[1089] Lehren der Anderen [La Strega, Gabriel]

[Gabriel Ducas]

Es war ein schöner Sommer und der süße Duft von Zitronen zog durch Mascharana. Irgendwo in diesem Dickicht, das wohl mal der Garten der Villa Fiori gewesen sein musste, standen wohl einige dieser Bäume und wirkten beinahe wie ein Lufterfrischer, wenn man aus den tiefer gelegeneren Sestieri kam. Gabriel saß, diesmal nicht in einem der Zimmer, sondern in der Eingangshalle. Auf der, ihm gegenüberliegenden Seite, stand ein weiterer freier Stuhl, deutlich bequemer als der Hocker auf dem der Brujah saß und nachdenklich das große Bodenmosaik betrachtete. Mit dem Rücken, angelehnt an die Wand hinter ihm und dem Blick nach unten gerichtet, schien er abwesend zu sein und vertrieb sich die Zeit.

Doch es war nicht Müßiggang. Vielmehr wartete der Handwerker auf einen Gast. Jemand mit dem er noch nie gesprochen hatte, obwohl diese Person länger in der Domäne verweilte als er. Gabriel hatte sie eingeladen sich das Werk ihres Clansbruders anzusehen aber auch um mit ihr über die Erfüllung der ihr gestellten Aufgabe zu sprechen. Den Haken für diese, weitere Kontrolle, hatte er innerlich bereits gesetzt und es blieb abzuwarten, ob er nicht in Zukunft auch die Neugeborenen befragen müsste, welche ebenfalls vor ihm nach Genua gekommen waren. So war es also persönliches Interesse als auch Pflicht, sich mit La Strega zu treffen.

[La Strega]

Die alte Strega hatte sich nicht sonderlich über die Einladung gewundert und generell brauchte es aber auch nicht sonderlich viel, um ihre Neugier zu wecken.

So war sie im Schutze der Dunkelheit und im Verborgenen durch die Macht ihres Blutes zur Villa Fiori geschlichen. Und trotzdem hatte sie sich immer wieder umgesehen und hatte auch für mindestens eine halbe Stunde den Eingang der Villa Fiori aus dem Schatten heraus beobachtet. Sie wollte vermeiden, dass irgendwer sie beobachtete, wenn sie den Herren Gabriel besuchte.

So sie der Meinung war, dass die Luft rein war, wackelte die alte Frau, gehüllt in mehrere Lagen Lumpen, die alle Körperstellen bedeckten außer ihrem Gesicht, gestützt auf einen alten Stecken als Krücke in Richtung der Tür und Klopfte drei Mal kräftig dagegen.

[Gabriel Ducas]

Das Tor zum Garten war einen Spalt offen, so dass die alte Verborgene hindurch schlüpfen konnte, als diese dann schließlich an der Tür zur Villa klopfte ertönte von innen die Stimme des Brujah „Tretet ein.“ sagte er in ruhiger Stimme und wandte seinen nachdenklichen Blick interessiert in Richtung der Tür.

Eine einzelne Böe ließ einen nahegelegenen Fensterladen wackeln, doch ansonsten war die Nacht ruhig und die Villa menschenleer. Das Gesinde, welches Tagsüber die Villa bewirtschaftete, war noch nicht wieder eingekehrt und fristete sein Dasein, in einem etwas entfernt stehenden Anbau. Sobald sie die Tür öffnen würde, konnte sie dahinter das aus unterschiedlichsten Materialien gefertigte Mosaik sehen. An einer Wand lehnte ein meisterhaft gearbeiteter Stuhl, während der Brujah diesem gegenüber auf einem einfachen Holzschemel saß und den eintretenden Gast mit einem Nicken begrüßte. „Bitte setzt euch.“ mit einer Hand wies der Herold auf den Stuhl und wartete ab, bis die Tür wieder geschlossen und der Gast sich gesetzt hatte.

[La Strega]

La Strega öffnete die Tür und trat in die Eingangshalle. Ihre Bewegungen wirkten unbeholfen und wackelig, so wie man es bei einer alten und gebrechlichen Frau erwarten würde. Die kleine Gebeugte Gestalt der Nosferatu hielt einen Moment inne, in dem sie die Details des Raumes erfasste. Dann schlüpfte sie durch die Tür uns schloss sie hinter sich, bevor sie sich humpelnd auf den Stuhl zubewegte.
Eine der in die Wand eingelassenen Öllampen am Eingang, an der die Hexe vorüber hinkte begann merkwürdig zu flackern und zu knistern, so als würden Regentropfen in die Flammen fallen. Die Flamme beruhigte sich aber wieder, als sie sich von ihr entfernte und am Stuhl ankam.

Sie verbeugte sich tief vor dem Brujah und ihre Bewegungen erschienen so unsicher, so dass man befürchten musste, dass sie jeden Moment vorne überkippte.

"Mein Herr....danke für die Einladung."

