[1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
Antworten
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

[1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Die Nacht hatte Vincente nach Flussmund geführt.
Er hatte einmal raus aus der Stadt gemusst, war ihm der Lärm und der Dreck doch zu viel geworden. In Genua war immer etwas los – es gab immer etwas zu sehen, zu erleben. Hinzu kamen willige, betrunkene Leiber, deren Blut eine immer währende Versuchung darstellten. Wie sollte man da widerstehen, wo einem das Betören stets umgab und lockte? Welch Sünder könnte da lange standhaft bleiben? Und doch musste er es!

Also hatte er sich auf den Weg gemacht und das Meer hatte ihn schließlich in Flussmund an Land gespült. Und nun erfreute er sich daran, den Ort zu erkunden. Er schlich durch Straßen, huschte um Hausecken und fand Zuflucht auf einem Friedhof.

Ah, Ruhe wie man sie nur bei den Toten finden konnte!

Er suchte sich ein hübsches Grab, dessen Erde noch weich war und einen angenehmen Sitzplatz abgab. Er legte sich darauf und genoss das Bad im Mondschein. Diese Stille! Musik wie sie nur die Kinder der Nacht zu machen wussten!
Benutzeravatar
Gris de Galard
Ventrue
Beiträge: 177
Registriert: So 8. Okt 2023, 15:55

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Gris de Galard »

In Genua war immer etwas los. Dort gab es etwas zu sehen und zu erleben. Ein Paradies für Sünder. Und er saß hier. In Flussmund. Einem Ort, der nicht einmal eine Hölle war, sondern einfach nur ein Pfuhl voller Langeweile, Eintönigkeit und Belanglosigkeit. Gesprenkelt mit guten Christenmenschen.
Dass er nicht längst schon wieder in seine Heimat zurückgezogen war, hing einzig und allein daran, dass sie Clermont in genau so einen Ort verwandeln wollten. Na gut, und an der Reise über diese grauenerregen kalten Alpen.

Und so schlenderte er nun über das einzige an diesem Ort, was ihm gehörte: Der Friedhof. Am nächsten Tag würde einer der Männer des Dorfs beerdigt werden und er hatte die letzten Angelegenheiten mit Bertrand besprochen. Es kam wenig Arbeit herein, also musste die wenigen Begräbnisse gut werden.

Er mochte Friedhöfe. Hatte sie schon immer gemocht. Die Ruhe, die Würde, die Furcht, die andere dort empfanden... Das Mondlicht, dass über die Kreuze streichelte und die Schatten, die sich auf den Gräbern abzeichneten...
Schatten? Hatte er da wirklich gerade etwas gesehen? Auf dem Grab der alten Donatella?

Die aristokratisch geschhwungenen Augenbrauen zogen sich zusammen, als er näher trat. Langsam und leise schritt er zwischen den Gräbern heran, wie jemand mit genug Routine, auf Terrain wie diesem.
Da lag wirklich ein Mann auf dem Grab einer alten Frau. Unwillkürlich drangen Gris' Fänge aus seinem Zahnfleisch, als ihn Wut in einem heißen Schwall überflutete. Das hier war sein Revier.

"Wisst ihr nicht, dass Teufel diejenigen in die Gräber ziehen, die nachts die Ruhe der Toten stören?" Die Stimme war angenehm, samtig beinahe, doch es lag der Ton eines Raubtiers darin. Eines, das wenig Verständnis für das Liegen auf seinen Gräbern hatte.
"Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben." - Paulus von Tarsus, Römerbrief 5,12
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente ließ die Augen geschlossen und hielt das Gesicht noch ein wenig länger ins Mondlicht. Da musste jemand sehr töricht sein, wenn er auf einem Friedhof nicht einfach seiner Wege ging. Suchte da jemand Streit? Oder gar den Tod? Auf einem Friedhof konnte man sicher beides finden...

