hindern, neue zu erkunden. Manchmal sind es Überzeugungen, die uns begrenzen, manchmal Gewohnheiten, die uns stagnieren lassen.“ Gabriel legte eine Pause ein, während er über ihre Frage nachdachte. „Ja, vielleicht bin ich in gewisser Weise ein Zauberer, wie du es nennst.“ nachdenklich legte er den Kopf schräg und legte in einem anderen Mosaik, welches kein Symbol sondern ein weiteres kleines Mosaik in der Mitte zierte, ein paar Steine an und fuhr währenddessen fort. „Aber sicher nicht im traditionellen Sinne. Besitzen wir nicht alle die Fähigkeit, uns selbst und unsere Umgebung neu zu gestalten?“ mit fragend Blick sah der Gelehrte nun wieder auf. „Müssen wir nicht alle manchmal von vorn anzufangen? Können wir in diesem Prozess der Schöpfung Seelen zurückgewinnen?“

Sein Blick ruhte freundlich auf ihr, während er fortfuhr: „Versteh mich nicht falsch. Wandel bedeutet nicht immer, alles zu zerstören und neu zu erschaffen. Manchmal ist es nur eine subtile Verschiebung, eine Anpassung, eine Verbesserung. Wir können lernen, unnötige Muster zu erkennen, indem wir achtsam sind, uns selbst und unsere Handlungen reflektieren und offen sind für Veränderungen.“ bedächtig faltete er die Hände auf der Tischkante. „Hast du also etwas zerstört? Was willst du tun um es in Zukunft nicht noch einmal soweit kommen zu lassen? Welche Lehre ziehst du daraus? Welches Muster wirst du daraus legen?“
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Agnellina
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Re: [1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Beitrag von Agnellina »

Ein bitterer Zug legte sich auf ihr Gesicht, als er auf ihr Vergehen zurück kam. Ihre Finger glätteten rasch den zerwühlten Sand und stellten den Ursprungszustand wieder her. Dann putzte sie die Hände aneinander ab und strich sich am Verband haftende Sandkörner ab, sodass sie wieder bei den anderen landeten und nicht zu Boden rieselten.

“Ich kann nicht zaubern. Ich konnte die Leben nicht zurück geben.“

Die Stimme war leise. Ihr Blick war gesenkt. Die Augen sahen in den Sand oder wohl eher hindurch, sahen Bilder in der Erinnerung ablaufen, welche die Gangrel nicht sehen wollte. Es war nach wie vor frisch und sie würde wohl noch einige Zeit daran zu knabbern haben.

“Ich will niemanden Kummer machen. Ich will mich beherrschen.“, wiederholte sie gegen ein Ersticken der Stimme ankämpfend.
“Ich muss besser werden. Kräftiger. Zäher. Mehr aushalten. Was ich ertragen kann, muss es nicht für mich ertragen.“
Sich für den ewigen Kampf rüsten. Der ewige Gedanke des Wettrüstens, der Weg in einer Welt voller Raubtiere am Leben zu bleiben.
“Umsichtiger sein. Konzentriert. Vermeiden, noch einmal in so eine Situation zu kommen, wenn es geht. Niemand deckt einem den Rücken in der Stadt. Gewahr sein, wo ich bin. Augen auf. Der Wolf muss sich den Bach ansehen, bevor er das Ferkel hinein tunkt. Er muss die Mühle bemerken, bevor ihm das Schaufelrad auf seinen Kopf knallt.“
Ihre Analogiewelt in der Sprache klang durch, gab den Warnungen einen bildhaften Anstrich ohne an Ernsthaftigkeit in der Stimme zu verlieren. Die Bilder waren eindrücklicher für sie und wohl auch besser zu ertragen, als kalte Worte der Realität, bei denen sie von einem Unbekannten sprechen musste, der sie so sehr in Bedrängnis gebracht hatte, dass sie die Besinnung verlor.
“Herausfinden, wie man denken lernt. Denken lernen.“ Die inneren Notizen waren gesetzt. “Sehen, was es mit dem anderen Teil macht.“
Ein Berg von Vorhaben vor sich. Neben all dem anderen, was sie beschäftigte. Agnellina gab sich auf jeden Fall nicht dem Müßiggang hin.

“Herr, hab Ihr über die Sühne nachgedacht?“ Auch dieses Damoklesschwert fühlte sie noch über sich schweben.
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Gabriel Ducas
Brujah
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Re: [1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Beitrag von Gabriel Ducas »

„Ich respektiere deinen Willen und ich werde deinen Rücken in der Stadt decken.“ bemerkte Gabriel ruhig und legte eine feine Linie von einem Mosaik mit einem Wolf zu einem anderen in dem Münzen zu sehen waren.

„So wie du mit der verehrten Drita gesprochen hast werden wir gemeinsam aufbrechen. Ich gebe dir Bescheid, wenn du mich begleiten kannst und du wirst mit niemandem darüber sprechen. Was deine Sühne angeht…“ nachdenklich fuhr er sich durch den Bart und das kratzende Geräusch war für einen Moment wohl das einzige was man in der Kammer vernehmen konnte, währenddessen überflog der Brujah noch einmal das Mosaik ehe er sich wieder der Frau vor ihm widmete und mit einem freundlichen lächelnd sagte. „Als Sterne am nächtlichen Himmel leuchten die Prinzipien der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, selbst wenn wir nicht die Macht haben, die Pfade der Sühne zu lenken.“ er wirkte, vielleicht zum ersten Mal zufrieden. „Während wir die Lehren aus unseren Taten ziehen um unser Gleichgewicht zu bewahren liegt der Pfad der Sühne in den Händen der Ältesten.“ noch einmal lächelte er kurz und sah zu Agnellina. „Doch vielleicht solltest du etwas tun um dir selbst zu vergeben. Ich kann dir nur raten deinen Groll gegen dich und auch gegen den werten Tankred zu begraben.“
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Agnellina
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Re: [1089] Gewissensbisse sind der Nachtisch der Sünde [Agnellina, Gabriel]

Beitrag von Agnellina »

Zunächst nickte Agnellina schlicht - verstehend oder gehorsam oder einfach zustimmend. Sie würde seinem Ruf folgen und sie würde schweigen.

„Ich werde das Gespräch mit dem wohlwerten Tankred suchen und ihn bitten, dass er mir erklärt, was ich nicht verstehe. Ich messe vielleicht mit zweierlei Maß an mir selbst. Es sind verschiedene Dinge für mich, aber vielleicht nicht für ihn.“, lenkte sie bei diesem Thema ein.

Als sie sich verabschiedete, wirkte sie… nun, nicht unbedingt erleichtert. Aber aufgebaut. Die gedrückte Stimmung hatte sich auf jeden Fall aufgehellt und ihr Lächeln war nicht nur von Dankbarkeit, sondern auch von Zuversicht erfüllt.
Nun hatte sie einen Blick für das Bild das Bildnis des Baumes im Vorraum und auch draußen warf sie einen nachdenklich-prüfenden Blick in den Nachthimmel. Wer wusste schon, ob es ausschließlich im übertragenen oder doch auch im tatsächlichen Sinne gemeint war, was er von den Sternen erwähnte.



Zusammenfassung: Agnellina sucht Gabriel Ducas in seiner Funktion als Herold auf. Bereits innerlich gewiss, dass sie ihre Probezeit nicht bestanden hat, legt sie ihm ihre Versündigung gegen die Gästen auferlegten Regeln dar. Das intensive Gespräch der beiden nimmt einen ganz anderen Ausgang als von ihr erwartet.
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