Dann folgte sie seine Weisung und kletterte umständlich und bemitleidenswert auf den Stuhl, auf dem sie dann Platz nahm. Sie rutschte mit ihrem Hintern etwas hin und her, um die rechte Sitzposition zu erhalten. Sie lächelte und und gluckste vergnügt, als sie die Bequemlichkeit des Stuhls feststellte...offenbar saß sie noch nie auf so einem bequemen Stuhl. Dann blickte sie Gabriel an und ihr Ausdruck wechselte zu einem reuevollen schüchternen Lächeln...unsicher, ob sie gerade etwas unhöfliches getan hatte.

[Gabriel Ducas]

Der Brujah verfolgte entspannt, wie es sich die alte Vettel auf dem Stuhl bequem machte und lächelte. „Wir sind unter uns. Ich bin Gabriel.“ korrigierte er höflich mit einem sanften Nicken. „Nichts zu danken. Als Herold der Domäne möchte ich alle Neugeborenen sprechen.“ erläuterte Gabriel mit ruhiger Stimme und deutete auf das Mosaik. „Zunächst möchte ihre höchst verehrte Majestät über den Stand der erteilten Aufgabe informiert werden. Ich möchte das alle die Möglichkeit haben am Gedeihen der Domäne teilzuhaben um auch persönlich zu wachsen.“ nur kurz huschten die Augen zu einem Prediger auf dem Kunstwerk, welchen er missmutig ansah. „Wie auf dem Hoftag gesagt, halte ich nichts von Vorverurteilungen“ nun betrachtete er die alte Strega einen Moment.

„Bitte. Erzählt mir doch von euch und dem Fortschritt der euch gestellten Aufgabe und eure Fürsprecher. Lasst uns ein wenig besser kennen lernen. Vielleicht findet sich etwas, was ich für euch tun kann?“

[La Strega]

"Nun denn, mein Herr Gabriel..."

Sagte sie und neigte noch einmal den Kopf, was sie ein wenig kleiner machte auf dem Stuhl. Dann stierte sie den Brujah mit unverhohlener Neugier an.

Als sie Gabriel von der Aufgabe sprechen hörte zuckten ihre Augen nervös umher und sie leckte sich in einer unbewussten Geste der Beschwichtigung über die Lippen und Grinste schief.

"Nun....ähm...was die Aufgabe angeht. Ich suche noch nach einem Kapitän, der vertrauensvoll oder einfältig genug ist, um eine Nachricht an meinen Erzeuger nach Nizza zu bringen ohne sie selbst zu öffnen. So etwas ist immer sehr heikel. Ich selbst reise sehr ungern, denn die wenigen, die ich gemacht habe, sind bis auf eine Ausnahme nicht gut verlaufen."

Sei wirkte ein wenig verlegen.

"Was meine Fürsprecher angeht....nun ich befürchte die sind nicht mehr in Genua oder verschwunden. Der alte Godeoc hat für mich gesprochen und die gute Achilla. Ein Jammer dass die Brut so sehr geschrumpft ist seit dem Pakt der Asche."

Sie wirkte ehrlich betrübt und versank für einen Augenblick in nachdenkliche Stille bevor sie wieder realisierte wo sie war und bei wem.

"Also ja...ich bin die Strega. So werde ich von allen genannt und so handhabe ich es für mich selbst. Warum ich diesen Namen trage...nunja. Ich verstehe mich auf einige Tinkturen und Salben, die bei dem ein oder anderen Wehwehchen helfen. Für viele Huren der Stadt bin ich eine Engelsmacherin, um die ungewollten Früchte ihrer Arbeit loszuwerden. Manches Mal sind es auch verzweifelte Töchter aus adligen Familien, die einen romantischen Fehltritt mit einem strammen Burschen zu vertuschen suchen...ja ja ... so verdinge ich mich... . Dabei gehe ich der Kirche und ihren Pfaffen so gut es geht aus dem Weg. Und ja, wenn man so alt wird wie ich in sterblichen Tagen und etwas von Kräutern, Heilung und andrem kram versteht...da kommen schonmal Gerüchte auf."

Sie kicherte und gluckste vergnügt.

[Gabriel Ducas]

„Nun es ist ja nun auch untersagt, in den Kirchen zu jagen. So gibt es noch einen Grund weniger sich dort nicht sehen zu lassen.“ antwortete Gabriel beiläufig und schien sowohl den Gotteshäusern als auch den Pfaffen, wenig Bedeutung beizumessen. „Doch wie steht es um euren Glauben? Wie haltet ihr das Tier im Zaum? Teilt ihr die Ansicht in Genua seien einige Wege verpönt? Verboten? Oder gar missachtet?“ tatsächlich entspannte sich die sonst so steife Haltung und der Brujah schien in Plauderlaune zu sein.