Er seufzte innerlich. So oder so, vorerst schien es mit der Ruhe vorbei. Er öffnete ein Auge und funkelte zu dem Fremden hinüber. Betrachtete ihn nicht unfreundlich, aber abschätzend, soweit es die Nacht zuließ. Nun, vielleicht würde es ein angenehmer Zeitvertreib. Ein katerhaftes Grinsen legte sich auf sein Gesicht.

Demonstrativ sah er sich um, ganz so als wäre er selbst überrascht sich auf einem Grab räkelnd wiederzufinden. Und dabei gestört zu werden. Er schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln. „Seid versichert, dass...“, Vincente blickte hinter sich, um den Namen des Ruhenden zu lesen, „...Donatella sich mit einen weitaus schlechteren...Gefährten ihr letztes Bett teilen könnte. Und bisher haben sich die Damen über … ein wenig nächtliche Störung … noch nicht bei mir beschwert.“ Er grinste vielsagend. „Und vor den Teufeln habe ich keine Angst. Die haben den Schoß der Erde verlassen. Und wandeln längst unter uns.“ Sein Blick glitt an dem Fremden auf und ab, blieb an Kleinigkeiten hängen, wie etwa Zierwerk oder ein zu gut ausgefülltes Kleidungsstück. Als sein Blick wieder das Gesicht erreichte, fügte er hinzu: „Und wozu zählt ihr euch? Doch nicht etwa zu den Teufeln?“ Seine Stimme ließ bei dieser letzten Frage nicht erkennen, über was für eine Antwort er sich mehr freuen würde...
Benutzeravatar
Gris de Galard
Ventrue
Beiträge: 177
Registriert: So 8. Okt 2023, 15:55

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Gris de Galard »

Eine sehr aristokratisch geschwungene Braue wanderte nach oben, während ein Lächeln sich auch ein hübsches Gesicht stahl. Es war ein überraschend amüsiertes Lächeln, wenn man bedachte, dass sein Besitzer gerade jemanden auf einem frischen Grab erwischt hatte. Und dennoch lag eine Spur Raubtier darin. Das hier würde solange amüsant bleiben, solang der Mann auf dem Grab amüsant blieb.

"Sagt das nicht Donatellas Mann. Er ist der Schmied hier.", erwiderte er ruhig und ging in die Hocke um mit Fingerspitzen, die wohl noch nie schwer hatten arbeiten müssen, über die weiche, feuchte Erde zu streichen. Seine Augen hatten im Mondlicht die Farbe eines Himmels auf dem sich ein Sturm zusammenbraute. Der Kommentar mit den Damen ließ ihn schmunzeln, doch er überging ihn wie ein Kavalier, wie der er fraglos aussah.

Erst der Hinweis auf die Teufel brachte ihn zum lachen. Ein heiseres, aber angenehmes Lachen, das die Nacht ein wenig wärmer machte. Er war ein junger Bursche, vielleicht hatte er die 20 gerade so überschritten. Sein braunes Haar war verwegen zerzaust. Er schien weder Krieger noch Handwerker, in keinster Weise zerschunden und doch im besten Zustand, in dem ein junger Mann sich befinden konnte. Vermutlich hatte er edles Geblüt, was nicht nur in seinem feinen Gesicht und der vornehmen Blässe spiegelte, doch vor allem in der makellosen dunklen Kleidung, die beinahe mit der Nacht verschmolz. Darin lag wie in einem See aus Schatten eine goldene Fiebel, ein Rabe dessen rotes Auge im Mondschein wild funkelte. Teuer und dennoch ohne jede Sorge getragen.

