Vincente überlegte kurz, ging in Gedanken verschiedene Stationen durch und suchte sich ein paar passende raus. „Wann ich geboren wurde, weiß ich nicht mehr. Aber ich erinner mich noch gut daran, wie Sonne und Mond sich auf dem Wasser in der kleinen Bucht, an der unser Dorf stand, spiegelten. Es war ein einfaches Leben, verglichen mit der Pracht, die man in dieser Stadt finden kann, regelrecht ärmlich. Aber es war die Welt, in die ich geboren wurde und in der ich aufwuchs. Dörfer wie dieses gibt es überall, und sie werden gerne überfallen. Wer bei den Überfällen nicht stirbt oder verschleppt wird, nun, den holen Hunger und Winter in den Wochen und Monaten danach.“ Er sprach mit einer besonders emotionslosen Stimme, wollte sich nicht an seine Erinnerungen an jene Zeit verlieren. Außerdem versuchte er so das schlechte Gewissen auf Abstand zu halten, denn er selbst hatte oft genug Dörfer überfallen.
„Ich hatte Glück, wenn man so will, ich wurde bei einem solchen Überfall verschleppt, kam auf ein Schiff. Nun, sagen wir einfach, ein Schiff ist in den meisten Fällen kein Ort für ein Kind, und die Zeiten waren hart. Ich weiß nicht genau, wie lang ich auf diesem ersten Schiff war. Mir kam es damals wie eine Ewigkeit vor. Ich überlebte, lernte ein Handwerk. Dann wurde das Schiff überfallen, oder erlitt Schiffbruch, ich weiß es nicht mehr genau“, erklärte er. „Ich wuchs heran und schaffte es mir bei der Mannschaft Respekt zu verdienen, arbeitete mich hoch und es wurde etwas besser. Schließlich landete ich auf einem Schiff, das meinem Erzeuger gehörte. Dort muss ich dann seine Aufmerksamkeit auf mich gezogen haben und nun bin ich hier.“ Er lächelte.
Als Liviu nach der Bezeichnung für den Westwind fragte, nannte er ihm diese. Dann fügte er hinzu. „ Aber auf dem Meer kann man sich auch schnell täuschen. So gibt es z. B. einmal den Wind, der die Segel füllt, aber wenn das Schiff schnell genug fährt, so spürt man ihn trotzdem im Gesicht, auch wenn man ihn eigentlich im Rücken hat.“
Bei Livius Erklärung schüttelte er nur mit dem Kopf. „Da liegt man und verblutet und soll darauf hoffen, dass Gott eingreift und rettet oder es schon zu seinem Plan gehört, dass man eben in jenem Augenblick sterben soll? Statt die Wunde so gut es geht zu versorgen? Sicher, es kam oft genug vor, dass sich auf See jemand verletzte und ihm nicht mehr zu helfen war, aber wenn es die Möglichkeit gab, dann haben wir es wenigstens versucht.“ Es wunderte ihn, dass eine Mannschaft aus Halunken und Taugenichtsen mehr Mitgefühl an den Tag legte, als andere Leute. Aber vielleicht hatte er mit seiner Besatzung – zumindest der jetzigen – einfach Glück gehabt.
„Dass den verschiedenen Säften Eigenschaften zugeschrieben werden, ist schon interessant. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Experimente dazu lohnen würden. Wäre ja auch die Frage, ob Kainiten denn eigene Säfte haben, wo sie sich doch vom Blut der anderen ernähren. Würden dann das Gleich- oder Ungleichgewicht in den Säften der Opfer auf uns übertragen? Da kann man sicher viele schlaue Überlegungen zu anfangen. Aber ich nehme an, derzeit seid ihr noch mit euren Experimenten zum Schleim befasst?“
[1077] Lernen und Lehren - Teil 2 [Liviu, Vincente]
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Re: [1077] Lernen und Lehren - Teil 2 [Liviu, Vincente]
„Nein, Nächstenliebe und das Helfen der Armen, der Verletzten ist eine wichtiger Teil in dem Leben jedes Christen. Immerhin werden wir alle im Fegefeuer enden und erst dort wird man über uns richten. Gute Tat können diese Tage in Quallen aber verkürzen. Es handelt sich damals mehr um eine Gedankenspiel und Austausch, inwieweit das Schicksal jedes einzelne von uns schon von Gott festgelegt worden ist. Diese Gedanken sind aber nicht neu, selbst die alten Griechen haben über das von Geburt an zugeteiltes Schicksal gestritten. Oft gibt es eine Gruppe von Schicksalsgöttinnen und bei den Römern waren es die Parzen. An welchen Gott oder an welche Götter glaubt ihr?“
Nach einer kurzen Pause
„Zur Förderung der Gesundheit ist die Richtige und ausgewogen Ernährung, die richtige Körperpflege und auch der Lebenswandel ein wichtiger Aspekt. Ähnlich wird es bei uns wohl auch sein und bedenkt den Gefühlen der Jägerin zu euren eigenen. Sie brauchte das Adrenalin der Jagt und ließ sich vom Tier leiten. Dennoch sind es die Tiere gewesen, die vor flüchteten. Andere sind der Meinung, dass jene unter uns, die der Jagd verfallen für immer verlorener sind.“
Nach einer kurzen Pause
„Zur Förderung der Gesundheit ist die Richtige und ausgewogen Ernährung, die richtige Körperpflege und auch der Lebenswandel ein wichtiger Aspekt. Ähnlich wird es bei uns wohl auch sein und bedenkt den Gefühlen der Jägerin zu euren eigenen. Sie brauchte das Adrenalin der Jagt und ließ sich vom Tier leiten. Dennoch sind es die Tiere gewesen, die vor flüchteten. Andere sind der Meinung, dass jene unter uns, die der Jagd verfallen für immer verlorener sind.“
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Re: [1077] Lernen und Lehren - Teil 2 [Liviu, Vincente]
Zusammenfassung:
Bei dem Treffen zwischen Liviu und Vincente wird an vorherige Unterrichtsstunden angeknüpft. Nicht nur lernt Vincente den Rest des ital. Alpahbets, Liviu gibt ihm auch Nachhilfe beim Verfassen von Briefen. Der Unterricht wird durch die Unterhaltungen und die gemeinsamen Schachpartien aufgelockert, wobei man sich bei letzterem nach einigen heißen Spielen schließlich auf ein Unentschieden einigt. Desweiteren spricht Liviu an, wie Vincente ihm die Lehrstunden ggf. in Zukunft vergüten könne. Vielleicht würde er oder einer seiner Boten einmal die Passage nach Syrakus benötigen. Auch solle er sich nach der Ankunft von Venezianern im Hafen erkundigen. Desweiteren würde er sich bei Gelegenheit auch gerne noch einmal den Armreif näher ansehen, um seine Kräfte an diesem zu erproben.