[1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Agnellina
Gangrel
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[1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina gelang es leider nicht, ihre von fantasievoller Vorstellung aufgebaute Wut über die ungerechte Angelegenheit und die inneren Bilder ihres eigenen energisch-machtvollen Vorgehens dagegen auch nur bis zu den Außenmauern des Elysiums aufrecht zu erhalten.
Keine Zeit für dieses Wagnis. Sie müsste draußen sein, in den Wäldern, in den Bergen, auf der Jagd. Die Zeit lief. Und doch war es so bitter notwendig, diesen Gang zu machen. Zu wenig Wissen. Verdammte Stadt. Die hohen Mauern um den Garten des Elysiums erschienen ihr in dieser Nacht zum ersten Mal wie ein Abbild der Mauer, welche die Stadt Genua selbst zum Käfig machte. Ein kleinerer Käfig, der Schirm und Schutz versprach und doch nur einen gefährlichen Boden begrenzte. Ein Ort, der keine Freiheit kannte und an dem doch über die Freiheit selbst zu sprechen und sie zu erstreiten war.
Ein zwiespältiger Ort und ein zwiespältiges Gefühl, welches sie zu diesem ersuchten Treffen begleitete. Und wie alle unangenehmen Dingen stellte sie sich dem gleich zum Beginn der Nacht.

„Guten Abend.“, begrüßte sie Mariam höflich, welche in den letzten zwei, drei Jahren nicht nur einmal eine Begegnung unter dem Eindruck von starken Emotionen und dem ungestümen Drang ‚jetzt sofort‘ etwas erledigen zu müssen mit der jungen Gangrel gehabt hatte. “Hat dein verehrter Herr schon Zeit für mich?“
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Ilario
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Ilario »

Mariam verneigte sich vor der ihr fremden Kainitin höflich und bat um etwas Geduld. Sie führte Agnellina aus dem Gebäude hinaus zu einem Pavillon und bat sie dort zu warten, der verehrte Signore Contarini werde sicherlich bald erscheinen.

So war es an der jungen Gangrel zu warten, sicherlich dauerte es noch eine knappe Stunde, dann vernahm sie knirschende Schritte auf dem Kiesweg zum Pavillon und sah wenig später den schwarzgewandeten Ilario kommen. Kurz bevor er ankam zog der Lasombra seine dunklen, wildledernen Handschuhe aus und steckte sie in den Gürtel, unweit des schlichten, aber eleganten Schwertes mit dem Rubinknauf.

Zwei, drei Schritte vor Agnellina blieb er stehen, musterte sie kurz und nickte dann knapp.
"Werte Agnellina, ihr batet darum mich zu sprechen. Was ist euer Anliegen?" Dann lud der Ancilla sie mit einer höfischen Geste ein sich in aller Form vorzustellen, gespannt ob die Neugeborene von Clan des Tiers diese Kunst beherrschte.
Die Nächte lehren viel, was die Tage niemals wissen.
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Agnellina
Gangrel
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina folgte der Ghulin nach draußen. Mariams höfliche Geschäftsmäßigkeit wurde mit freundlichem Dank quittiert.

Eine knappe Stunde konnte sich auch in einer vermeintlich unsterblichen Existenz wie eine Ewigkeit anfühlen. Agnellina blieb wartend beim Pavillon, doch die Wartezeit war von stetiger Unruhe erfüllt. Bald saß sie nur da, bald ging sie wieder auf und ab und drehte Runden in der kunstvollen Laube. Dann hockte sie wieder still auf den Stufen und lauschte mit angestrengten Ohren dem gleichförmigen Plätschern der nahen Fontana Rossa, welches mehr zu erahnen als zu hören war. Nur eine knappe Stunde und doch eine schiere Ewigkeit.

Als die knirschenden Steine das Ende der Warterei verkündeten, wich sie vom Eingang des Pavillons zurück und blieb dann stehen. Ihre Augen tasteten die Gestalt ab, die sich erst nur mit der hellen Haut, dann im näher Kommen in der Gesamtheit ihrer dunklen Aufmachung aus der Dunkelheit schälte. Als er stehen blieb und sie zu taxieren begann, senkte die Gangrel den Blick. Sie ging in einen tieferen Knicks, verneigte sich deutlich und verharrte ruhig in dieser Haltung, bis er gesprochen hatte.
Dann richtete sie sich langsam auf und verfolgte die Geste mit den Augen.