"Ein Teufel?", wiederholte er mit einem spöttischen Grinsen und schnalzte beinahe abwehrend mit der Zunge. "Was wäre das für eine plumpe Existenz? Nur die ganze Nacht Menschen verschlingen. Im Bösesein dem Guten dienen." Er seufzte. Scheinbar gelangweilt allein von dieser Vorstellung. "Wie langweilig. Ich widme mich spannenderem."
Nun war es an ihm, sein Gegenüber kritisch zu mustern, ihn einschätzen zu versuchen. "Seid ihr spannender, Fremder der auf Gräbern liegt?"
"Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben." - Paulus von Tarsus, Römerbrief 5,12
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Ahhhh, Schmied“, sagte Vincente und seine Stimme nahm einen sehr verträumten Ton an. „Ich kannte mal einen Schmied und ich sage euch... so wie der hat kaum je einer ein Feuer zu entfachen vermocht!“ Seine Finger strichen sich durch den Bart. „Das ganze Gehämmer... und Gestoße... und Geblase... Noch Nächte später hat mich alleine der Gedanke zum Glühen gebracht!“ Er klopfte liebevoll auf die Graberde. „Ich hoffe für die gute Donatella, dass ihr Schmied bei ihr exzellente Arbeit geleistet hat.“ Dann kicherte er wie ein Schulbub, der zum ersten mal sieht wie ein Hund einen anderen bestieg.

Vincente ließ den Fremden bei seinen Worten nie ganz aus den Augen. Er war in zu vielen Tavernen gewesen, um nicht zu wissen, dass eine Situation sehr schnell von Scherz zu Streit wechseln konnte. Dennoch konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er hinzufügte: „Schmied hin oder her, ich bin mir sicher, dass Donatella nichts dagegen gehabt hätte, wenn jemand von eurem Schlag ihr Feuer entfacht hätte.“

Vincente registrierte, dass der Fremde nicht so zerschunden war, wie das bei der gemeinen Bevölkerung bei einem Mann mit seinen Jahren zu erwarten war. Dazu die gute Kleidung und das Schmuckstück. Vielleicht ein niederer Adelssohn oder Sohn eines reichen Kaufmanns, der meinte Nachts alleine herumziehen zu können, ohne dass es ihn das Leben kosten würde. Jedenfalls kein Bauer oder Handwerker. Vielleicht ein Schreiber? Oder hatte da jemand seine Bewacher abgeschüttelt, weil er sich zu einem Weib stehlen wollte? Ihn einzuordnen war wahrlich nicht einfach...

Vincente blickte kurz auf seine eigene Kleidung, die vom vielen Tragen weich war. Der Stoff zeugte noch immer von guter Qualität, auch wenn er hier und da schon einmal ausgebessert worden war. Es erweckte den Eindruck, dass dies nicht etwa geschah, weil er sich neue Kleidung nicht leisten konnte, sondern eher, weil er sie gerade erst gekauft und sich schon wenige Tage später aus Versehen ein Loch hineingerissen hatte. Insgesamt wirkte Vincente wie jemand, der sich durchaus für sein Äußeres interessierte, der jedoch auch wusste, dass schöne Dinge bei ihm nie lange hielten.

„Das habt ihr nett ausgedrückt. Im Bösesein dem Guten dienen, damit hätte auch der letzte Strolch noch eine Berechtigung. Aber lasst das die Priester nicht hören, ich bin sicher, dass sie euch sonst an den Scheiterhaufen bringen. Tugend ist derzeit ja so... in Mode...“

Ein Lachen, dass wie ein in einem Fass hin und her geworfener Hund klang, entrang sich seinem Körper. „Ob ich spannend bin? Das will ich wohl meinen. Aber vielleicht findet ihr ja jeden Abend einen Fremden, der sich zu den Toten aufs Bett legt.“ Er machte eine Handbewegung, mit der er die Szenerie einfing. „In dem Fall, verzeiht, dass mein Anblick weder spannend noch ungewöhnlich ist.“ Intelligente Augen blickten in die des Fremden. „In dem Fall stellt sich natürlich die Frage, was ihr so Spannendes zu treiben pflegt...“
Benutzeravatar
Gris de Galard
Ventrue
Beiträge: 177
Registriert: So 8. Okt 2023, 15:55

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Gris de Galard »

Der junge König schmunzelte und schien sich ein wenig zu entspannen. Doch nur oberflächlich. Unter der Oberfläche blieb noch immer die Wachsamkeit eines Raubtiers. "Zumindest ich hörte keine Klagen über das Glühen in ihren Gedanken." Er grinste leicht und musterte sein Gegenüber noch einmal aufmerksamer. Seine Worte schienen ihn über etwas nachdenken lassen. Zumindest schien es erfreulich.

