50 Denare sind ´ne Menge Geld. Die wollen wir uns erst mal verdienen [Sousanna]

[Angelique]

Irritiert war das kleine Mädchen nun. "Ich kenne Euch nicht? Wie ist Euer Name? Wie kommt es, dass Ihr mir nicht bekannt seid? Und es gibt keine Zufälle."

Schmollte es etwa, weil man es hinter das Licht geführt hatte?

[Sousanna]

Gern hätte Sousanna ein bisschen triumphierend gegrinst. Doch die beiden Krieger hätten das am Ende als unverschämt ihrer Herrin gegenüber empfunden. Und sie wollte sich nun wirklich nicht mit den beiden anlegen. So lächelte sie stattdessen leicht entschuldigend.

"Ich war sehr ehrlich zu euch.", stand sie also sanft Rede und Antwort. "Mein Name ist Sousanna und ich stamme aus Konstantinopel. Ihr kennt mich nicht, weil ich noch nicht lange hier in Genua bin. - Außerdem suche ich für gewöhnlich nicht unbedingt die Gesellschaft von Unseresgleichen."

[Angelique]

Das kleine Mädchen grinste schief und verschränkte keck die Arme vor der nicht vorhandenen Brust.

Verschwunden war der enigmatische unterschwellige Schrecken, der Sterbliche eingeschüchtert hätte.
Geblieben war ein kleiner Vampir, infinit weniger geeignet zum Raubtier der Nacht als die agile Actrice des Goldenen Horns.

"Hm, und mein Name ist Angelique. Wie kommt es denn, dass Ihr die Gesellschaft von Unseresgleichen nicht sucht, Sousanne aus Konstantinopel?

Der raffinierten Ravnos fiel auf, dass das Mädchen amüsiert klang. Und zudem scholt sie sie nicht für das Weglassen der in den Topor einschläfernden Stammbäume, auf die ein Lupine stolz gewesen wäre und die das Alpha und Omega für die geltungssüchtigen Kainiten hierzulande waren.

[Sousanna]

Nun gut, ein bisschen charmant war dieses Mädchen ja schon. Zumindest fand Sousanna den Umgang gerade bedeutend angenehmer, als mit so manch anderen Kainiten. Darum bekam Angelique auch eine ruhige Verbeugung. "Es freut mich euch kennenlernen zu können, Angelique.", verkündete sie mit einem sanften, ehrlichen Lächeln.

Dann seufzte sie leicht. "Naja", begann sie dann ihre Erklärung. "Es ist ein wenig unangenehm, aber ich bin... wie ihr bereits bemerkt habt sehr menschlich im Aussehen. Das bringt Schwierigkeiten mit sich." Ein leises, aber ehrliches Schmunzeln ließ das Gesicht der Ravnos freundlich leuchten. Dann fügte sie fast schon vertraulich hinzu: "Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie oft man versucht hat mich zu beißen."

[Angelique]

Das Mädchen lachte kichernd. "In der Tat, Ihr seid zum Anbeißen. Ich kenne mindestens eine Dämonin, die denkt, ein Kind Arikels zu sein, die aus dem wollüstig Sabbern kaum herauskäme.
Aber sagt, warum stellt Ihr Euch denn nicht einfach offiziell bei der Prinzeps vor? Dann wäre das alles doch kein Problem mehr für Euch.
Ihr müsst vorsichtig sein. Genua leistet sich nämlich nicht nur drei Liktoren, die nach unangemeldeten Kainiten fahnden, sondern auch noch einen Nonnenkult als Geißel."

Angelique raunte Ihr zu: "Wie macht Ihr das? Ist das eins der dunklen Wunder Konstantinopels, dass Ihr so lebendig wirkt? Ein Zauber des Blutes? Könnt Ihr mir das beibringen?"
Wie das Kind, das sie zu sein schien, zeigte diese Angelique eine unverhohlene Neugier.

Die beiden Krieger derweil suchten aufmerksam die Gegend ab, die gespannten und von Sousanna begehrten Armbrüste schußbereit im Arm. Keinen Augenblick schienen sie die Deckung zu vernachlässigen.