„Vielen Dank, dass Ihr Zeit für mich findet, verehrter Blutvogt. Ich bin Agnellina, Neugeborene vom Clan des Tieres und Kind von Tomei vom Clan des Tieres.“

Ihre Vorstellung fiel knapp aus, doch sprach sie klar und deutlich dabei. Vielleicht gab es einfach nicht mehr für sie dazu zu sagen. Agnellina kam ohne Umschweife zu ihrem Anliegen. Eine knappe Stunde war genug Zeit um sich auf genau diese Frage vorzubereiten.

„Ich habe Euch um dieses Treffen ersucht, da ich Euch wegen meines Bruders und des Aufrufes des wohlwerten Liktors Tankred sprechen möchte. Der Aufruf ist mir bekannt. Darüber hinaus fehlen mir Einblicke in die Umstände und ich erhoffe mir, diese von Euch erhalten zu können. Wie viele Menschen umfasst diese Bande, welche Ihr zur Jagd ausgerufen habt, und was beabsichtigt Ihr mit der Vorführung von Tia und Violetta?“
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Ilario
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Ihr seid direkt, das ist gut und den Umständen angemessen. Mit eurem Bruder meint ihr Arash nehme ich an? Im Sinne von Clansbruder, Bruder im Geiste, oder seid ihr mehr als nur weitläufig verwandt?" Mit einer kleinen Pause gab Ilario Gelegenheit zu einer Antwort, dann fuhr er fort. "Er hat sich Vergehen gegen die Traditionen die uns der Dunkle Vater gab schuldig gemacht und wurde nach dem Willen der höchstverehrten Aurore von Genua zur Rechenschaft gezogen."
Auch hier ließ der Lasombra seinen Worten Raum sich zu entfalten, in all ihren Nuancen. "Diese Bande gut ausgebildeter Späher und Waldläufer, zumindest teils auch im Kampf gegen Kainiten geschult, ist Teil dieser Vergehen... Teil des hinterbliebenen Problems. Es dürfte sich etwas um zwei Dutzend Menschen handeln, vielleicht auch etwas mehr oder weniger. Sie stellen eine Gefahr für uns alle dar, deshalb müssen sie sterben. Bei den beiden Ghulen muss man sehen... Wenn sie schon die Grenze zum Wahn überschritten haben oder anderweitig nicht kontrollierbar sind, müssen auch sie sterben. Zumindest in Tias Fall vermute ich das aber nicht. Sofern also keine unmittelbare Gefahr für die Stille besteht, darf ein mündiger Kainit sie vor die Liktoren bringen und, im Rahmen des Edikts ihrer höchstverehrten Majestät zur Anzahl erlaubter Blutdiener, beanspruchen. Natürlich trägt dieser Kainiten als neuer Herr die Verantwortung für diese Blutdiener."
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Agnellina
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Agnellina »

„Ich möchte Eure Zeit und Aufmerksamkeit nicht über Gebühr beanspruchen. Ja, ich meine Arash. Er ist mein Bruder im Sinne von Clansbruder. Daher bitte ich Euch um Auskunft, weil es mein Blut betrifft.“
Ihre rechte Hand hatte ihre linke umfasst, welche wiederum den Stoff ihres Umhangs fest gegriffen hielt.

Sie nickte einmal sehr langsam, als er von Vergehen und Rechenschaft sprach. Die dunklen Augen der jungen Gangrel fixierten den Boden vor den Füßen des Blutvogts und ihre Lippen pressten sich einen längeren Moment fest aufeinander. Die Frage, die notwendig war, barg eine scharfe Klinge. Die Hoffnung im Herzen war groß, die Befürchtungen noch größer. Gefühlsregungen, die sie in sich zu verschließen und aus Gesicht und Stimme zu halten trachtete.*
„Wie… welche Form hat die Rechenschaft, welche dem Willen der höchstverehrten Herrin dieser Domäne entspricht?“

Eventuell benötigte die junge Gangrel an dieser Stelle einige Atemzüge, bevor sie die Ausführungen zu den Menschen überging und sich auf die Blutsdiener konzentrierte.

