[1092] Würdenträger [Gabriel, Elodie]

[Elodie]

Eines Nachts des Jahres 1092 erschein ein bewaffneter Mann an den Toren der Villa Fiori.
Ehsan hatte eine Weile gesucht. Schließlich war ihm diese Stadt noch so völlig fremd, doch nachdem er sich auch herumfragen musste, hatte er das Herrenhaus gefunden, dass den Kindern der Nacht wohl als Gasthaus diente.
Sofern er hier wirklich richtig war.

Sein kräftiger Leib steckte in einem weiten mit einem breiten verzierten Gürtel um die Tailie gebundenen Gewand unter wiederum einer weiteren Schicht eines gemusterten Mantels mit kurzen Ärmeln. Um den Kopf hatte er locker ein leinenfarbenes Tuch gebunden. Er wusste, dass seine Kleidung hier ein wenig ungewöhnlicher war als in seiner Heimat, aber als Handelsstadt war es wiederum auch nicht zu ungewöhnlich einen Sarazenen zu sehen. Da er bisher noch keinen längeren Kontakt mit der hiesigen Bevölkerung gehabt hatte, konnte er auch nicht sagen, wie sie wirklich auf ihn reagieren würden, außer dass sie ihn bisher etwas argwöhnisch betrachtet hatten.
An seiner Seite trug er einen Säbel in einer schlichten weissen Scheide und in einer Hand führte er eine kleine orientalisch aussehende Laterne mit sich.

Er klopfte an.

[Gabriel Ducas]

Es dauerte einen Moment, bis die massive Holztür der Villa Fiori einen Spalt geöffnet wurde und Gabriel selbst hinaussah. Die Dunkelheit der Nacht umhüllte die antiken Mauern, während der Schein einer Laterne in der Nähe spärliches Licht spendete. Gabriel trug an diesem Abend Kleidung, die seine Bewegungsfreiheit nicht einschränkte: weite Hosen und oben lediglich eine Weste aus schwerem Stoff. Der Frühling hatte begonnen, und Genua hatte bereits ein paar erste warme Nächte beschert, die den Duft von Blumen und frischem Grün in die Luft brachten. Den Stab, mit dem er eben noch in den Gärten der Villa trainiert hatte, hatte er hinter der Tür verborgen, während er missmutig die Gestalt vor dem Tor betrachtete. Seine rechte Augenbraue zuckte einen Moment, als er die Bewaffnung des Unbekannten erblickte.

Kurz blickte Gabriel nach rechts und links, ob sich dort noch weitere Personen befanden, bevor er den Unbekannten ansprach: „Wer stört zu so später Stunde, und was ist euer Begehr?“

[Elodie]

"Verzeiht die späte Stunde, werter Herr. Ich suche den Herrn Ducas. Gabriel Ducas." Erwiderte Ehsan und hielt die Laterne etwas zur Seite um seinem Gegenüber nicht direkt ins Gesicht zu leuchten und sollte er eben jenen Herrn direkt vor sich haben, so war es ohnehin nicht gut ihm mit Feuer vor dem Gesicht zu wedeln.

[Gabriel Ducas]

„Ducas? Den Handwerker?“ fragte Gabriel nach, so tuend als ob er es nicht selbst wäre. Vielleicht half die Dunkelheit der Nacht sein schelmisches Grinsen zu verbergen als er seinem Gegenüber antwortete. „Du kommst nicht von hier, oder? Die Handwerker leben in anderen Vierteln. Was wollt ihr denn von dem Herrn Ducas?“ kurz senkte er den Kopf um sein eigenes Grinsen zu verbergen. Irgendwie saß in der heutigen Nacht ein Schalk in seinem Nacken. „Seid ihr ein Neuankömmling und wollt euch vorstellen?“ fragte er und hob wieder seinen Kopf. „Aus fernen Landen und alten Zeiten?“ ergänzte er leise auf Arabisch. Offenbar interpretierte er den Aufzug seines Gegenübers.

[Elodie]

Ehsan nahm das arabisch gerne an, auch wenn er ebenso flüssig in italienisch war, wie er eben gezeigt hatte.
Ferne Lande und alte Zeiten, das traf wohl sicher auf ihn und Elodie zu. Doch wusste er nicht, dass Gabriel ein Handwerker sein sollte?
Jedoch zeigte er keinerlei Anzeichen, dass er unsicher ob dieser Situation war.

"Meine Herrin möchte sich bei Gabriel Ducas gerne vorstellen. So dies hier der falsche Ort dafür ist, so sagt mir bitte, wo ich ihn stattdessen finde? "

[Gabriel Ducas]

"Vorstellen will sie sich, ja?" er machte eine kurze Pause und fuhr sich nachdenklich durch den Bart. "Es ist niemand gemeldet. Aber ich denke eine Vorstellung ist wohl möglich, ja. Sie soll sich in der morgigen Nacht einfinden. Unbewaffnet. Sie wird das Tor unverschlossen vorfinden und soll es hinter sich schließen."

Er nickte auf seine eigenen Worte wie zur Bestätigung. "Oder benötigt eure Herrin dringend Unterkunft? Oder ist gar hier?" erneut sah er nach rechts und links.

[Elodie]

Ehsan schüttelte den Kopf auf seine letzte Frage.

"Sie hat mich nicht begleitet. Ich bin allein hier um sie anzukündigen. So werde ich ihr ausrichten morgen Abend hier zu sein. Habt Dank." Er neigte den Kopf zum Dank und trat von dem Tor zurück.