In der Hocke dauerte er auf das Kompliment hin eine Verneigung. "Es freut mich, dass ich keinen Zweifel an meinen Schmiedefähigkeiten lasse.", erwiderte er und ließ es klingen als tauschten sie als Edelmänner gerade höfliche Komplimente auf einem königlichem Empfang aus. "Auch wenn ich es nur zurück geben kann. Ihr seht aus, als wüsstet ihr gut, wie man Feuer entfacht und damit umgeht."

Hätte ihn jemand einen niedrigen Adeligen gescholten, wäre wohl bald einiges in Flammen gestanden, doch da er die Gedanken des Fremden nicht kannte, lächelte er nur und musterte ihn milde. Gute Kleidung und ein gutes Aussehen, aber ohne gewollt zu wirken. Er schien lässig mit seinem Habe umzugehen. Das konnte Gris durchaus anerkennen.

Dann lachte er, als ihm mit dem Priester gedroht wurde. Ein erheitertes Lächeln, in dem dennoch eine Spur Düsternis lag. Eine, die einer verdorbenen Seele vielleicht angenehme Schauer über den Rücken laufen ließ. "Oh keine Sorge", grinste er. Hübsch und verdorben. "Ihr seht nicht aus wie ein Pfaffe und wer nachts über einen Friedhof streicht, hat selten Frommes im Sinn."
Und weiter lachte er und schüttelte den Kopf. "Oh keine Sorge, ihr seid bis jetzt eine Rarität.", beruhigte er ihn und legte den Kopf schief. "Was ich spannendes treibe? Außer meine Nächte auf Friedhöfen zu verbringen? Nun ... zuletzt habe ich die Alpen überquert, seitdem bin ich Balsam für Seelen und Erzähler von Geschichten. Manchmal ein Kavalier und hin und wieder nur ein einfacher Strolch auf der Suche nach Abenteuern auf einem Friedhof."
Jetzt musterte er den Fremden wieder. "Und wer seid ihr? Außer hin und wieder wohl Schmiedegeselle?" Er grinste mehrdeutig.
"Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben." - Paulus von Tarsus, Römerbrief 5,12
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

Vincente hob eine Augenbraue. „Ihr habt keine Klagen...in ihren Gedanken gehört?“, fragte er nach. „Seid ihr sicher, dass ihr mit solchen Fähigkeiten nicht doch ein Teufel seid?“ Er schmunzelte. „Nicht, dass die Gesellschaft von Teufeln nicht...vielversprechend sein kann. Aber seid doch bitte so nett und warnt mich rechtzeitig, falls ein unschuldiger Jüngling wie ich hier Gefahr laufen sollte...vom rechten Weg abzukommen.“ Er hatte Mühe sein Gesicht ernst blicken zu lassen.

Dann leckte er sich kurz über die Lippen. „Sagen wir, ich gebe mir stets größte Mühe was das Entfachen betrifft.“ Er lachte. „Aber ob die Flammen übergreifen liegt doch auch immer am...brauchbaren Material, auf das die Flammen übergreifen sollen. Bei nassem Holz nützt schließlich auch die feurigste Glut nicht viel.“ Er zwinkerte verschwörerisch. „Falls ihr mir weiter schmeicheln wollt, immer heraus damit. Komplimente sind Balsam für ein jedes Herz. Und ich wäre der Letzte, der sie nicht gerne hörte.“

Er ließ eine Hand Graberde gedankenverloren durch die Hände wandern, ohne darauf zu achten, dass Krümel auf seine Kleidung rieselten. „Nichts läge mir ferner, als ein Pfaffe zu sein. Ihr Leben scheint so trist...Wollte man es kosten, es würde fad schmecken. Wie Haferbrei, der nur mit sehr viel Wasser angerührt wird.“ Er fuhr sich mit der Zunge im Mund herum, als würde er Klumpen davon hervor pulen. „Pfaffen... fehlt...die Würze“, fasste er seine Ausführungen zusammen.