“Die beiden Ghule. Tia und Violetta. Ihr kennt sie bereits näher und wisst sie gut einzuschätzen. Tia spricht voller Achtung und Vertrauen von Euch. Dies ist ein weiterer Grund, weswegen ich Euch zu sprechen wünsche. Im Umgang mit den Liktoren gab es aus Sicht der Beiden in der Vergangenheit eventuell… gewisse… Missverständnisse. Ich bin überzeugt, dies kann ich mit Geduld und vor allem etwas zeitlichem Abstand sicher klären und in angemessene Bahnen lenken. Das Vorgehen der Liktoren hat vor allem Violetta sehr erschreckt und verunsichert. In Anbetracht der Situation halte ich es daher für möglich, dass es auch andere Hände als die meinen sein könnten, die sie entsprechend des Aufrufes vorführen würden. Und doch sie sind beide vom Blut meines Clans. Ich bitte Euch inständig, dies zu berücksichtigen und nachzusinnen, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, dass Euch nach der Prüfung der beiden die Gewissheit überkommt, dass Blut zu Blut gehört und dort am besten aufgehoben ist.“
Ohne den Kopf zu heben, hob sie jedoch den Blick und ein scheuer Augenkontakt entstand, bei welchem sie nach der Wirkung ihrer Worte sah.

Spoiler!
*Gefühle verbergen -> 2 10 2 -> 1 Erfolg
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Ilario
Lasombra
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Ilario »

"Es steht mir nicht zu das Schicksal Arashs zu verkünden, zumindest nicht vor dem nächsten Hoftag ihrer höchstverehrten Majestät." Ihre Begründung über das Blut brachte allerdings etwas in Ilarios kaltem Herzen zum klingen. "Er wandelt nicht mehr auf dieser Erde. Wenn Arash nur eurem Clan entstammte und nicht eurer direkten Linie... trauert nicht sondern schaut wie ihr aus seinen Fehlern lernt. So werden die Gangrel in Genua wachsen, mit euch." Eine Gangrel die sich nicht tierisch gebärdete und ihren niederen Instinkten folgte erschien ihm wohltuend für die Domäne, vielleicht erwuchs hier eine Chance für zivilisiertere Nächte.

"Bezüglich der beiden Blutdiener werde ich eure Bitte überdenken. Wärt ihr bereit einen anderen in Form eines Gefallens auszuzahlen, sollte ein anderer Kainit sie festsetzen und vor mich bringen?"
Hinter dem fragenden Unterton fand sich eine gewisse Sicherheit, eine Bestimmtheit. Als wäre es nicht nur möglich, sondern würde auch so ablaufen. Falls der Blutvogt das so wollte.
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Agnellina
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Re: [1090] Brevi vel longa manu traditio [Agnellina, Ilario]

Beitrag von Agnellina »

Die Gangrel benötigte an jener Stelle doch ein paar mehr Atemzüge, um ihre noch immer recht lebendige Gefühlswelt zu regulieren. Sein wohlmeinender Rat zumindest wirkte sich wenig aufmunternd aus. Doch sie fokussierte sich auf das einzelne Anliegen, welches sie vor ihn geführt hatte und bei dem sie etwas bewirken zu können hoffte.
Seine Frage zu ihrer Bereitschaft zur Vergeltung kam nicht unerwartet. Agnellina hatte lange darüber nachgedacht und war mit der Hoffnung auf einen entsprechenden Handel an ihn herangetreten.
“Das bin ich. In einem angemessenen Rahmen würde ich die Mühe des anderen wohl vergüten. Den Lohn, welcher im Aufruf versprochen ist, den will ich nicht für mich beanspruchen. Ich möchte das Leben derer, die mein Blut gewählt und gezeichnet hat.

Tia kann ich selbst vor Euch bringen, sobald Ihr sie sehen und prüfen möchtet. Hierzu wäre ich über einen Hinweis dankbar, wie so etwas gewöhnlich abläuft oder worauf ich zu achten habe. Mit derartigen Prozedere bin ich nicht vertraut.
Auch sind einige der Sterblichen soweit unter meiner Kontrolle, sodass gegenwärtig keine Gefahr von ihnen ausgeht. Ich habe verstanden, welches Urteil gefällt wurde. Hierzu werde ich mich wie gewünscht an die Liktoren wenden, um alles weitere zu klären.“
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