[1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Wenn die Sonne hinter das Appenningebirge sinkt, kriechen die Verdammten aus ihren Löchern. Dies sind ihre Geschichten.
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Allegra Aldighieri
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[1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Leise fluchend schlich sich Allegra an die Klippe. Aber besonders leise müsste sie eigentlich nicht sein, denn es wurde leicht von dem Hundegebell übertönt, das das Fischerdörfchen zu dieser nachtschlafenden Zeit aufstörte. Warum musste sie ausgerechnet ein Haus erwischen, wo sie einen Köter hielten? Es war eigentlich alles gut gelaufen, und sie war den schmackhaften Hälsen schon nah, bis dieses Mistvieh sie erschnüffelt hatte und durchgedreht war.

Sie lässt sich im Gras nieder und betrachtet mißmutig die Häuser von Flussmund. Das Hungergefühl stört sie. Die Verkleidung als ärmliches Fischermädchen stört sie. Ihre Lockenpracht zu Zöpfen binden zu müssen stört sie. Aber vielleicht noch schlimmer als der schleichende Hunger ist es, hier rumsitzen zu müssen und sich zu laaaangweilen, bis wieder genug Ruhe in den Ort eingekehrt ist um einen neuen Versuch zu machen zu jagen.

Allegra greift unter ihre fischfleckige Schürze und holt eines der bunten Tücher hervor, von denen sie sich auch verkleidet nie vollständig trennen will. Grün, so grün wie der Wald Silva Regina, wo der Riese Unsveill einst sein Unwesen trieb, laut den Erzählungen ihres Erzeugers. Sie begann die Anfangsstrophen der Sage leise singend zu rezitieren:

"Ein Land das hieß sich Bechelar'n
- das ich 'u' sag, das ist wahr -
zu des Etzels Zeiten.
Ihm ergeben war das Becheler Land
die Hauptstadt drin war Reginakastl genannt
die lobte man zu nah und weiten..."


Nachtträumend sinniert sie ein wenig vor sich, während sie aufs Meer hinausblickt, von beeindruckenden und schneidigen Rittern, die hübsche jungfräuliche Prinzessinnen wie sie aus den Klauen von grausigen Monstren befreiten, und danach ihre Gunst einforderten. Sie seufzt wohlig bei dem Gedanken und lässt sich rückwärts in das Gras zurücksinken, als ob einer ihrer Traumritter sich auf sie legen und sie niederdrücken würde.
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Agnellina
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Agnellina »

Für die junge Gangrel war die Nacht bisher recht zufriedenstellend verlaufen. Im Ergebnis hatte sie gegenwärtig einen sauberen Körper, nasse Haare und nasse Pfoten, aber ein trockenes Kleid und vor allem ein paar leblose Fische im Sack auf dem Rücken. Der Buccebovis war eine interessante Nahrungsquelle in verschiedener Hinsicht. Sicher gab es am frühen Abend oder in den grauer werdenden Morgenstunden auch schon letzte oder erste Fischer und Wäscherinnen am Fluss, doch soweit außerhalb der Stadt gab es vor allem ungestört Fische, nach denen man beispielsweise in Bärenmanier haschen konnte. Fische waren eine Herausforderung. Keine schmackhafte Belohnung und doch ein Welpenspiel, dem sie nach wie vor nicht überdrüssig geworden war. Gut, man konnte sie auch mit einem Tuch oder Netz herausfischen, doch auch das erforderte Geschicklichkeit und Geduld. Beides waren Eigenschaften, denen Agnellina bei der Jagd zugeneigt war. Der Genuss dieses Jagdspiels war köstlicher als das Blut, welches dabei heraussprang. Doch Blut war Blut und nur Honigkuchen und süßer Brei machte schon Menschen schwach und krank. So war Agnellina auch bitteren Bissen nicht abgeneigt. Und andere würden einen Gewinn aus dem Übrigen der Fische ziehen. Es war also insgesamt ein sehr gutes Spiel und das befriedigte sie um so mehr.

Agnellina genoss die Ruhe und Stille, die vom Rauschen des Meeres und dem Branden der Wellen unten an der Küste gefüllt war. Als sie Flussmund passierte, trug der Wind das aufgeregte Kläffen eines Hundes aus dem Ort heraus. Hektisch, tobend. Sie musste die Ohren gar nicht konzentriert aufsperren, um den Ärger und die Wut wahrzunehmen, die in der Hundestimme lagen. Aber es war im Ort. Es würde nicht lange dauern, bis sich taube Ohren der klagenden Stimme erbarmten. Und mit Sicherheit nicht recht verstehen würden. Dabei waren Hunde recht leicht zu verstehen. So nah am sterblichen Leben, so nah an der Welt der Menschen. Und oft klug. Es gab wesentlich schwerere Zungen in der behaarten und gefiederten Welt. Und die Wasserwelt. Ein ganz eigenes Reich. Agnellinas Gedanken wurden von der Hundestimme fortgetragen in die Welt der Tierstimmen und in ihre Überlegungen dazu. So viele Rätsel und Fragen, denen sie noch auf die Spur kommen wollte.