Dann warf er sich ein wenig mehr in Pose. Dieser Abend war vielversprechend. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte mal so viele Komplimente in so kurzer Zeit bekommen hatte. Er ließ die Erde Erde sein und stemmte sich ein wenig hoch, sodass er mehr am Grabstein lehnte, als lag. Seine Seite zeigend, die er für seine Schokoladenseite hielt.

„Seid versichert, dass ich nicht nur jetzt eine Rarität bin. Ich habe jede Absicht eine zu bleiben.“ Er kicherte.

„Ich weiß was mich auf diesen Friedhof geführt hat.“ Er klopfte auf die Erde, auf der es sich so gemütlich gemacht hatte. „Doch was hofft ihr hier unter Toten zu finden? Habt ihr Angst, sie würden sich aus ihren Gräbern erheben und sich unter die Lebenden mischen, dass ihr nachts zwischen ihren Reihen patrouilliert? Oder findet ihr des Öfteren unter den Toten noch lebende Personen, mit denen ihr euch die Nacht vertreiben könnt?“ Er legte den Kopf schief, als er ihm weiter zuhörte. „Da ich eine Rarität bin, scheint ihr unter ihnen nicht oft jemanden zu finden, der oder die mit euch spricht. Oder hofft ihr auf...andere Dinge?“ Als der das sagte bekamen seine Augen kurz einen anderen Ausdruck.

Als der Fremde etwas über sich selbst erzählte versuchte er das Gesagte einzuordnen. „Die Alpen? Das liegt nicht in Genua, oder? Liegt das am Meer? Und wie genau sieht dieser Balsam aus? Und was für Geschichten erzählt ihr? Etwas, was euch die Toten nachts flüstern?“ In einer geschmeidigen Bewegung erhob er sich. „Aber bevor wir dieses interessante Gespräch fortsetzten, sollten wir uns vielleicht erst einmal vorstellen. Ihr könnt mich Vincente nennen.“
Benutzeravatar
Gris de Galard
Ventrue
Beiträge: 177
Registriert: So 8. Okt 2023, 15:55

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Gris de Galard »

Gris lachte leise. "Oh geschätzter Fremder", schmunzelte er leise zurück. "Es gibt soviel mehr Wege, Gedanken zu kennen, als ein Teufel zu sein. Ich behaupte, ich habe sehr viel mehr Finesse als ein plumper Teufel." Verwegenheit flackerte über das aristokratische Gesicht. "Und in jedem Fall kann ich euch mit sehr viel mehr Geschick vom rechten Weg abbringen, als ein Teufelchen." Einen Augenblick zeigte er ein Raubtiergrinsen, ehe es sich in Güte aufzulösen schien. "Aber ich schwöre euch, dass ich zumindest warne, ehe ich euch etwas tue."

"Ich werde meine Komplimente wohldosieren und sie regelmäßig aufgeben.", versprach er mit einem halben Grinsen. "Wie einen wohlriechenden Balsam."

Die Ausführung über Pfaffen ließ ihn leise kichern und er schien sich nun auch dazu hinreißen lassen, die Hände in der feinen, warmen Erde zu vergraben. Ein seltsam primitives, seltsam gutes Gefühl. Vielleicht sollte er das öfter tun?

"Welch glücklicher Zufall", schmunzelte er zu dem fremden Mann hinüber und hob dann scheinbar warnend den mit Erdkrümeln befleckten Zeigefinger. "Aber seid vorsichtig. Nicht, dass jemand auf die Idee kommt, euch in ein Kuriositätenkabinett zu stecken."

