[1090] Knüpfen von Banden [Angelique, Harl]

[Harl]

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"Danke, dass du meine Welt erweitert hast", ist das, was sie flüstert. "Das hat niemand von unserem Haus bisher geschafft.
Ich kann deinen Schmerz nicht lindern, denn ich bin schmutzig. Ein Mord gegen so viele von mir. Wer ist hier der Engel? Ich jedenfalls nicht.
Aber ich höre jetzt zu. Danke für diesen Splitter des Spiegels!"

Sie würde sanft seine Hand ergreifen, wenn er es zulässt.

Es ist eine natürliche Reaktion: Ein Kind, das die Hand eines Erwachsenen ergreifen will. Doch sie waren nicht Kind und Erwachsener. Harl legte die Fingerspitzen seiner Hand gegen ihre wie ein zu groß und zu falsch geratenes Spiegelbild.
"Warum erzählst du mir nicht, was los ist. Ohne all das mit den Engeln. Per...fect..i. Teufeln. Muskeln, Protzen, all den Lärm", raunte er zurück. Die andere Hand senkte er nur langsam wieder, fort von ihrer Kehle.

[Angelique]

"Das ist schnell oder langsam erzählt. Die schnelle Version: Alle Untoten dieser Stadt sind normale Menschen, mit Stärken und Schwächen und wie mit Tollwut infiziert, ohne in der meisten Zeit dumm zu sein.

Es gibt Fraktionen, wie du sicher schon weißt und die Politik der Sterblichen spiegelt sich wie in einem Zerrspiegel bei ihnen hier wider.
Ich bin in der Fraktion von Aurore und ihr sklavisch treu. Warum, das musst du unsere Ältesten fragen. Mir ist nämlich verboten, solche Geheimnisse zu erzählen.
Der Letzte, der das Geheimnis wusste, war Liviu. Zieh deine Schlüsse, ob das Zufall oder orchestriert war, was ihm widerfuhr.
Auch da frag unsere Ältesten, wenn du dich traust.

Ich selbst pflege enge Bande zu denen, die ich mag und die sich mit abgeben. Ich heuchle, wie du merkst, gern Feindschaft vor, aber auch das ist Teil des Mummenschanzes, um andere über sich slebst zu belehren. Bei manchen funktioniert das sogar. Manchmal sogar als Spiegelung bei mir selbst wie heute.

Die lange Version ist ein Epos, das in vielen Nächten erzählt werden müsste."

[Harl]

“Nh”, machte Harl erst einmal und wiegte den Kopf.

“‘ch werd’ mir die Spuren von Liviu Cosma anschauen”, bestätigte er ihr dann, offenbar weit von irgendeinem Schluss entfernt. “Dachte, er ist einfach ein Trottel, der die Stille nicht halten konnte. Aber ein guter Jäger hat einen offenen Verstand. Nicht bereits verstellt.” Er schnaufte einmal, wahrscheinlich über den eigenen Fehler, den er da bei sich entdeckt hatte.

“Fraktion von Aurore, sagst du. Welche ist das? Nur sie selber? Oder gehört sie… nh. Gehört sie wohin? Zu anderen?”

[Angelique]

"Auch da solltest du Aurore lieber selbst fragen. Ich will nicht weitertratschen, wer in ihr Umfeld gehört, wenn es nicht offensichtlich ist wie bei Ferrucio. Der würde dir wahrlich lang und weilig erklären, was du diesbezüglich wissen willst und noch viel mehr.
Musst ihm dáfpr nur fleißig beichten, das hat er gerne.

Ich habe das Gefühl, dass du es dann nicht gleich dem HErrn erzählen würdest, sondern den Ältesten meiner Linie, die mich verstieß.
Deshalb machte ich das auch nicht und deshalb, neben anderem, hasst er mich."

[Harl]

Harl runzelte die Stirn, verstand wohl nicht.
"Sklavisch ergeben bist du nicht", meinte er dann, den Kopf geneigt, lauschend. Diese Haltung hatte er öfter und sie wusste nun, wieso.

"Weißt du, was sie will? Diese Weiße Prinzessin? Was ist es, was sie sagt? Oder tut? Was würde sie wollen von einem wie mir? 'ch kenne sie nicht, obwohl ich in ihrer Domäne gehe. Doch wenn du zu ihr gehörst, dann weißt du's."

[Angelique]

"Oh, sie würde es wollen, dass du ihre Domäne nicht in Unordnung bringst und zum Wohl und Wachstum der sterblichen Stadt beiträgst.
Und sei es, indem du die, die aus der Reihe tanzen und es nicht tun, zur Räson bringst.

Allerdings kann nur sie selbst das dir sagen und erlauben. Entweder selbst oder durch Würdenträger, die für sie sprechen.
Du bist Jäger, sagst du. Manche von uns betteln danach, gejagt zu werden und manchmal ist es sogar erlaubt oder verlangt von Aurore."

[Harl]

Harl nickte.

"'ch dachte mir, ich biete es an. Das Jagen. Damit sie mich bleiben lassen. Liktor-werden, denn sie suchen welche", meinte er. "Dafür soll ich mich beweisen. Menschen jagen, die von Arash. Ghule vielleicht auch. Zeigen, was ich kann."
Er lächelte ein bisschen, denn es gefiel ihm wohl durchaus.

"'s gefällt mir. Denn es ist Jagd und es ergibt Sinn. Die Stille schützt uns ebenso wie die Menschen."

[Angelique]

"Ein gutes Vorhaben, so es dem Wohl der Stadt und den Menschen nützt. Mich schmerzt jeder Tod, aber ich bin nicht so naiv zu glauben, es ginge ohne. Sei aber vorsichtig bei der Jagd, dass du dir nicht unnötig Feinde schaffst."

[Harl]

"Feinde gibt's so oder so. Besser, ich mache sie mir durchs Jagen als durchs Nicht-Jagen, hu?" Harl zuckte mit den Schultern.

"Aber 's wird Menschenjagd, wenn's die von Arash werden. Habe ich so noch nicht gemacht. Nicht ...nh." Er verzog das Gesicht, grübelte und grub nach Worten. "Menschen sind eine andere Beute als Fische", brachte er dann heraus, aber es klang ziemlich lahm.

"Schlauer", tastete er sich dann vor, auf der Suche - oder der Jagd - nach dem, was er meinte.

[Angelique]

"Vielleicht solltest du Menschenjagd dir lieber nicht angewöhnen. Es macht etwas mit einem und es ist nicht schön, was es mit einem macht.
Ich weiß das, weil ich da schon war. Ich habe vor lange Zeit, Sünder bestraft und gejagt, bevor mir Zweifel daran kamen.

Leben, die beendet werden, können nichts mehr lernen. Und nur die verrücktesten Häresien lügen sich das so zurecht, dass man mit der Aufnahme von Blut in sich die Seelen, die ja im Blut wohnen, weiterleben lässt und vor der Hölle bewahrt.

Diese Logik ist immer noch bestechend und trägt einen unbestreitbaren Kern der Wahrheit in sich. Aber Leben beenden tue ich nicht mehr ohne triftigen Grund."