Sie ging die Klippe entlang und bemerkte eine Bewegung im Gras. Ein Rascheln? Ein Zucken?
Agnellina blieb stehen und betrachtete die Stelle, an welcher sie den Schemen einer Bewegung wahrgenommen hatte. Seevogel? Zu leise. Kaninchen? Zu groß die Stelle, zu weit auseinander hatte sich das Gras bewegt. Reh? Eher. Ein abgelegtes Kitz vielleicht. Aber irgendwie… unwahrscheinlich. Fuchs? Möglich so nahe am Dorf. Oder was Ausgerissenes von einem Gehöft? Agnellina spitzte die Lippen und mäuselte.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Wohlig seufzend räkelt sich ein Fischermädchen im Gras, die Augen geschlossen, die Beine grespreizt, die Lippen schürzend als ob sie jemanden küssen würde, mit ihren Händen über ihren Oberleib streichelnd, wobei sie in der rechten ein buntes grünes Tüchlein umklammert hielt.

In der Realität war sie ärmlich gekleidet, bartfüßig, mit mehrfach geflicktem farblosen gräulich-braunem Kleid, fischfleckiger Schürze, zu Zöpfen gebundenen Haaren und einer züchtigen Haube darüber. Man müsste schon sehr genau hinschauen, um in diesem Aufzug Allegra wiederzuerkennen, die sonst so eitle und regenbogenbunte Händlerin.

In der Fantasie ihres Nachttraumes war sie ganz anders. Eine Prinzessin, der legendären Arika in Schönheit mindestens ebenbürtig, die beeindruckende Lockenpracht offen getragen, gekleidet in feinsten Gewändern und behangen mit feinstem Schmuck. Und anstatt alleine im Gras zu liegen, lag sie in feinsten Seidenlaken, sich dem strammen Ritter hingebend der sie gerettet hatte, ihm erlaubend sie niederzudrücken und ihr Küsse zu rauben.

Und das war bereits der Endpunkt ihrer Fantasien, denn weiter war die Jungfer zu Lebzeiten mit ihren Erfahrungen mit Männern nie gekommen, und sie würde diese Erfahrungen nun als ewig kalte Leiche auch nie mehr nachholen können. Aber andererseits vermisste sie damit die schwitzigen, schmutzigen Teile der Minne auch gar nicht, die die Barden aussparten, und konnte sich umso mehr für die romantischeren und feinsinnigeren Aspekte begeistern.
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Agnellina
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Agnellina »

Als das Mäusezwitschern keinen Fuchs aus dem Gras lockte, schlich sich Agnellina langsam näher. Mittendrin erstarrte sie kurz.
Das gebrannte Kind scheute das Feuer und der geprügelte Wolf dachte daran, seinen Rücken zu prüfen. Sie wandte sich um, spähte in alle Richtungen und lauschte.
Wind und Wellen. Ein Schmachtgeräusch kam aus dem Gras.
Nichts auffälliges zu erkennen. Aber das Schmachten klang menschlich.
Agnellina zog ihre Ärmel zurecht. Dann streifte sie entsprechend mit einem Lochen präparierte Stoffstreifen über die Daumen und wand sie mit routinierten Griffen um die Hände. Das feuchte Fell durchnässte die Bandagen, doch es ging um Augenwischerei und Maskenspiel. Die Nacht würde ihr übriges tun.

Die Ohren weiter aufgesperrt lauschte sie, ob dem schmachtenden Ach mehr folgte. Doch es fehlten weitere Geräusche. Doch nur ein einzelner Mensch?
Langsam schlich sie näher. Nur eine Gestalt im Gras. Klein, weiblich.
Noch einmal spähte die Gangrel nach einem Hinterhalt. Als sie keinen ausmachen konnte, nutzte sie die Gelegenheit. Ein beherzter Sprung sollte sie auf den dargebotenen Bissen bringen.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Vielleicht hatte Agnellina erwartet, dass die Person sich aufbäumen würde, sich wehren, versuchen würde sie herunterzustoßen. So aber nicht Allegra, schon gar nicht jetzt wo sie in ihren submissiven romantischen Fantasien schwelgte.

Ein Juchzen dringt aus Allegras Kehle, als sie das Gewicht auf sich spürt, als sie annimmt dass jemand sie sich ungefragt nimmt und niederdrückt, die hübsche junge Frau unterwirft und über sie verfügt. Ihre gespreizten Beine heben sich, und ihre Arme umschlingen Agnellina liebevoll.

Als die Kappadozianerin mit geschürzten Lippen die Augen öffnet, klingt sie ein wenig überrascht.

"...Agnellina?"