"Ich möchte euch nicht weiter aufhalten. Ma'assalama Illa al-liqaa."

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In eben jener nächsten Nacht fand sich Elodie in Mascharana ein. Mit flehenden Augen und etwas klingender Münze hatte sie sich noch Zugang durch die Tore erkauft, als dummes Ding, die die Zeit nicht richtig abschätzen konnte.
Gekleidet war sie dabei in ein blaues Kleid mit einem gelben Tuch auf dem Kopf, dass sie wohl hier als Hure markieren mochte. Eine Rolle die weniger auffällig war, als die gute sittsame Ehefrau oder das unverheiratete Mädchen, dass sich nach Sonnenuntergang noch draußen herumtreiben mochte.

Erst in der Stadt wechselte sie das gelbe Kopftuch zu einem ebenso blauen, wie ihr Kleid und Überwurf, der mehr der hiesigen Mode entsprach und mit einer metallenen Spange seitlich an ihrer rechten Schulter gehalten war.

Das Tuch verbarg sie unter ihrem Kleid. Entsprechend der Höflichkeit hatte sie auch wirklich darauf verzichtet ihre sonstige Bewaffnung mitzunehmen. Die Gastfreundschaft sollte man nicht mit Füßen treten.

Mit eiligen Schritten, klapperten ihre hölzernen Trippen über die Pflasterstraße hinab nach Mascharana.

Sie hatte Ehsan dieser Nacht nicht mitgenommen, auch wenn er darauf bestanden hatte, aber er hasste es zu warten, was hätte er da schon anderes tun sollen?

Wie er es ihr geschildert hatte, näherte sie sich der Villa, öffnete das Tor, so es wirklich unverschlossen war und trat ein.

[Gabriel Ducas]

Das Tor war tatsächlich offen, und dahinter erstreckte sich ein sauber gepflegter Garten, in dem die Blumen begannen zu blühen und ein sanfter Pfad sich zur eigentlichen Villa schlängelte. Auch dort war die Tür einen Spalt offen, und dahinter konnte man das flackernde Licht von Laternen ausmachen. Auf dem Boden der Eingangshalle befand sich ein großes Mosaik, dessen kunstvolle Muster und ausdrucksstarke Farben eine Gesellschaft zeigten, die durch kulturellen Austausch und Zusammenarbeit reicher und harmonischer geworden war. In der Mitte des Mosaiks erhob sich ein majestätischer Baum, der seine Wurzeln tief in die Erde grub und dessen Zweige sich in alle Richtungen ausstreckten. Um den Baum herum versammelten sich Personen in einem anmutigen Kreis, vereint im Streben nach Veränderung und Harmonie. Auf einem Stuhl saß Gabriel mit grüblerischer Miene und betrachtete das Werk auf dem Boden. Erst als die Tür einen weiteren Spalt öffnete, hob er den Kopf und begutachtete die eintretende Person.

[Elodie]

Als Elodie in das Haupthaus trat, war das erste was ihr wohl ins Blickfeld sprang nicht das schöne Mosaik, sondern der einzelne Mann, der dort wartend auf einem Stuhl saß. Mitten in einem Raum, der ansonsten leer war. Wenn er gestanden hätte, wäre das etwas weniger seltsam gewesen, aber er hatte sich extra eine Sitzgelegenheit aufgestellt...oder stand der Stuhl immer da?

Elodie zuckte nur kurz mit den Augenbrauen, als sie diese Szene so betrachtete, bevor sie die Tür hinter sich schloss und den Kopf vor dem Mann neigte.

Zumindest der Beschreibung nach konnte das Gabriel sein, auch wenn Ehsan meinte, dass derjenige der ihn empfing nicht so getan hatte als wäre er es.

"Guten Abend, wohlwerter Signore. Verzeiht meine Störung. Entsprechend meines Gesuches und der zweiten Tradition bin ich gewillt mich dem wohlwerten Gabriel Ducas, Neugeborener vom Clan der Gelehrten, Kind von Canissa von Catania, Ancilla der Gelehrten, Kind von Xanthus dem Wissenden, Ahn der Gelehrten, aus der Linie von Syphax von Karthago. Herold und Vasall der Domäne Genua und der genuesisch-sardischen Gebiete, vorzustellen."

Nachdem sie den Kopf wieder gehoben hatte, sah sie den Mann vor sich abwartend an, ob diese Vorstellung nun hier unter diesen Bedingungen ablaufen sollte.

[Gabriel Ducas]

Die Person, die so einsam in der Eingangshalle saß, erhob sich und lauschte den Worten der Dame. Kurz nickend deutete der Mann, der einfache Lederhosen, ein Hemd mit bunten Farbflecken und eine Weste trug, an, dass Elodie ihm folgen könne. Er ging voraus in Richtung eines Raumes in einer Ecke des Hauses, aus dem ein wenig Licht schien. Schwungvoll öffnete er die Tür und deutete dem Gast an, auf einem bequemen Stuhl Platz zu nehmen, der von meisterlicher Handwerkskunst gefertigt war. Bis auf einen großen, schweren Tisch mit einem Mosaik darauf und einen unbequemen Hocker war der Raum ansonsten leer.

Nachdem die Frau eingetreten war, schloss Gabriel die Tür und nickte ihr zu. „Mit wem habe ich denn das Vergnügen?“ fragte er, während er selbst nun hinter den schweren Tisch ging und dort stehen blieb. Sollte er es sein? Zumindest schien er keinen Anstoß an ihrem Gesuch zu nehmen und führte das Gespräch sinngemäß fort.