[Sousanna]

Sousanna musste leicht grinsen. Da gab es einige, die aus dem Sabbern nicht mehr herauskamen. Auf die Warnung nickte sie nur. Es war ihr ganz Recht, wenn Angelique sich mehr für ihr Aussehen als für all das Andere.

So lächelte sie nur ein wenig verlegen. "Nein, es ist kein Wunder und bedauerlicherweise kann ich es nicht unterrichten.", raunte sie zurück. "Es ist... einfach so passiert. Meine Wandlung ging nicht so von Statten, wie sie hätte sein sollen." Einen Augenblick lang schwieg sie und ihr Blick ruhte nachdenklich auf den Männern mit den Armbrüsten. Dann seufzte die Ravnos schwermütig. "Doch gibt es kein Glück ohne Unglück... ich musste dafür auch bezahlen."

[Angelique]

"Was war denn der Preis? Was war denn das, was schief ging? Ich habe noch nie gehört, dass bei dem Akt der Heiligung etwas falsch gemacht werden kann."

Tatsächlich schien Neugier eine treibende Kraft für Angelique zu sein.

[Sousanna]

Sousanna seufzte leise. Gerne sprach sie nicht darüber, welchen Preis sie bezahlt hatte, allerdings war es vermutlich nicht schädlich, sich mit diesem Mädchen gut zu stellen. Also ließ sie sich auf dem inzwischen kühler gewordenen Boden nieder und lächelte ein wenig bitter zu Angelique hoch. Wenn sie sich unterhalten wollte, dann war das hier ein wenig gemütlicher.

"Nunja", begann sie ein wenig schleppend. "Ich weiß nicht, wie genau es von Statten ging. Mein Blutsvater, Caspar, hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Soweit er mir erzählt hat, hielt er sich dabei streng an alle Traditionen und Regeln... Nach dem Kuss dann sah ich allerdings immer noch genau so aus. Seither hat sich nichts verändert... Allerdings habe ich auch nicht die zum Nähren notwendigen Veränderungen durchlaufen." Einige Augenblicke des Zögerns, in denen sich ihre Wangen wieder röteten... Was die junge Frau dem Mädchen nun anvertrauen würde, war nicht einfach. "Ich besitze keine Fangzähne."

[Angelique]

Angelique setzte sich daneben und hörte zu. Bei der letzten Offenbarung hob sie die Braue. "Keine Fangzähne", echote sie. Dann kicherte sie. "Wie trinkst du dann? Aus Schröpfköpfen der Bader? Schneidest du mit Klingen Adern auf? Hat eine Dämon oder eine Fee sich einen bösen Scherz mit dir erlaubt? Das heißt, du kannst auch nicht die Wonne des Kusses geben? Erfreust dich nicht an der Wonne, wenn Sterbliche sie erleben? Du Arme!"

Sie tätschelte mitfühlend das Haupt der scheinbar Älteren.
"Soll ich dir beim Trinken helfen? Ich könnte das Blut zum Fließen bringen, wenn du willst. Von welchen Leuten ernährst du dich? Oder bevorzugst du Tiere, damit die Stille nicht verletzt wird."

Deutlich altkluger fügte sie hinzu: "Ist das der Grund, warum du Konstantinopel verlassen hast? Hast du ein bißchen zu laut in die Stille gerufen?"

[Sousanna]

Das Kichern war wie ein kurzer Stich in Sousannas Stolz. Genau dieses Lachen war einer der Gründe, wieso sie nicht sonderlich gern darüber sprach... Anderseits entbehrte es natürlich nicht einer gewissen Komik. Eine Bestie ohne Fangzähne... Eine Spottgestalt...

Den Wechsel der Stimmung, ignorierte sie fürs Erste einmal. Vielleicht war es die Verwirrung über ihre Enthüllung. Es war ja auch kein Wunder. "Nein, ich kann den Kuss nicht vergeben.", murmelte sie leise. "Und auch die Wonne ist mir fremd. Aber ich musste von dort aus einem anderen Grund fort... Wenn ich trinke, dann tue ich es so wie es die Gesetze unserer Art vorschreiben."