"Hättet ihr gesehen, was ich gesehen habe", schmunzelte der König auf die Frage seiner Beweggründe. "Wüsstet ihr, dass sich Tote immer wieder aus den Gräbern erheben und umhergehen, würdet ihr es gutheißen, dass tapfere Recken hin und wieder kontrollieren, ob da nicht doch einer nicht weiß, wo sein Platz ist." Sein Kopf legte sich schief, schien sein Gegenüber fragen zu wollen, ob er es denn wusste. "Und doch freue ich mich immer wieder über Überraschungen. Also, was brachte euch her und welch andere Dinge hattet ihr im Kopf, Vincente?" Seine Augen funkelten provozierend.

Mit einem rauen Lachen lehnte er sich zurück. "Nein, es sind Berge, diese Alpen. Hohe, hässliche, lästige Steinhaufen, mit einem Hang zum Töten.", erzählte er. "Und meinen Balsam und meine Geschichten, müsst ihr erst kennenlernen" Er grinste frech und hielt dem Fremden dann die Hand zur Begrüßung hin. "Ich bin Gris."
"Darum, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod und so der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben." - Paulus von Tarsus, Römerbrief 5,12
Benutzeravatar
Vincente Carlos
Lasombra
Beiträge: 559
Registriert: Do 19. Mai 2022, 20:00

Re: [1089] Der Bestatter und der Schatten [Gris, Vincente]

Beitrag von Vincente Carlos »

„Vom rechten Weg abbringen? Soso“, antwortete er und musste darüber schmunzeln. Er selbst hatte sich seinen Weg schon vor sehr langer Zeit gesetzt... „Wie würdet ihr das denn anstellen? Oder ist das ein Trick, den ihr nicht würdet preisgeben wollen?“ So wie die Taschendiebe oder Karten- und Würfelspieler, die so geschickt darin waren, Ahnungslosen ihr Geld abzuknöpfen.

Dieses Theoretisieren schien ihn zu amüsieren.

Kurz schüttelte er traurig den Kopf. „Es ist wohl schade, dass man selbst im Tod an seinen Platz erinnert werden muss. Zu oft wird dieser schließlich von anderen bestimmt. So mancher Dichter würde ein trauriges Lied darüber schreiben, dass die Mächtigen auch im Tod noch über die weniger Glücklichen bestimmen.“ Er ließ den Blick neugierig über die Gräber gleiten. „Habt ihr dies schon einmal tun müssen? Sind die...Bewohner... dieses Friedhofs denn oft rastlos … oder gar unartig? Gibt es hier welche, die nicht an ihrem Platz bleiben wollten?“ Die letzte Frage stellte er wie jemand, der eine gute Lagerfeuergeschichte zu schätzen wusste.

Auf die Frage, was ihn hergeführt hatte, blickte er unschuldig zu dem Fremden. „Ich finde es gelegentlich ganz reizvoll dem Treiben der Stadt zu entrinnen. Versteht mich nicht falsch, Genua steckt voller Überraschungen, aber es ist schwer im Trubel einen ruhigen Ort zu finden. Und hin und wieder einen Moment inne zuhalten lässt einem das Leben doch lebenswert erscheinen.“ Er blickte nach oben und deutete auf etwas am Himmel. „Wann habt ihr das letzte mal wie ein Kind zum Himmel geschaut? Seht ihr das da, diese Wolke dort über dem Wipfel?“ Er hielt seinen Finger so, dass der Fremde an seiner Hand entlang blicken konnte, so er denn wollte. „Erinnert euch ihre Form nicht an ein Schiff mit Ruder und Segel? Wie muss es wohl sein, in einem Schiff über das Wolkenmeer zu gleiten! Und dort drüben, diese Rundungen, erinnern sie euch nicht an ein leicht bekleidetes Mädchen? Wenn man die Augen so zusammenkneift, dann scheint der Mond ein Gesicht zu haben – und das ist doch eine ganz wunderbare Vorstellung, wenn der Mond diese Maid hechelnd begaffen würde!“ Er lachte.

Dann blickte er wieder Gris an. „Über die Berge seid ihr gekommen? Das klingt nach einer anstrengenden und beschwerlichen Reise. Was hat euch dazu verleitet und war dieser Friedhof schon immer euer Ziel?“
Antworten

Zurück zu „Forenspiele“