Aber die Überraschung im Blick weicht rasch einer liebevollen Unterwürfigkeit, mit der sie die Gangrel geradezu von unten her anhimmelt, sie einlädt und geradezu darum bettelt, weiterzumachen und Dominanz über die schwächere und zierlichere Frau auszuüben.
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Agnellina
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

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Sie sprang und landete mit der Beute unter sich. Die Hüftpartie des Opfers zwischen ihren kräftigen Oberschenkeln eingezwängt und zu Boden gedrückt, um die Beine auf ein höchstens gefahrloses Strampeln in der Bewegungsmöglichkeit zu beschneiden. Ihre pelzigen Tatzen schnappten sich die Unterarme, die sich ihr entgegen recken, und drückten sie nieder. Da konnten die Hände in die leere Luft greifen, die Handgelenke konnten nicht weit genug rotieren, um die Arme der Jägerin zu erwischen. Kontrolliert in ihrer Jagd schnappte Agnellina nicht sofort zu, was wohl ihr Glück war. Das Gefühl unter ihren Händen, die unnatürliche Kälte der Beute, alarmierte sie zeitgleich mit dem prüfenden Blick, den sie auf ihr Opfer warf.

Agnellinas Gesichtsausdruck wechselte mit der Erkenntnis von Entschlossenheit zu Erschrecken.
„Merda!“, stellte sie fest und ihr punktueller Druck verstärkte sich kurz, als sie sich abdrückte, um wieder auf die Beine und fort zu kommen.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

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Allegra ist erst einen Moment perplex, als die Gangrel das schöne Spiel schon wieder beendet, wo es gerade erst begonnen hat. Aber dann springt auch sie auf und setzt Agnellina nach, mit gerafftem Rock.

"Wartet doch!" ruft die liebestolle Kappadozianerin ihr nach, mit eher gurrend als wütend klingender Stimme. "Ihr könnt doch nicht mitten im Liebesspiel davon rennen!"

Ihr Blick ist immer noch verzückt, die Intentionen der Gangrel verkennend, oder ihre frisch angefachten romantischen Fantasien in ihre Handlungen projezierend.
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Agnellina
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Agnellina »

Agnellina kam auf die Füße und suchte einen sicheren Abstand. Sie rechnete nach Raubtiermaßstäben vernünftigerweise mit einer Revanche auf die vermeintliche Attacke.
Das Näherkommen wurde mit einem drohenden Fauchen beantwortet und Agnellina hob beide Handflächen abwehrend in Richtung der verrückten Kappadozianerin.

Die bis hin zur Instinkthaftigkeit eingeschliffenen Reaktionen und Verhaltensweisen lagen über dem sonst verhältnismäßig reichen Wortschatz der Gangrel. Sie brauchte einige Augenblicke, bis sie zu ihrer Sprache durchgedrungen war.

„Ihr… seht anders aus… wohlwerte… Entschuldigung. Ich…“, stolperten die ersten Gedanken durcheinander hervor.
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Allegra Aldighieri
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Allegra Aldighieri »

Auch Allegra hebt abwehrend die Handflächen angesichts des Gefauches, aber sie wirkt verzückt angesichts dieses Schauspiels von Dominanz ihr gegenüber.

"Werte Agnellina. Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen. Im Gegenteil, ich fand das richtig tooolllll!"

Die leblosen Augen der Kappadozianerin legen die Leichenstarre an den Tag, die typisch ist für sie, wenn sie etwas sehr begeistert oder erregt.

"Diese kläffende Töle hat mir ja die Jagd erst einmal versaut, aber Ihr, Ihr habt mir den Abend bereits sehr versüßt. Wollt ihr nicht weitermachen wo Ihr aufgehört habt? Mich zu Boden pressen, über mich verfügen, Vorteil von mir nehmen? Mich grob handhaben und über mich herrschen?"

Wo es für jemanden auf der Straße des Tieres ehrenrührig wäre, sich von irgendwem beugen und unterwerfen zu lassen, zeigt die Sünderin Allegra keine solche Scheu. Ganz im Gegenteil, es scheint ihr sehr gut zu gefallen, besonders hier draußen in der Wildnis von Flussmund, weitab von den verurteilenden Augen der Hilfsharpiyen, denen eine solche Umkehr der Hierarche zwischen hohen und niedrigen Geblüten missfallen würde.

"Vielleicht ist es dann wieder ruhig, nachdem wir uns miteinander vergnügt haben. Und dann können wir uns gemeinsam die Bäuche vollschlagen an den Hälsen Flussmunds. Das wäre ein krönender Abschluss, denke ich, denn das Vergnügen der gemeinsamen Jagd hatten wir noch nicht, in all den Jahren seit Ihr hier seid."
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Agnellina
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Re: [1092] Von alten mæren wunders vil geseit, von nicht mehr ganz frischen Fischen viel gerochen [Agnellina, Allegra]

Beitrag von Agnellina »

Das Innehalten und vor allem die Erwiderung der Geste, die das Anerkennen einer Grenze verdeutlichte, half in den Übergang in ein Gespräch. Gleichzeitig kam die Gangrel nicht mit der euphorischen Reaktion und der überbordenden Begeisterung zurecht. Mit Misstrauen im Blick hörte sie Allegra zu. Es dauerte etwas, bis sie zu einer Erkenntnis kam, was Allegra da scheinbar von ihr wollte.

„Weitermachen? Ich soll Euch essen?“, fragte sie ungläubig ihres Schlusses nach. Sie runzelte die flache Stirn.
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