Schwert und Dolch des Herrn [Titus, Angelique]

[Angelique]

Angelique biß sich auf die Lippe. "So vieles geschah dort. Ich sagte unter Eid aus und die Wahrheit brachte eine Lawine ins Rollen, die alles umwarf.

Und ich war gedemütigt vor aller Augen. Eine schmerzhafte und doch sehr lehrreiche Lektion des HErrn für mich.

Als Belohnung erfuhr ich endlich die Natur von Alerios Mörder.

Mir steht es nicht zu ihn zu richten, da er das Kainsmal verliehen bekam wie unser erster Perfecti.

Ich muß erst über all die Erkenntnisse nachdenken und verstehen, was der HErr mir damit sagen will."

[Titus]

"Ich muss zugegben, auch mich hat das sehr empört, vor allem, nachdem Gaius sich so lautstark darüber beschwerte...dieser Mann hätte einen hervorragenden Missionar abgegeben."

Er sprach die Worte ohne die Spur eines Vorwurfs.

"Doch hat mich eher Melissa empört, die Dir diese Frage gestellt hat. Du musstest die Wahrheit sagen und es war einer der wenigen Lichtschimmer in diesem dunklen Sumpf aus Lügen und Intrigen. Und die Könige verachten die Wahrheit, ansonsten hätten sie sich nicht so darüber aufgeregt."

Er pausierte, sah Angelique einfach nur an.

"Aber zumindest kennst Du nun den Namen des Mörders des guten Alerio..."

[Angelique]

Angelique hob traurig lächelnd die Schultern. "Eine nagende Sorge weniger. Aber nützen tut es mir herzlich wenig, denn der Herr Gesandte hat diplomatische Immunität. Mich wundert, dass er nicht einfach zu einer Zahlung von Wergeld verurteilt wurde, zahlbar an die Familie des Toten. Ach, halt, gewiß hat er dies, ist ja schließlich seine eigene.

Egal, das Urteil ist gesprochen. Gebt des Kaisers, was des Kaiser ist. Aber MEin ist die Rache, srach der HErr. Es ist noch nicht aller Tage Abend... aber vielleicht bald. Die 1000 Jahre sind bald um. Widerliche kleine Mistkerle wie er kriegen immer ihr Fett weg."

Sie ballte grimmig ihr Fäustchen. Dann aber lächelte sie wieder freundlich und wandte sich ihrer Lektüre zu.

"Welche Werke außer der Schrift lest Ihr gerne?", wechselte sie das Thema.

[Titus]

Titus blickte sie eine längere Zeit stumm an, offenbar war das Thema für ihn noch nicht abgeschlossen gewesen, doch vielleicht wollte er Angelique nicht weiter mit Fragen quälen oder nicht unhöflich sein.

"Ich habe ein paar alte Pergamentrollen gelesen. Eine Schrift von einem römischen Senator...Cicero. Ich fand seine Gedankengänge und seine Art zu Schreiben sehr faszinierend."

[Angelique]

Sofort hellte sich Angeliques Miene wieder auf. "Oh, Cicero, der Meister der Rhetorik! Nach ihm kam keine Verschönerung der Sprache mehr und sie wurde durch ihn als vollkommen erachtet.
Ein Heide, der die Sophia kannte, als sei er erleuchtet worden.

Für alles, selbst für uns, hatte er Weisheit:

Der Tod ist nicht der Untergang, der alles aufhebt und zerstört, sondern eine Wanderung und der Beginn eines anderen Lebens, welches ein Ende nicht hat.

Sagt, welches seiner Werke war es, das Ihr last? Oder vielleicht gar eines, welches mir nicht bekannt ist?"

[Titus]

Titus nickte.

"Es ist eine Anklagerede...eine Klage gegen Lucius Calpurnius Piso. Es ist offenbar eine Erwiederung auf eine Verteidigungsrede des Angeklagten...

Leider habe ich bisher keine Überlieferung gefunden, wie der Prozess ausgegangen ist."

Titus schien sich nur oberflächlich mit dem Text beschäftigt zu haben. Er interessierte sich auch mehr für die Art und Weise, wie Cicero geredet hatte, weniger um den Inhalt oder die historische Bedeutung.

"Und das Zitat, das du nennst, hat für uns größere Bedeutung, als Cicero es vielleicht beabsichtig hatte."

[Angelique]

(Int + Akademisches Wissen) [dice seed=26376 secure=90668a89_0]5d10[/dice]

"Ah, die Invektive vor dem Senat IN L. CALPVRNIVM PISONEM ORATIO
Wer kann denn noch als Räuber gelten, wenn man euch Konsuln nennt, wer als Pirat, als Feind, als Verräter, als Tyrann? Groß ist der Name, groß der Anblick, groß die Würde, groß die Hoheit des Konsuls: das überschreitet die engen Grenzen deines Verstandes, übersteigt deine Nichtigkeit; nicht die Armut deines Geistes, nicht die Schwäche deines Charakters, nicht deine Überheblichkeit im Glück vermag eine Rolle von solchem Gewicht, von solcher Strenge zu meistern."

Angelique überlegte kurz. "Ich glaube, es kam gar nicht erst zum Prozeß, da die Rhetorische Gewalt von Ciceros Worten seinen Gegner bereits vorverurteilten und politisch diskreditierten."

Sie lächelte schelmisch. "Eine ähnliche Wirkung müssen diese Worte im Senat gehabt haben wie die des Gaius im Prozeß. Habt Ihr sie deshlb studiert?"

[Titus]

Titus wiegte den Kopf hin und her.

"Ich habe nicht gezielt danach gesucht, doch ales ich es gelesen hatte, vielen mir die Gemeinsamkeiten zwischen Ciceros Rede und Gaius Ausbruch beim Prozess durchaus auf. Aber im Gegensatz zu Cicero bezweifele ich, dass Gaius ein solche reaktion beim Prozess beabsichtigt hatte."

[Angelique]

Angelique hob die Schultern. "Gaius ist ein geschulter Redner. Er bepöbelte mich in seiner Rede übelst, um sogleich den Druck von mir zu nehmen, auf andere zu lenken und dies damit zu verschleiern. Brilliant in Betonung, Gesten und Einbeziehen von Stimmung und Umgebung. Diese Reaktion will ich nicht glauben, dass die in seiner Absicht lag, aber wortgewaltig war er fürwahr, wobei Emotion der Ratio sich bediente und nicht umgekehrt."

[Titus]

Titus nickte und beließ es dabei. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich ein wenig, als ob er einen neuen Gedanken gefasst hatte.

"Wie gut kennst Du Dich in Genua selbst aus?"

Titus ließ ihr einen Augenblick, bevor er schließlich weitersprach.

"Ich überlege schon seit einiger Zeit, ob es für die Wandler auf dem Via Caeli nicht an der Zeit wäre in Genua selbst mehr Einfluss zu gewinnen. Ein gemeinsames Jagdgebiet innerhalb der Stadtmauern und ein Einflussgebiet, in dem wir Frieden und Sicherheit unter dem Gesetz Gottes verbreiten können."