Vielleicht ganz im Gegensatz zu sonstigen öffentlichen Veranstaltungen oder zu dem, was die Verborgene vielleicht erwartet hätte, schien der Brujah weder Anstoß an ihrem Äußeren noch ihrem Verhalten zu nehmen. Nachdenklich fuhr er sich bei ihrer Antwort zu der Aufgabe durch den Bart. „Warum einfältig?“ war die einzige kurze Frage die er zunächst stellte, sie dabei beobachtete und schließlich ergänzte. „Ihr müsst verstehen, dass ich ihrer höchst verehrten Majestät Rückmeldung zum Stand der Aufgabe machen muss…“ ein kurzes geschäftiges Lächeln huschte über die Lippen des Handwerkers. Vermutlich war auch das, wie alles in der Nacht, verhandelbar.

[La Strega]

Sie verengte ihre Augen ein wenig und schien über ihre Antwort nachzudenken.

"Ich beruhige mein Tier, in dem ich nicht müde werde nach dem zu suchen, was ich noch nicht gesehen, gehört oder gelesen habe. Manchmal sind das Orte, meistens sind es Geheimnisse und Wissen...was manchmal auch einige als verpönt, verboten ansehen...aber die meisten missachten. Wie steht es um Euch, Herr...was werft Ihr Eurem Tier vor, um es im Zaum zu halten?"

Sie wirkte bei der Frage recht neugierig und schien sich durch den Plauderton ermuntert zu fühlen, diese Frage zu stellen.

"Wenn ich einen Brief schreibe, muss ich ja damit rechnen, dass man den Brief öffnet und gelesen wird. Und das von Augen, die nicht wissen sollten, was dort geschrieben steht. Die meisten Kapitäne sind zu gerissen und verschlagen, dass ich ihnen ein Versprechen nicht abkaufe...und einfältige Kapitäne sind selten."

Sie zögerte bevor sie zum letzten Teil der Antwort des Brujah kam. Sie faltete die Hände in ihrem Schoß.

"Was könnte ich denn für Euch tun, damit Euer Bericht meine Aufgabe betreffend ein wenig wohlwollender ausfällt?"

[Gabriel Ducas]

„Ordnung.“ antwortete Gabriel sachlich und ruhig. Wenn es auch für einen Brujah vielleicht merkwürdig klang. „Wenn man das Tier nicht unnötig reizt, ist es zwar ein Teil von uns aber nicht der Teil.“ mit nachdenklicher Miene sah er zu der alten Verborgenen. „Das was ihr jedoch beschreibt klingt durchaus interessant.“ nachdenklich fuhr er sich durch den Bart und schien die Schilderung ihres Umgangs mit ihrem inneren Tier nicht zu verurteilen. Es schien vielmehr sein Interesse zu wecken.

„Es freut mich, dass ihr nicht dem Irrglauben aufgesessen seid, ich würde andere Wege verdammen.“ mit einer Hand wies er nun auf das Mosaik zwischen ihnen. „Viele Missverständnisse unter unsereins könnten vermutlich vermieden werden, wenn wir nur ein besseres Verständnis für unser Gegenüber hätten.“ nun richtete der Herold seine Aufmerksamkeit wieder auf die Nosferatu. „Mein Wort gilt. Zwar habe ich mich öffentlich entschuldigt. Aber nicht widerrufen. Ich stelle mich auch vor jene, die anderen Wegen folgen. Sofern ich überzeugt von ihrem Nutzen bin.“ erinnerte er sie mit ernster Stimme an seinen Disput mit Ferrucio auf dem Hoftag.

„Demnach könnten wir Dinge tauschen, die für andere verpönt oder verboten sind. Wissen. Eure Kooperation wird sicher Gehör finden.“ beinahe verschmitzt grinste er. Endlich jemand der Handeln versteht. „Was den Brief angeht. Ich pflege stets gute Beziehungen zu den euren. Daher biete ich euch meine Hilfe an.“ kurz kratzte er sich im Bart. „Im Gegenzug die Herstellung stabiler Kontakte, könnte ich sicher ein Schiff finden, welches euer Schreiben überbringt und vielleicht ergeben sich von da weitere Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch.“ erneut glitt der Blick über das Mosaik und blieb bei einer Gestalt mit einer Krone hängen. „…immerhin enden die Aufgaben für die höchst verehrte Majestät nie…“ sprach er leise zu sich selbst aber auch vielsagend für La Strega.

[La Strega]

Sie folgte seiner Hand und betrachtete das Mosaik auf dem Boden genau, während sie seinen Worten aufmerksam lauschte.

"Abgemacht..."

Nickte sie nach einer Weile und sah den Herold wieder an mit einem Lächeln aus einer Gruselgeschichte für Kinder.

"...darüber hinaus hätte ich eine weitere Bitte, die mit diesem Schiff, das Ihr finden werdet, vorzüglich gleichzeitig erledigt werden könnte. Könnte dieses Schiff mir aus Nizza etwas mitbringen? Etwas, das für viele sehr unbedeutend und dort überall zu finden ist?"